„Ratgeber für Flüchtlinge in Thüringen“ erschienen (3/2007
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Asylverfahren<br />
28<br />
3.7 Perspektiven<br />
nach e<strong>in</strong>em negativen<br />
Asylverfahren<br />
Nach E<strong>in</strong>reichen der Klage:<br />
Wenn Sie gegen e<strong>in</strong>en Bescheid Klage e<strong>in</strong>gelegt haben, müssen Sie<br />
e<strong>in</strong>e Klagebegründung erarbeiten. Holen Sie sich dazu unbed<strong>in</strong>gt<br />
Hilfe bei e<strong>in</strong>em Anwalt! Diese Klagebegründung muss gut überlegt<br />
verfasst werden. Sie müssen dar<strong>in</strong> noch e<strong>in</strong>mal alle Ihre Gründe <strong>für</strong><br />
den Asylantrag beschreiben, diese aber möglichst deutlicher machen<br />
als bisher. Wenn Sie neue Beweise <strong>für</strong> Ihre Verfolgung haben, sollten<br />
Sie diese mit e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />
Wenn Sie geklagt haben, dauert es nochmals Monate bis Jahre bis zum<br />
Gerichtsterm<strong>in</strong>. Auf die Dauer des Verfahrens können Sie oder auch<br />
Ihr Anwalt kaum E<strong>in</strong>fluss nehmen. Sie können sich aber aktiv an<br />
Ihrem Verfahren beteiligen, <strong>in</strong> dem Sie:<br />
regelmäßig Kontakt zu Ihrem Anwalt halten,<br />
jede neue Information, die <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>em Zusammenhang mit<br />
Ihrer Antragsbegründung steht, Ihrem Anwalt zukommen<br />
lassen,<br />
Adressenänderungen dem Bundesamt, der Ausländerbehörde und<br />
vor allem auch dem Anwalt mitteilen.<br />
Informationen können zum Beispiel Briefe von Angehörigen se<strong>in</strong>, die<br />
noch <strong>in</strong> Ihrer Heimat s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>, oder Videos, Zeitungsartikel usw. Die<br />
allgeme<strong>in</strong>e Situation <strong>in</strong> Ihrem Land ist dabei nicht wichtig, sondern<br />
der Bezug zu Ihrer eigenen Fluchtgeschichte (zum Beispiel Berichte<br />
über Verhaftungen <strong>in</strong> Ihrer Stadt, Aussagen von Zeugen, mit denen Sie<br />
im Gefängnis waren, Verhaftungen von Familienangehörigen,<br />
Freunden usw.).<br />
Wenn Sie <strong>in</strong> Deutschland weiterh<strong>in</strong> politisch aktiv s<strong>in</strong>d, zum Beispiel<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Exilorganisation, dann müssen Sie dies beweisen können (mit<br />
Fotos, Presseveröffentlichungen, Mitgliedsausweisen oder ähnlichem).<br />
Sollten Sie außerhalb Ihres Heimatlandes erstmalig politisch aktiv<br />
werden und sich somit Gründe schaffen, warum Sie nicht <strong>in</strong> Ihr<br />
Heimatland zurückkehren können, wird das wahrsche<strong>in</strong>lich nicht im<br />
Asylverfahren beachtet. E<strong>in</strong>e Ausnahme ist, wenn die politische Überzeugung,<br />
die zur Mitarbeit <strong>in</strong> dieser Organisation von Bedeutung ist,<br />
schon bestanden hat, als Sie noch <strong>in</strong> Ihrer Heimat waren.<br />
Nach e<strong>in</strong>em unanfechtbar negativen Asylverfahren (also negativer<br />
Gerichtsbescheid oder wenn Sie ke<strong>in</strong>e Rechtsmittel gegen die<br />
Ablehnung durch das Bundesamt e<strong>in</strong>gelegt haben) werden Sie aufgefordert,<br />
Deutschland nach Ablauf e<strong>in</strong>er bestimmten Frist zu verlassen.<br />
Die Frist f<strong>in</strong>den Sie im Bescheid des Bundesamtes oder des Gerichtes.<br />
