„Ratgeber für Flüchtlinge in Thüringen“ erschienen (3/2007
„Ratgeber für Flüchtlinge in Thüringen“ erschienen (3/2007
„Ratgeber für Flüchtlinge in Thüringen“ erschienen (3/2007
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Soziale Leistungen<br />
48<br />
6.5 Mediz<strong>in</strong>ische<br />
Versorgung<br />
(§§ 4, 6 AsylbLG)<br />
Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten:<br />
werden die Kosten <strong>für</strong> die Krankenbehandlung vom Sozialamt<br />
übernommen,<br />
haben Sie Anspruch auf „Hilfe bei Krankheit“ (§ 4 AsylbLG) und<br />
auf „Leistungen zur Sicherung der Gesundheit“ (§ 6 AsylbLG).<br />
Sie müssen ärztliche und zahnärztliche Behandlung nach § 4 und 6<br />
AsylbLG erhalten, wenn Sie an e<strong>in</strong>er Erkrankung leiden, die:<br />
akut ist, das heißt Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich<br />
plötzlich, oder<br />
akut behandlungsbedürftig ist, das heißt die Behandlung ist unaufschiebbar<br />
notwendig, oder<br />
mit Schmerzen verbunden ist, oder<br />
die Behandlung zur Sicherung Ihrer Gesundheit unerlässlich ist.<br />
Das heißt, ohne e<strong>in</strong>e Behandlung drohen nicht wieder gut zu<br />
machende gesundheitliche Gefahren oder Folgeschäden<br />
Auch bei e<strong>in</strong>er chronischen Krankheit, die akut behandlungsbedürftig<br />
ist oder Schmerzen verursacht, haben Sie Anspruch auf ärztliche<br />
Behandlung (zum Beispiel: Diabetes). Denn viele chronische Erkrankungen<br />
werden akut, wenn Sie unbehandelt bleiben. Zahnersatz erhalten<br />
Sie nur, wenn die Versorgung im E<strong>in</strong>zelfall unaufschiebbar ist. Wie<br />
<strong>für</strong> Deutsche müssen sämtliche Leistungen bei Schwangerschaft, zur<br />
Entb<strong>in</strong>dung und <strong>in</strong> der Wöchner<strong>in</strong>nenzeit nach der Geburt erbracht<br />
werden. Hierzu zählen auch sämtliche Vorsorgeuntersuchungen (§ 4<br />
Abs. 2 AsylbLG, siehe auch das Kapitel „Schwangerschaft und<br />
Geburt“). Außerdem muss das Sozialamt alle notwendigen und empfohlenen<br />
Impfungen sowie Vorsorgeuntersuchungen <strong>für</strong> K<strong>in</strong>der und<br />
Erwachsene übernehmen (§ 4 Abs. 3 AsylbLG).<br />
TIPP!<br />
E<strong>in</strong> Verweis vom Sozialamt oder von Ärzten darauf, dass Sie<br />
nur Anspruch auf e<strong>in</strong>e „lebensnotwendige“ Behandlung haben,<br />
ist rechtswidrig!<br />
Erhalten Sie höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG oder Leistungen<br />
nach SGB XII, dann:<br />
bekommen Sie ke<strong>in</strong>e Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG. Sie<br />
haben nach § 264 SGB V Anspruch auf e<strong>in</strong>e Versichertenkarte und<br />
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im gleichen<br />
Umfang wie Deutsche;<br />
wird die Krankenbehandlung von der Krankenkasse übernommen.<br />
Die Krankenkasse holt sich vierteljährlich das Geld <strong>für</strong> Ihre<br />
Krankenbehandlung vom Sozialamt zurück;<br />
haben Sie vollen Anspruch auf mediz<strong>in</strong>ische Versorgung. Das<br />
bedeutet, dass jede Erkrankung behandelt wird - auch chronische<br />
Erkrankungen ohne Schmerzen. Sie erhalten auch Zahnersatz ohne<br />
Zuzahlung.<br />
Wenn Sie ALG II erhalten erhalten Sie e<strong>in</strong>e Chipkarte als Mitglied<br />
