„Ratgeber für Flüchtlinge in Thüringen“ erschienen (3/2007
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Residenzpflicht<br />
32<br />
WICHTIG!<br />
Wenn Sie gegen die Residenzpflicht verstoßen, handelt es sich<br />
beim ersten Mal um e<strong>in</strong>e Ordnungswidrigkeit und schon beim<br />
zweiten Mal um e<strong>in</strong>e Straftat. Dies gilt auch dann, wenn Sie<br />
Ihren Landkreis nur kurz ohne „Urlaubssche<strong>in</strong>“ verlassen oder<br />
nach e<strong>in</strong>em erlaubten Verlassen verspätet zurückkehren.<br />
Dieser Verstoß wird <strong>in</strong> Ihrer Akte bei der Ausländerbehörde vermerkt.<br />
Das spielt zwar <strong>für</strong> Ihr Asylverfahren ke<strong>in</strong>e Rolle, kann<br />
sich aber auf Ihren späteren Aufenthalt negativ auswirken.<br />
Wenn e<strong>in</strong> Bußgeld verhängt wird, erkundigen Sie sich, ob Sie<br />
diesen Geldbetrag auch <strong>in</strong> Raten an die zuständige Bußgeldstelle<br />
zurückzahlen können.<br />
Ausnahmen von der Residenzpflicht (§ 58 Abs. 4 AsylVfG): Wenig<br />
bekannt bei Polizei, Behörden und Gerichten ist, dass <strong>für</strong> Asylsuchende<br />
das vorübergehende Verlassen des Geltungsbereichs der Aufenthaltsgestattung<br />
ohne Erlaubnis zulässig ist,<br />
wenn das Bundesamt den Asylsuchenden als Asylberechtigten<br />
oder Konventionsflüchtl<strong>in</strong>g anerkannt hat, auch wenn diese<br />
Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, weil zum Beispiel der<br />
Bundesbeauftragte oder das BAMF noch dagegen klagen oder die<br />
Rechtsmittelfrist noch läuft;<br />
wenn die Anerkennung als Asylberechtigter oder Konventionsflüchtl<strong>in</strong>g<br />
bereits rechtskräftig ist, der Flüchtl<strong>in</strong>gspass aber noch<br />
auf sich warten lässt;<br />
wenn e<strong>in</strong>e Abschiebung des Asylsuchenden unabhängig vom<br />
Ausgang des Asylverfahrens aus rechtlichen oder tatsächlichen<br />
Gründen auf Dauer ausgeschlossen ist.<br />
Die Regelung gilt auch <strong>für</strong> den Ehepartner und die m<strong>in</strong>derjährigen<br />
K<strong>in</strong>der der von der Residenzpflicht ausgenommenen Asylsuchenden.<br />
Aktiv gegen die Residenzpflicht<br />
The Voice Refugee Forum Germany ist e<strong>in</strong> Netzwerk von politisch<br />
aktiven <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n und Aktivisten, die gegen die <strong>in</strong>humane<br />
Situation von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen und Deutschland<br />
kämpfen. Sie setzen sich <strong>für</strong> Menschenrechte <strong>in</strong> Deutschland<br />
und <strong>in</strong> ihren Herkunftsländern e<strong>in</strong>. Sie protestieren öffentlich<br />
gegen die Residenzpflicht. The VOICE Refugee Forum me<strong>in</strong>t,<br />
dass die „Residenzpflicht“ die Menschenrechte von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n<br />
<strong>in</strong> Deutschland verletzt und fordert deshalb ihre Abschaffung<br />
(siehe Adressverzeichnis unter Jena).<br />
Sie erhalten „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ (Erlaubnis zum Verlassen des Wohnortes)<br />
bei der Ausländerbehörde. Sie müssen persönlich dort h<strong>in</strong> gehen<br />
und erklären, aus welchem Grund Sie wann, wie lange woh<strong>in</strong> fahren<br />
wollen. Die Ausländerbehörde kann e<strong>in</strong>en Nachweis verlangen. Das<br />
kann zum Beispiel e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung, e<strong>in</strong>e Adresse oder ähnliches se<strong>in</strong>.<br />
Im Gesetz steht: „Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>gendes<br />
