ENTHÄLT SHOGUN: TOTAL WAR UND DAS OFFIZIELLE MONGOL ...
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Der Onin-Krieg<br />
“Handle erst, nachdem du Vorkehrungen getroffen hast; derjenige, der als Erster Nah<br />
und Fern erkennt, wird siegen – dies ist die Kunst des Krieges.”<br />
— Sun Tzu, Die Kunst des Krieges<br />
Der Ausbruch des Onin-Krieges im Jahr 1467 markierte den eigentlichen Beginn der<br />
Sengoku-Periode. Der im ersten Jahr der Herrschaft Onins (daher der Name) entfachte<br />
Krieg wütete fast ausschließlich in Kyoto, das auch nach den Ikki-Aufständen der<br />
vergangenen Jahrzehnte immer noch die prachtvollste Stadt Japans war.<br />
Der Krieg brach aus, als Shogun Yoshimasa – derselbe Yoshimasa, der bereits seine Rüstung<br />
verpfändet hatte – seinen Bruder Yoshimi als Nachfolger bestimmte und diesen dazu sogar<br />
aus dem Kloster holte. Als jedoch ein Jahr später sein Sohn Yoshihisa geboren wurde,<br />
änderte Yoshimasa seine Meinung wieder.<br />
Zur gleichen Zeit suchten die beiden rivalisierenden Familien der Yamana und der<br />
Hosokawa nach einem Vorwand, einander den Krieg zu erklären. Da es zwei potenzielle<br />
Kandidaten für das Amt des Shoguns gab, war es unvermeidlich, dass beide Clans auf<br />
verschiedenen Seiten kämpften. Yamana Sozen, der aufgrund seines Temperaments und<br />
seiner Priesterschaft “Roter Mönch” genannt wurde, unterstützte Yoshihisa, während<br />
Hosokawa Katsumoto Yoshimi, dem Bruder des amtierenden Shoguns seine Loyalität<br />
zusicherte – eine unangenehme und schwierige Situation. Immerhin stand Hosokawa<br />
Katsumoto seinem eigenen Schwiegervater, Yamana Sozen, gegenüber.<br />
Beide Seiten sammelten ihre Armeen in Kyoto. 80.000 Samurai und Soldaten der Yamana<br />
trafen auf die etwa 85.000 Mann starken Verbände der Hosokawa. Die Truppenstärke<br />
beider Familien zeigt den enormen Reichtum Japans in dieser Periode. Die Zahl ist umso<br />
erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass es sich bei den Armeen um die Heere zweier Clans<br />
(und nicht um die Truppen des ganzen Landes) handelte. An dieser Stelle sei ein kleiner<br />
Vergleich gestattet: In den Rosenkriegen, die etwa zur gleichen Zeit im fernen England<br />
wüteten, bestanden die Heere der Kontrahenten aus (für japanische Verhältnisse<br />
lächerlichen) 12.000 Mann.<br />
“Wenn wir nahe sind, müssen wir den Feind glauben machen, dass wir weit entfernt<br />
sind; wenn wir weit entfernt sind, müssen wir ihn glauben machen, dass wir nahe sind.<br />
Lege Köder aus und schlage den Feind, wenn er überrascht ist.”<br />
— Sun Tzu, Die Kunst des Krieges<br />
Keine Seite wagte jedoch den ersten Schritt, da es sich keine der beiden Familien leisten<br />
konnte, vom schwachen Shogun als Rebell gebrandmarkt zu werden. Schließlich entlud sich<br />
die Spannung. Gerade als weitere 20.000 Mann der Yamana-Armee nach Kyoto<br />
marschierten, brannte ein Anwesen der Hosokawa auf mysteriöse Art und Weise bis auf die<br />
Grundmauern nieder. Daraufhin überfielen die Truppen der Hosokawa einen<br />
Versorgungskonvoi der Yamana. Wenig später kam es zu ersten schweren Kämpfen und im<br />
Juli 1467 –zwei Monate nach dem Ausbruch der Kämpfe – lag der Nordteil Kyotos bereits in<br />
Trümmern. Beide Kriegsparteien verschanzten sich hinter hastig errichteten Barrikaden und<br />
es entbrannte ein von Überfällen und Vergeltungsmaßnahmen geprägter Stellungskrieg, in<br />
dessen Verlauf unzählige Menschen vor den Soldaten aus der zerstörten Stadt flohen.<br />