e<strong>in</strong>er gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 SGB V). Die Beiträge an<br />
die Krankenkasse bezahlt die ArGe. Die Krankenbehandlung übernimmt<br />
die Krankenkasse.<br />
Krankenbehandlungssche<strong>in</strong><br />
Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten brauchen Sie e<strong>in</strong>en<br />
Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> (Kostenübernahmeerklärung) vom Sozialamt,<br />
um e<strong>in</strong>en Arzt aufsuchen zu können.<br />
Wie bekommen Sie e<strong>in</strong>en Krankenbehandlungssche<strong>in</strong>?<br />
Den Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> erhalten Sie <strong>in</strong> der Regel beim<br />
Sozialamt. Sie müssen da<strong>für</strong> Ihre Beschwerden äußern (zum Beispiel<br />
Schmerzen, Angstzustände, Übelkeit) oder den Grund <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Vorsorgeuntersuchung nennen. Der Sche<strong>in</strong> muss Ihnen daraufh<strong>in</strong> ausgestellt<br />
werden.<br />
Mit dem Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> bestätigt Ihnen das Sozialamt,<br />
dass es die Kosten <strong>für</strong> die Behandlung übernimmt. Bei sehr teuren<br />
oder langwierigen Behandlungen wird das Sozialamt e<strong>in</strong>en Amtsarzt<br />
(vom Gesundheitsamt) h<strong>in</strong>zuziehen. Dieser überprüft die Diagnose<br />
und die vorgesehene Behandlungsform Ihres Arztes. Der Amtsarzt entscheidet<br />
dann, ob die Behandlung <strong>für</strong> Sie notwendig ist (das heißt<br />
nicht „lebensnotwendig“!). Von dieser Entscheidung ist es abhängig,<br />
ob die Behandlung bezahlt wird oder nicht.<br />
Was können Sie tun, wenn Ihnen der Krankenbehandlungssche<strong>in</strong><br />
verweigert wird?<br />
Sollte Ihnen der Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> verweigert werden, verlangen<br />
Sie e<strong>in</strong>e schriftliche Begründung (Bescheid). Wenden Sie sich<br />
an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle, damit diese Sie unterstützen kann.<br />
Wenn Sie ke<strong>in</strong>en Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> erhalten haben oder<br />
nicht bis zum nächsten Sprechtag beim Sozialamt warten können, aber<br />
dr<strong>in</strong>gend mediz<strong>in</strong>ische Hilfe benötigen, suchen Sie trotzdem entweder<br />
e<strong>in</strong>en Arzt oder das nächstgelegene Krankenhaus auf. Erklären Sie<br />
dem behandelnden Arzt Ihre Situation. Er hat immer die Möglichkeit,<br />
Sie auf e<strong>in</strong>en Notsche<strong>in</strong> zu behandeln (das heißt, er holt sich das Geld<br />
<strong>für</strong> die Notbehandlung vom Sozialamt später zurück).<br />
Es kann vorkommen, dass das Sozialamt oder der Amtsarzt e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />
Versorgung verweigert, die Sie und Ihr Arzt aber als notwendig<br />
betrachten. Sie haben dann die Möglichkeit, Widerspruch gegen<br />
diese Entscheidung e<strong>in</strong>zulegen (siehe Kapitel 1.4). Bitten Sie Ihren<br />
Arzt, sich <strong>für</strong> Ihre Behandlung bei den Behörden e<strong>in</strong>zusetzen! E<strong>in</strong>e<br />
schriftliche Begründung des Arztes zur Notwendigkeit der<br />
Behandlung kann <strong>für</strong> die Durchsetzung des Anspruchs hilfreich se<strong>in</strong>.<br />
Soziale Leistungen<br />
49