Zwischen Memphis und Theben: Die Gräber politischer Drahtzieher
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Alterserkrankungen des Nervensystems:<br />
<strong>Die</strong> Pathobiochemie auf der Suche nach neuen Therapien<br />
Von Christian Behl <strong>und</strong> Albrecht Clement<br />
Das Altern unserer Gesellschaft <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
dramatischen Veränderungen in den<br />
Industrienationen ist ein Thema, das in letzter Zeit in<br />
den Printmedien sowie in Talkshows <strong>und</strong> populären<br />
Sendungen intensiv diskutiert wird. Aus „Furcht“ vor<br />
dem Altern <strong>und</strong> seinen häufig degenerativen Begleiterscheinungen<br />
werden Konzepte des Anti-Aging <strong>und</strong><br />
„Heilmittel“ gegen das Altern entwickelt. Völlig vergessen<br />
wird bei dieser Diskussion, dass das Altern<br />
primär ein physiologischer <strong>und</strong> somit natürlicher Prozess<br />
ist <strong>und</strong> nicht Konzepte des Anti-Aging, sondern<br />
Möglichkeiten des Successful Aging gesucht werden<br />
müssen. Um dies zu ermöglichen, müssen die Prozesse<br />
des Alterns auf zellulärer sowie auf molekularer<br />
Ebene verstanden werden. Bis heute wurde eine ganze<br />
Reihe von Alternstheorien entwickelt, die einzelne<br />
alternsassoziierte biochemische Veränderungen beschreiben.<br />
So etwa ist die Rede von der Immuntheorie<br />
des Alterns, der Seneszenzgentheorie, der Telomertheorie<br />
oder der Freien-Radikal-Theorie des<br />
Alterns. Für all diese Erklärungsversuche des Phänomens<br />
„Altern“ können biochemische Korrelate beschrieben<br />
werden, von einem Verständnis der genauen<br />
molekularen Veränderungen des Alternsprozesses<br />
ist man heute aber noch weit entfernt.<br />
Tiermodelle des Alterns wurden entwickelt durch<br />
Manipulation einzelner Gene, sodass heute Methusalemorganismen<br />
des Fadenwurms Caenorabditis<br />
elegans, der Fruchtfliege Drosophila melanogaster<br />
oder auch der Maus existieren <strong>und</strong> zu gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftlichen<br />
Forschungen herangezogen werden<br />
können. <strong>Die</strong> wohl mit am besten beschriebene<br />
Theorie des Alterns ist die Freie-Radikal- oder Oxidativer-Stress-Theorie,<br />
die den Einfluss von hochreaktiven<br />
Sauerstoffradikalen auf die Moleküle der Zelle<br />
für alternsspezifische Prozesse verantwortlich macht.<br />
<strong>Die</strong> physiologischen Veränderungen des Alterns auf<br />
zellulärer Ebene, aber auch im Gesamtorganismus,<br />
gehen häufig über in chronisch-degenerative Prozesse,<br />
die wir als altersassoziierte Erkrankungen beschreiben.<br />
Dazu zählen nicht-neuronale Erkrankungen<br />
wie beispielsweise Arteriosklerose, Tumorerkrankungen<br />
<strong>und</strong> Altersdiabetes sowie neurodegenerative<br />
Krankheiten wie Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson<br />
<strong>und</strong> die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Aufgr<strong>und</strong><br />
des vergleichsweise geringen Potentials zur<br />
zellulären Regeneration ist der Untergang von Nervenzellen<br />
ein besonders dramatischer Vorgang. <strong>Die</strong><br />
biochemische Zusammensetzung von Nervenzellmembranen<br />
machen neuronale Systeme besonders<br />
empfindlich gegenüber oxidativer Zerstörung (oxidativer<br />
Stress/freie Radikale; Abb. 1). Der Lehrstuhl für<br />
Pathobiochemie des Fachbereichs Medizin an der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat sich zum<br />
Ziel gesetzt, durch die Aufdeckung <strong>und</strong> Analyse der<br />
biochemischen Gr<strong>und</strong>lagen verschiedener neurodegenerativer<br />
Erkrankungen des Menschen mögliche<br />
gemeinsame pathophysiologische Endstrecken des<br />
Nervenzelltods zu beschreiben <strong>und</strong> daraus neue<br />
pharmakologische Ansätze zur Prävention <strong>und</strong> Therapie<br />
zu entwickeln. Ein besonderer Schwerpunkt wird<br />
dabei auf die Analyse der Prozesse bei der Entstehung<br />
der Alzheimer-Krankheit <strong>und</strong> der Amyotrophen<br />
Lateralsklerose gelegt.<br />
Alzheimer-Krankheit – eine neurodegenerative<br />
Erkrankung des Gehirns<br />
Laut statistischem B<strong>und</strong>esamt wird im Jahr 2050<br />
jeder Dritte in Deutschland 60 Jahre oder älter sein.<br />
<strong>Die</strong>s ist der Gr<strong>und</strong> für eine zu erwartende dramatische<br />
Zunahme von Alterserkrankungen wie der<br />
bedeutendsten Demenzerkrankung des Menschen,<br />
der Alzheimer-Krankheit (Alzheimer-Demenz, AD).<br />
Bei den über 85-Jährigen leiden bereits zwischen 20<br />
<strong>und</strong> 35 Prozent an der AD. Allein in Deutschland sind<br />
derzeit etwa 1 Million Menschen von dieser Krankheit<br />
betroffen, Tendenz entsprechend der Alternsentwicklung<br />
unserer Gesellschaft steigend.<br />
<strong>Die</strong> Alzheimer-Demenz ist die häufigste Form der<br />
Demenz des Menschen <strong>und</strong> wurde vor fast 100 Jah-<br />
PATHOBIOCHEMIE......<br />
Altersbedingte Erkrankungen<br />
sind auf dem Vormarsch.<br />
Körpereigene Hormone spielen<br />
eine wichtige Rolle als<br />
Schutzfaktoren.<br />
Abb. 1:<br />
Reaktive freie Radikale sind<br />
ein „normales“ Produkt verschiedener<br />
zellulärer Stoffwechselwege.<br />
<strong>Die</strong> Menge der<br />
durch die endogenen<br />
Quellen produzierten freien<br />
Radikale stehen in einem<br />
exakten Gleichgewicht mit<br />
verschiedenen zelleigenen<br />
Entgiftungsmechanismen<br />
(Antioxidantien). Gerät diese<br />
Waage aus der Balance,<br />
kommt es zu einem Overflow,<br />
d.h. einer Akkumulation<br />
der freien Radikale,<br />
die ihre zerstörische Wirkung<br />
entfalten. Eine unphysiologische<br />
Überproduktion freier<br />
Radikale ist die Ursache vieler<br />
degenerativer Prozesse beim<br />
Menschen.<br />
FORSCHUNGSMAGAZIN ■ 2004<br />
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