Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG
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Rückblicke auf die erste<br />
Wuppertaler Literatur Biennale<br />
Dicht drängen sich die Menschen in<br />
dem hinteren dunklen, weil fensterlosen<br />
Raum der „Viertelbar“, die so heißt, weil<br />
sie so klein ist und in einem Szeneviertel<br />
Wuppertals liegt. Üblicherweise verkehrt<br />
hier ein jüngeres Publikum. Aber heute ist-<br />
Literatur Biennale und da ist alles anders.<br />
Längst ist der Raum prall gefüllt und noch<br />
immer drängen Menschen – die meisten<br />
von ihnen über 50 – nach.<br />
Es ist Donnerstag, die Fußball-EM läuft<br />
und doch ist diese Veranstaltung schon<br />
lange ausgebucht.<br />
Lesebühne: Szene aus<br />
Miranda Hubers Schauspiel „Gelandet“<br />
Kuss der Freiheit<br />
Abbas Khider hatte Mut bewiesen.<br />
Bereits als 19-jähriger hat er sich für<br />
die Freiheit in seinem Heimatland Irak<br />
eingesetzt. Doch das Regime unter<br />
Saddam Hussein schlug zurück. Abbas<br />
Khider musste ins Gefängnis und wurde<br />
gefoltert. Seine Lebenserfahrungen und<br />
das alltägliche Leben von Menschen<br />
in den <strong>Zeit</strong>en der Diktatur hat er in<br />
zwei Romanen verarbeitet. Jetzt sitzt<br />
er in der Viertelbar, erzählt aus seinem<br />
Leben und liest aus seinen Werken „Der<br />
falsche Inder“ und „<strong>Die</strong> Orangen des<br />
Präsidenten“.<br />
Vampire<br />
Abbas Khider, der von weitem und<br />
bei oberfl ächlicher Betrachtung dem<br />
Fußballer Sami Khedira ähnelt, hat das<br />
Publikum mit seinem virilen Charme<br />
schnell um den Finger gewickelt. Er<br />
erzählt, wie er als Pennäler Graffi tis mit<br />
versautem Inhalt an die Schulwände<br />
schmierte und lange <strong>Zeit</strong> nicht erwischt<br />
wurde. Bis ihn jemand verriet. <strong>Die</strong> Strafe,<br />
die er dafür erhielt, sollte ein bitterer<br />
Vorgeschmack sein für das, was er dann<br />
durch die Folterknechte Saddam Husseins<br />
im Gefängnis erleiden musste. Das<br />
Publikum hängt an den Lippen des gebürtigen<br />
Irakers, genießt vielleicht auch<br />
den Ausfl ug ins Reich der Schrecken –<br />
im Bewusstsein der eigenen Sicherheit:<br />
hier in Deutschland, hier in einem Land<br />
mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung,<br />
hier im Dunkel der Viertelbar.<br />
Khider erzählt, wie er mit Fördermitteln<br />
der Bundesrepublik nach Ägypten reisen<br />
konnte, um dort die Revolution zu unterstützen.<br />
In dem sicheren Bewusstsein,<br />
dass er, sollte es dort gefährlich werden,<br />
Schutz bei der deutschen Botschaft<br />
fi nden würde.<br />
Das sind Augenblicke, in denen sich<br />
die Schatten der Vergangenheit des<br />
eigenen Lebens und der verzweifelte<br />
Kampf der Menschen in Ägypten und<br />
Syrien um Freiheit und Würde ins Anekdotenhafte<br />
aufzulösen drohen. Und<br />
es ist der Moment, in der eine Dame<br />
– sie mag so um die 60 sein – es nicht<br />
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