Auf dem Briefumschlag ist das Zustellungsdatum angegeben. Ab diesem<br />
Datum läuft die Frist. Deshalb sollten Sie <strong>in</strong> Ihrer Unterkunft täglich<br />
nachfragen, ob Post <strong>für</strong> Sie da ist! Nach negativem Asylverfahren<br />
sollten Sie so schnell wie möglich e<strong>in</strong>e Rechtsberatung (Anwalt) <strong>in</strong><br />
Anspruch nehmen und klären, ob und wann Ihnen e<strong>in</strong>e Abschiebung<br />
droht und welche Perspektiven e<strong>in</strong>es Aufenthaltes es möglicherweise<br />
noch <strong>für</strong> Sie gibt, wie zum Beispiel:<br />
Gegen die „Ablehnung als Flüchtl<strong>in</strong>g“ haben Sie beim Verwaltungsgericht<br />
geklagt, das heißt während des Klageverfahrens<br />
besteht ke<strong>in</strong>e Ausreisepflicht.<br />
Lehnt das Verwaltungsgericht die Klage ab, ist es unter Umständen<br />
möglich, dass Ihr Anwalt e<strong>in</strong>en „Antrag auf Zulassung der<br />
Beschwerde“ stellen kann, damit das Oberverwaltungsgericht<br />
Ihren Fall überprüft.<br />
Auch e<strong>in</strong> Antrag bei der Thür<strong>in</strong>ger Härtefallkommission oder e<strong>in</strong>e<br />
Petition beim Petitionsausschuss des Thür<strong>in</strong>ger Landesparlaments<br />
(Landtag) ist manchmal hilfreich. Genauere Informationen hierzu<br />
f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dem Kapitel „Weitere Informationen“ <strong>in</strong> dieser<br />
Broschüre.<br />
E<strong>in</strong> rechtlich zw<strong>in</strong>gendes Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen<br />
(zum Beispiel Eheschließung) muss ggf. berücksichtigt werden<br />
(siehe Kapitel 7).<br />
Eventuell können Sie nach e<strong>in</strong>em abgelehnten Asylverfahren e<strong>in</strong>e<br />
Duldung erhalten (siehe unter Duldung <strong>in</strong> Kapitel 2 <strong>in</strong> dieser<br />
Broschüre).<br />
Unter bestimmten Voraussetzungen ist e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />
aus humanitären Gründen möglich, z.B. nach § 23 Abs. 1<br />
AufenthG („Bleiberechtsregelung“) oder nach § 25 Abs. 5<br />
AufenthG (dauerhafte Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise),<br />
siehe Kapitel 2.2 <strong>in</strong> dieser Broschüre.<br />
Wenn Sie bereit s<strong>in</strong>d, Deutschland zu verlassen, aber nicht <strong>in</strong> Ihr<br />
Herkunftsland zurückkehren wollen, ist manchmal e<strong>in</strong>e Weiterwanderung<br />
<strong>in</strong> andere Länder möglich. Welche Länder <strong>für</strong> Sie <strong>in</strong> Frage<br />
kommen, erfahren Sie zum Beispiel im Raphaelswerk Berl<strong>in</strong> (siehe<br />
Adressverzeichnis unter „Adressen <strong>in</strong> Deutschland“), das über Weiterwanderungsmöglichkeiten<br />
berät. Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle<br />
oder direkt dort h<strong>in</strong>. Wichtig ist, dass Sie sich frühzeitig <strong>in</strong>formieren,<br />
da die Vorbereitung lange dauern kann. Erkundigen Sie sich<br />
auch nach f<strong>in</strong>anziellen Hilfen <strong>für</strong> die Weiterwanderung. Wollen Sie <strong>in</strong><br />
Ihr Herkunftsland zurückkehren, sollten Sie sich über die Möglichkeiten<br />
der Rückkehr beraten lassen. Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle,<br />
die Sie wenn nötig weiter vermittelt.<br />
3.8<br />
Weiterwanderung<br />
und Rückkehr<br />
Asylverfahren<br />
29