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Friedrich Heinrich von Kittlitz Denkwürdigkeiten einer Reise nach ...

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Größe, welche sich die reichlich dort wachsenden Beeren der Schickscha schmecken<br />

ließen. Aus Mangel an Deckung mussten wir eine beträchtliche Strecke weit auf allen<br />

Vieren kriechen. Die Bären, die unsrer Vorsicht ungeachtet doch etwas Feindliches<br />

merken mochten, richteten sich <strong>von</strong> Zeit zu Zeit auf den Hinterbeinen stehend in die<br />

Höhe, wobei besonders der größere <strong>von</strong> beiden ein furchtbar drohendes Ansehen<br />

hatte. Wir blieben dann unbeweglich und krochen erst weiter, wenn sie wieder mit<br />

ihrer Nahrung beschäftigt waren, bis endlich mein Begleiter Tuwalin Feuer gab. Der<br />

eine Bär schien verwundet, denn er tat einen leisen Schrei, doch liefen beide noch<br />

ziemlich flink dem nahen Gebüsch zu, wobei sie mehrmals stehen blieben und sich<br />

umsahen. Weil die Nacht im Anbrechen und Ganal noch sehr entfernt war, mussten<br />

wir nun auch eilen. Wir erstaunten über die Menge <strong>von</strong> vortrefflicher Schikscha, mit<br />

welcher die Heide bedeckt war. Kaum aber waren wir bei den Pferden angekommen,<br />

als wir den einen jener beiden Bären erblickten, der allein auf die Heide zurückgekehrt<br />

war; aber es war schon zu dunkel, um seinethalb wieder umzukehren, wir<br />

setzten daher unseren Marsch fort. Einer <strong>von</strong> unseren Begleitern, der zu Fuß vorausgegangen<br />

war, schoss plötzlich, und wir eilten, um ihm erforderlichenfalls zu Hilfe<br />

zu kommen. Ein Bär, den er am Flussufer angetroffen und leicht verwundet hatte, lief<br />

eben im Schutze der Dämmerung da<strong>von</strong>, als wir ankamen. Dass ein angeschossenes<br />

Tier der Art den Jäger umbringt oder wenigstens schwer beschädigt, soll nicht gar<br />

selten der Fall sein. Zu Scharoma lebte damals ein Mann, der bei solch <strong>einer</strong> Gelegenheit<br />

einen Schlag ins Gesicht bekommen hatte; Nase, Mund und Augen hatten<br />

dadurch eine ganz ungewöhnliche Stellung zueinander erhalten und es war gewiss<br />

viel, dass der grausam entstellte Mann mit dem Leben da<strong>von</strong> gekommen war. [331]<br />

Im Finstern überschritten wir nun eine Krümmung des hier schon ziemlich breiten<br />

Flusses und bald vernahmen wir Hundegeheul <strong>von</strong> Ganal her, ein Zeichen, das auf<br />

Kamtschatka für nächtlich <strong>Reise</strong>nde <strong>von</strong> Wichtigkeit ist und ihnen oft zum Wegweiser<br />

<strong>nach</strong> den so weit <strong>von</strong>einander entfernten Ortschaften dienen muss. Dennoch<br />

schien es heute, als wolle die Wanderschaft kein Ende nehmen. Bisher war der Abend<br />

lau gewesen, jetzt aber machte sich plötzlich eine bedeutende Kälte fühlbar. Der Ort<br />

ist <strong>von</strong> mehreren Armen des Flusses umgeben, die man durchwaten muss, was aber<br />

die hiesigen Pferde vortrefflich verstehen. Man tut in solchem Falle, zumal im Finstern,<br />

wohl, sich seinem Reitpferde ganz zu überlassen, denn es findet den Weg durchs<br />

Wasser mit vieler Sicherheit.<br />

Wie zu erwarten stand, schlief schon alles bei unsrer Ankunft zu Ganal; das<br />

hinderte jedoch den Tajon und seine Hausgenossen nicht, uns bestmöglich zu bewirten.<br />

Obgleich die spät begonnene Nachtruhe <strong>nach</strong> den anstrengenden drei Tagereisen<br />

ziemlich viel <strong>von</strong> den Morgenstunden des 15. August wegnahm, sollte doch<br />

die Berg exkursion schon um Mittag angetreten werden und der Tajon selbst hatte<br />

sich erboten, unser Begleiter zu sein. Aber plötzlich umzog sich der Himmel, und da<br />

Regenwetter für das schlimmste Hindernis solcher Bergersteigungen gilt, so ward<br />

der Aufbruch zunächst auf morgen verschoben in der Hoffnung, dass die der Jahres-

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