Zwischen Memphis und Theben: Die Gräber politischer Drahtzieher
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..... MEDIZINETHIK<br />
Das Mainzer Projekt zielt vor allem<br />
auch auf die Beachtung sozialer<br />
Gr<strong>und</strong>werte.<br />
22<br />
Projekt untersucht die normativen Rahmenbedingungen,<br />
unter denen Ergebnisse der medizinischen<br />
Genomforschung für die Verbesserung von Prävention<br />
im Bereich Public Health eingesetzt werden können.<br />
Im Zuge der mit r<strong>und</strong> 380.000 € geförderten<br />
Arbeiten wird unter anderem ein nationales Referenzzentrum<br />
zur Technologiebewertung in diesem<br />
Bereich, das Public Health Genetics Resource Center<br />
(PHG-RC), aufgebaut. Das Mainzer Projekt wird für<br />
zunächst drei Jahre gefördert. Es besteht eine enge,<br />
vertraglich geregelte Kooperation mit denjenigen<br />
Arbeitsgruppen des Nationalen Genomforschungsnetzes,<br />
die sich mit Fragen der genetischen Epidemiologie<br />
befassen (Koordinator Prof. Max Baur,<br />
Bonn). Wichtige Gr<strong>und</strong>lagen für das Projekt gehen<br />
aus der Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen<br />
von Prof. Angela Brand aus Bielefeld (Schwerpunkt<br />
„Public Health“) sowie mit Jun.-Prof. Peter Dabrock<br />
aus Marburg (Schwerpunkt „Gerechtigkeit im<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen“) hervor. Internationale Kooperationen<br />
bestehen im Rahmen der Projektarbeit gegenwärtig<br />
zu den Arbeitsgruppen von Prof. Gwen Anderson<br />
(San <strong>Die</strong>go, USA), Ron Zimmern (Cambridge, UK)<br />
<strong>und</strong> zum Center for Disease Control and Prevention<br />
CDC (Atlanta, USA).<br />
Medizinische Genomforschung <strong>und</strong> öffentliche<br />
Ges<strong>und</strong>heit: Ausgangspunkte des Projekts<br />
Ausgangpunkt für das Projekt „Public Health Genetics:<br />
Development, Conception, Normative Evaluation“<br />
war die gr<strong>und</strong>legende Beobachtung, dass im<br />
Zuge der demographischen Veränderungen <strong>und</strong> der<br />
damit einhergehenden Verschiebung des epidemiologischen<br />
Spektrums unser Ges<strong>und</strong>heitssystem vor<br />
neue Herausforderungen gestellt ist. Es gilt insbesondere<br />
zu klären, wie die nach wie vor primär auf<br />
Intervention ausgerichtete Medizin noch sinnvoller<br />
durch innovative Ansätze der Prävention ergänzt<br />
werden kann. <strong>Die</strong> Gruppe am Institut für Geschichte,<br />
Theorie <strong>und</strong> Ethik der Medizin untersucht daher die<br />
spezifischen Probleme bei der Übersetzung genomischer<br />
<strong>und</strong> genetischer Information in Strategien für<br />
medizinisches Problemlösen im Sektor der öffentlichen<br />
Ges<strong>und</strong>heitssorge (Public Health). Ihr Hauptziel<br />
besteht in der Aufbereitung von Wissen aus dem<br />
NGFN für ges<strong>und</strong>heitspolitische Entscheidungen <strong>und</strong><br />
medizinisch sinnvolle, sozial verträgliche <strong>und</strong> ethisch<br />
rechtfertigbare Innovation auf dem Gebiet der Prävention.<br />
Was sind die Hintergründe?<br />
Von der strukturellen Genomik zur medizinischen<br />
Genomforschung<br />
Das Konzept genetischer Information hat auf der<br />
Basis der genombasierten Identifikation von ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />
Merkmalen neue Ansätze der Prädiktion<br />
hervorgebracht (Lenoir 1999). Zwar hat die medizinische<br />
Genomforschung zeigen können, dass das<br />
Genom in erheblichem Umfang ges<strong>und</strong>heitsrelevante<br />
Informationen trägt, deren Identifikation nicht nur<br />
möglich, sondern auch sinnvoll ist. Es ist jedoch vor<br />
allem eine große Zahl nicht rationaler, sozialer, <strong>politischer</strong><br />
<strong>und</strong> individueller Faktoren, die unsere Lebensbedingungen<br />
formt <strong>und</strong> somit entscheidend für<br />
unsere Ges<strong>und</strong>heit ist.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e benötigen wir ein vertieftes<br />
Verständnis davon, wie genetische Eigenschaften,<br />
Verhalten <strong>und</strong> Umwelt in engem gegenseitigem Zusammenspiel<br />
unsere gegenwärtige <strong>und</strong> zukünftige<br />
Ges<strong>und</strong>heit beeinflussen. In der molekularen Medizin<br />
wird Risiko daher immer häufiger unter dem Stichwort<br />
„Suszeptibilität“ als erbliches oder erworbenes<br />
genetisches Merkmal mit prädisponierendem Charakter<br />
verstanden, das zu unterschiedlichen Graden<br />
in der „Bereitschaft“ des Organismus führen kann,<br />
Krankheiten zu entwickeln. Dabei hat sich die molekulare<br />
Medizin seit geraumer Zeit von einem so genannten<br />
„genetischen Determinismus“ verabschiedet<br />
<strong>und</strong> die Grenzen der genetischen Vorhersagbarkeit<br />
von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit akzeptiert (Holtzman<br />
and Marteau 2000; Paul and Ganten 2003).<br />
Molekulare Risikodiagnostik <strong>und</strong> klassische<br />
Prävention<br />
Auch im Mainzer Projekt wird eine klare Trennung<br />
zwischen der Vorhersage von individuellen, auf jeden<br />
Einzelnen bezogenen Ges<strong>und</strong>heitsrisiken <strong>und</strong> der<br />
Identifikation von Risikogruppen vorgenommen<br />
(Juengst 1995; Juengst 1997; Koenig, Greely et al.<br />
1998; Young 1999; Khoury, Burke et al. 2000). <strong>Die</strong><br />
gegenwärtige biomedizinische Forschung im NGFN<br />
hat durch intensive Arbeiten im Bereich der genetischen<br />
Epidemiologie den Weg für einen neuen<br />
Umgang mit Ges<strong>und</strong>heitsrisiken <strong>und</strong> Risikogruppen<br />
geebnet. Der Wechsel von der strukturellen Genomik<br />
hin zur funktionalen Genomik hat dabei das Szenario<br />
gr<strong>und</strong>legend verändert. Während das Ziel der strukturellen<br />
Genomik (NGFN-1) vor allem in der Fertigstellung<br />
einer hinreichend genauen Karte des huma-