Zwischen Memphis und Theben: Die Gräber politischer Drahtzieher
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MOLEKULARBIOLOGIE<br />
54<br />
gie <strong>und</strong> für Molekulargenetik vor fünf Jahren eher<br />
zufällig auf ein weiteres Globin des Menschen. Dazu<br />
verhalf uns am Rosenmontag 1999 die scheinbar<br />
verrückte Idee, die in den Datenbanken der Genomprojekte<br />
bereits vorhandenen Genschnipsel von<br />
Maus <strong>und</strong> Mensch mit Insektensequenzen zu durchsuchen.<br />
<strong>Die</strong> gef<strong>und</strong>enen Globinsequenzen passten<br />
zur großen Überraschung zu keinem der bekannten<br />
Hämo- oder Myoglobine, sondern ähnelten eher den<br />
bereits seit längerem bekannten, aber eher als Kuriosum<br />
angesehenen Globinen aus den Nervensträngen<br />
wirbelloser Tiere.Tatsächlich stellte sich in den weiteren<br />
Untersuchungen heraus, dass dieses neuartige<br />
Globin im Menschen <strong>und</strong> in der Maus fast ausschließlich<br />
in Nervenzellen hergestellt wird. Folgerichtig<br />
auch sein Name: „Neuroglobin“ (Nature 407,<br />
S. 520-523). Obwohl die exakte Funktion von Neuroglobin<br />
in der Zelle noch unklar ist, gehen wir davon<br />
aus, dass Neuroglobin die Sauerstoffversorgung der<br />
sehr stoffwechselaktiven Nervenzellen verbessert.<br />
Eine amerikanische Gruppe am Buck Institute in Kalifornien<br />
konnte zudem kürzlich zeigen, dass Neuroglobin<br />
die Überlebensfähigkeit von Nervenzellen<br />
unter Sauerstoffmangel verbessert (Proceedings of<br />
the National Academy of Sciences USA 98, S. 15306-<br />
15311). Ein derartiger Zustand tritt zum Beispiel bei<br />
einem Schlaganfall auf; <strong>und</strong> ohne den lebenswichtigen<br />
Treibstoff Sauerstoff werden die Nerven schon<br />
nach wenigen Minuten geschädigt. Wenn sich die<br />
Beobachtungen der amerikanischen Kollegen durch<br />
laufende Untersuchungen in Mainz bestätigen sollten,<br />
so ist zu erwarten, dass Neuroglobin ein wichtiges<br />
Instrument der medizinischen Forschung wird<br />
<strong>und</strong> langfristig vielleicht auch Schlaganfallpatienten<br />
von den Erkenntnissen profitieren könnten.<br />
Vor kurzem entdeckten wir auch, dass Neuroglobin<br />
in der Netzhaut des Auges in ausgesprochen<br />
hohen Mengen vorkommt (Journal of Biological Chemistry<br />
278, S. 1932–1935). <strong>Die</strong> dort ermittelten Konzentrationen<br />
sind etwa h<strong>und</strong>ertmal höher als im<br />
Gehirn. Das ergibt auch Sinn: <strong>Die</strong> Netzhaut, die für<br />
die Wahrnehmung von Licht <strong>und</strong> Farben verantwortlich<br />
ist, stellt das Organ des Körpers mit dem relativ<br />
höchsten Energiebedarf dar. Selbst im Dunkeln laufen<br />
dort viele energieintensive Stoffwechselprozesse<br />
ab, sodass eine ununterbrochene Zufuhr von Sauerstoff<br />
notwendig ist. Wenn zum Beispiel ein Bergsteiger<br />
in großen Höhen unter Sauerstoffmangel leidet,<br />
so lässt als Erstes die Sehfähigkeit nach, bevor es<br />
schließlich auch zu anderen Störungen kommt. In der<br />
Netzhaut tritt Neuroglobin vor allem in den Schichten<br />
mit dem höchsten Sauerstoffverbrauch angereichert<br />
auf, nämlich den Sehzellen (Stäbchen <strong>und</strong> Zapfen)<br />
<strong>und</strong> den nachfolgenden neuronalen Verschaltungen.<br />
Auch wenn die Untersuchungen erst am<br />
Anfang stehen, so ist zu hoffen, dass diese Entdeckung<br />
dazu beitragen wird, einige Erkrankungen des<br />
Auges besser verstehen zu können.<br />
Cytoglobin – das vierte Mitglied<br />
der Globinfamilie<br />
„Go back, Jack. Do it again!“ (Steely Dan 1974). Als<br />
die Entschlüsselung des menschlichen Genoms erste<br />
Früchte zu tragen begann, haben wir die Datenbanken<br />
der Erbinformation noch einmal etwas genauer<br />
durchforstet. Gef<strong>und</strong>en wurde ein weiteres, vormals<br />
unbekanntes Globin. Im Gegensatz zu Hämoglobin,<br />
Myoglobin <strong>und</strong> auch Neuroglobin, die nur in bestimmten<br />
Bereichen des Körpers vorhanden sind, ist<br />
dieses Globin in allen untersuchten Organen des<br />
menschlichen Körpers zu finden. Folglich wurde es<br />
„Cytoglobin“ getauft (Molecular Biology and Evolution<br />
19, S. 416-421). Genauere Untersuchungen zeigten<br />
später, dass Cytoglobin wohl hauptsächlich in<br />
den Zellen des Bindegewebes sowie von Knochen<br />
<strong>und</strong> Knorpel gebildet wird. Seine Aufgabe dort ist<br />
jedoch noch weitgehend ungeklärt. Verschiedene<br />
experimentelle Hinweise sprechen dagegen, dass<br />
Cytoglobin eine ähnliche Funktion wie Myoglobin<br />
oder Neuroglobin bei der Versorgung der Zellen mit<br />
Sauerstoff hat. Möglicherweise stellt Cytoglobin aber<br />
Sauerstoff nur für ganz bestimmte Enzymreaktionen<br />
bereit, die zum Beispiel für die Verknüpfung von Kollagenproteinen<br />
notwendig sind (Journal of Biological<br />
Chemistry 279: 8063 – 8069).Auch dies wäre im Hinblick<br />
auf biomedizinische Anwendungen nicht uninteressant,<br />
da Bindegewebszellen mit ihren Kollagenen<br />
das wesentliche Stützgerüst des Körpers bilden.