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In den folgenden Jahren gelang es keiner Seite, dem Kriegsverlauf eine entscheidende Wende zu<br />
geben. Auch nach dem Tod von Yamana Sozen und Hosokawa Katsumoto im Jahr 1473 dauerte<br />
der Krieg mit unverminderter Härte an. Schließlich schwand jedoch der Mut der inzwischen als<br />
Rebellen gebrandmarkten Yamana, bis Ouchi Masahiro, einer der Yamana-Generäle sein Viertel<br />
in Kyoto in Brand setzte und floh. Die Stadt selbst wurde nun, 10 Jahre nach dem Ausbruch der<br />
Kämpfe, vom aufgebrachten und völlig verarmten Mob geplündert. Kyoto lag in Trümmern und<br />
unzählige Männer waren gefallen – einen Sieger gab es jedoch nicht.<br />
Und die Shogune? Tatenlos hatten sie den Verlauf der Kämpfe verfolgt. Ashikaga Yoshimasa<br />
soll ein Mann mit einem gestörten Wahrnehmungsbewusstsein gewesen sein. Das Schicksal<br />
Japans schien ihn in keiner Weise zu interessieren. Während Kyoto zerstört wurde,<br />
verbrachte er seine Zeit mit Dichterlesungen und anderen kulturellen Veranstaltungen und<br />
plante den Ginkaku-ji, einen Silberpavillon, der noch prächtiger als der Goldene Pavillon<br />
seines Großvaters sein sollte.<br />
Die Kämpfe in Kyoto hatten allerdings ernsthafte Auswirkungen auf ganz Japan. Der Onin-<br />
Krieg und die Untätigkeit des Shoguns gipfelten in Privatkriegen der verschiedenen Daimyo,<br />
die sich im ganzen Land ausbreiteten. Kein Winkel des Landes blieb von der nun folgenden<br />
Welle der Gewalt verschont – es regierte die Macht des Schwertes. Aber wer sollte die<br />
mächtigen Daimyo aufhalten? Der Shogun jedenfalls konnte oder wollte nicht eingreifen.<br />
Die Ikko-Ikki<br />
“Wenn das Wasser den Fels bewegt, ist dies wahre Kraft. Wenn der Falke seine Beute<br />
schlägt, so ist dies Präzision. Gleiches gilt für den erfolgreichen Krieger.”<br />
— Sun Tzu, Die Kunst des Krieges<br />
Nach dem Ende der Kämpfe in Kyoto breitete sich der Krieg über ganz Japan aus. In der<br />
Provinz Yamashiro kam es zu einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen zwei<br />
befeindeten Lagern des Hatakeyama-Clans – einer Auseinandersetzung mit ernsthaften<br />
Folgen. 1485 folgte eine Revolte der Bauern und der Ji-Samurai. Die Aufständischen bildeten<br />
eine eigene Armee und vertrieben die Truppen der Clans aus der Provinz. In der Folgezeit<br />
wandelten sich die Ikki vom bewaffneten Mob zu einer disziplinierten Armee. 1486 setzten<br />
sie in Yamashiro sogar eine provisorische Regierung ein.<br />
Auch in der Provinz Kaga überschlugen sich die Ereignisse. Hier gab es seit dem 13.<br />
Jahrhundert eine bedrohliche Ikko-Gruppe (Amida-Buddhisten, die vor allem von Bauern<br />
unterstützt wurden). Da sich die Ikko im Gegensatz zu anderen –adeligen – buddhistischen<br />
Sekten vor allem an das gemeine Volk wandten, hatten sie großen Einfluss. Einer der<br />
bedeutendsten Fürsten der Provinz, ein gewisser Togashi Maschika, beging den –<br />
möglicherweise verhängnisvollen – Fehler, die Ikko in seine Armee aufzunehmen. In der<br />
Folgezeit ging aus den Ikko eine fanatische Sekte von Mönchskriegern, die Ikko-Ikki, hervor.<br />
Deren geistige Führer predigten, dass der ehrenvolle Tod auf dem Schlachtfeld mit einem<br />
Platz im Paradies belohnt würde. Daher kannten die Krieger keinerlei Furcht. Selbst<br />
angesichts größter Gefahren kämpften die Ikko-Ikki verbissen bis in den Tod.<br />
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