öffentliches Interesse besteht, zw<strong>in</strong>gende Gründe es erfordern<br />
oder die Versagung e<strong>in</strong>e unbillige Härte bedeuten würde.“ (§ 58 Abs.<br />
1 AsylVfG, § 12 Abs. 5 AufenthG).<br />
Wenn Sie Term<strong>in</strong>e bei Behörden oder Gerichten haben, bei denen Sie<br />
persönlich ersche<strong>in</strong>en müssen, benötigen Sie ke<strong>in</strong>en „Urlaubssche<strong>in</strong>“.<br />
Sie müssen e<strong>in</strong>e Vorladung oder schriftliche E<strong>in</strong>ladung bei sich tragen.<br />
Wenn Sie Term<strong>in</strong>e bei Anwälten, beim UNHCR oder bei Organisationen<br />
haben, die sich mit der Betreuung von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n befassen, soll<br />
Ihnen der „Urlaubssche<strong>in</strong>“ ausgestellt werden (§ 58 Abs. 2 AsylVfG).<br />
Da<strong>für</strong> ist es hilfreich, der Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e schriftliche Term<strong>in</strong>bestätigung<br />
des Anwaltes, des UNHCR oder der Beratungsstelle etc<br />
vorzulegen. Um legal reisen zu können, reicht es nicht, den „Urlaubssche<strong>in</strong>“<br />
zu beantragen, sondern Sie benötigen die Erlaubnis der<br />
Ausländerbehörde.<br />
Andere Gründe um e<strong>in</strong>en „Urlaubssche<strong>in</strong>“ zu bekommen, s<strong>in</strong>d zum<br />
Beispiel wenn Sie:<br />
Ihre Eltern, K<strong>in</strong>der oder Ihren Ehepartner besuchen wollen,<br />
wegen Taufe, Hochzeit oder Todesfall nahe Verwandte besuchen<br />
möchten,<br />
e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> bei e<strong>in</strong>em Arzt oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus haben,<br />
an religiösen Veranstaltungen teilnehmen wollen,<br />
an e<strong>in</strong>er (nicht verbotenen) politischen Versammlung oder<br />
Demonstration teilnehmen möchten,<br />
an e<strong>in</strong>er Veranstaltung des Sportvere<strong>in</strong>s, <strong>in</strong> dem Sie Mitglied s<strong>in</strong>d,<br />
teilnehmen wollen<br />
oder Ihre K<strong>in</strong>der an e<strong>in</strong>em Schulausflug oder e<strong>in</strong>er Klassenreise<br />
(auch <strong>in</strong>s Ausland) teilnehmen möchten.<br />
Sie können „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ immer dann beantragen, wenn Sie diese<br />
benötigen. Die Ausländerbehörde kann Ihnen e<strong>in</strong>en „Urlaubssche<strong>in</strong>“<br />
<strong>in</strong>sbesondere dann ausstellen, wenn es <strong>für</strong> Sie unbed<strong>in</strong>gt erforderlich<br />
ist oder e<strong>in</strong>e Ablehnung <strong>für</strong> Sie kaum zumutbar wäre. Für Urlaubssche<strong>in</strong>e<br />
aus anderen Gründen und <strong>für</strong> „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ von geduldeten<br />
<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Städten und Landkreisen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen<br />
e<strong>in</strong>e Gebühr verlangt. Der „Urlaubssche<strong>in</strong>“ ist nur <strong>für</strong> die Reise und<br />
den Zeitraum gültig, wo<strong>für</strong> Sie ihn beantragt haben. Für den Fall e<strong>in</strong>er<br />
Personenkontrolle müssen Sie ihn immer bei sich haben.<br />
Sollte Ihr Antrag auf Erteilung e<strong>in</strong>es „Urlaubssche<strong>in</strong>es“ abgelehnt werden,<br />
bestehen Sie darauf, dass Sie diese Ablehnung schriftlich erhal-<br />
4.2<br />
„Urlaubssche<strong>in</strong>e“<br />
<strong>für</strong> Asylsuchende<br />
und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />
mit Duldung<br />
Residenzpflicht<br />
33