Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG
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14<br />
Schöne Ideen<br />
Mühl und Zeller waren auch mit von<br />
der Partie, als sich die Bergische <strong>Zeit</strong>schrift<br />
für Literatur „Karussell“ in der<br />
überfüllten Galerie Epikur vorstellte.<br />
<strong>Die</strong> Wuppertaler Autorin Friederike<br />
Zelesko hatte, als sie von den Planungen<br />
der Biennale erfuhr, die schöne<br />
Idee, rechtzeitig zum Start des Festivals<br />
eine Literaturzeitschrift zu gründen.<br />
Mit fi nanzieller Unterstützung des<br />
Herausgebers der „<strong>Beste</strong>n <strong>Zeit</strong>“ und des<br />
früheren Betreibers der Galerie Epikur<br />
Hans-Peter <strong>Nacke</strong> konnte dieser Plan<br />
verwirklicht werden. <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong>schrift,<br />
die mit mehr als 100 Seiten eher ein Almanach<br />
wurde, hat fast alle in Wuppertal<br />
schreibenden Autoren zwischen zwei<br />
Buchdeckeln zusammengeführt und<br />
vermittelt so einen beeindruckenden<br />
Überblick über die literarische Vielfalt<br />
im Wuppertal. Unter den zahlreichen<br />
Texten fi nden sich nicht wenige literarische<br />
Juwele.<br />
So wurde der Abend – moderiert von<br />
der Wuppertaler Autorin Christiane<br />
Gibiec – ein heiteres literarisches<br />
Potpourri. Menschen setzten sich auf<br />
den Boden, weil es keine Stühle mehr<br />
gab, standen auf der Treppe, lehnten an<br />
Wänden, um den Wuppertaler Literaten<br />
zu lauschen. <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong>schrift soll<br />
fortgeführt und zu einer Plattform für<br />
literarische Talente Wuppertals werden.<br />
Ebenfalls eine sehr schöne Idee war es,<br />
einen Autor aus einem Werk lesen zu<br />
lassen, das leider noch immer einen<br />
Verleger sucht. Für viele war es einer der<br />
berührendsten Veranstaltungen der Bi-<br />
ennale: Thomas Hoever las aus seinem<br />
Roman “Lilli“, in dem er die Entwicklung<br />
eines Mädchens mit Down-Syndrom<br />
vom ungeliebten, vernachlässigten<br />
Kind hin zu einer selbstbestimmten und<br />
freien Persönlichkeit beschreibt. Freiheit<br />
hat eben viele Facetten. Ebenso schön<br />
war auch die Idee, Felicitas Hoppe im<br />
Namen der Freiheit in einer Haftanstalt<br />
lesen zu lassen.<br />
Besinnung auf die Wurzeln<br />
Zu Gehör kamen am historischen Ort –<br />
der Concordia – auch die drei großen<br />
historischen Gestalten der Wuppertaler<br />
Literatur: Friedrich Engels, Armin<br />
T. Wegner und Else Lasker-Schüler,<br />
jeweils wunderbar vorgetragen von Rolf<br />
Becker. <strong>Die</strong> Musik – Klavierstücke von<br />
Arnold Schönberg – passten ausgezeichnet<br />
zu diesem Nachmittag, weil<br />
Schönberg in seiner neu gefundenen<br />
Musiksprache auch aus den Erstarrungen<br />
seiner bürgerlichen Herkunft und<br />
ihrer in der Musik seiner <strong>Zeit</strong> Ausdruck<br />
fi ndenden Ästhetik ausbrechen will.<br />
Auch er vollzieht wie die Literaten den<br />
Bruch mit der bürgerlichen Welt – aber<br />
auf seine ganz eigene Weise. Hervorzuheben<br />
ist die kluge und sensible<br />
Textauswahl durch Michael Okroy, der<br />
origineller- und dankenswerter Weise<br />
nicht noch einmal die in Wuppertal<br />
schon häufi g gehörte Else Lasker-<br />
Schüler zu Wort kommen lässt, sondern<br />
einen Rezensenten, der die Lesung der<br />
Lyrikerin in ihrer Heimatstadt sehr anschaulich<br />
beschreibt und dabei das für<br />
die damalige <strong>Zeit</strong> Fremde, den neuen<br />
Ton beschreibt, aber auch die verständnislosen<br />
Reaktionen einiger <strong>Zeit</strong>genos-<br />
Lopango Ya Banka (Rap) Dariusz Muszer Hermann Schulz<br />
sen gegenüber einer Schriftstellerin, der<br />
später „Hirnerweichung“ vorgeworfen<br />
werden sollte. Für die Biennale-Macher<br />
sollte die Auseinandersetzung mit diesen<br />
literarischen Wurzeln Wuppertals<br />
zu einer Konstante des Literaturfestes<br />
werden.<br />
Blick zurück und nach vorn<br />
„Wer vieles bringt, wird manchem etwas<br />
bringen“ lässt Goethe den erfolgsorientierten<br />
und geschäftstüchtigen<br />
Schauspieldirektor im „Faust“ sagen.<br />
Goethe, der das Theater in Weimar geleitet<br />
hat, wusste, wovon er spricht. Ein<br />
Erfolgsrezept, das auch in der Jetztzeit<br />
in Wuppertal aufgegangen ist. Neben<br />
der Vielfalt der Orte – Kirchen und<br />
Kneipen, Stadthalle und Botanischer<br />
Garten, Schauspielhaus und Off-Theater<br />
– war es sicherlich auch das bunte,<br />
an verschiedenen Zielgruppen orientierte<br />
Programm der Biennale, die den<br />
Start dieses Literaturfestes zu einem<br />
grandiosen Erfolg werden ließ. Dazu<br />
gehörten Veranstaltungsformate wie<br />
Slam Poetry und HipHop-Performances<br />
im Schauspielhaus ebenso wie die<br />
Lesebühne, bei der Schauspielschüler<br />
der Folkwang Universität drei Stücke<br />
junger Dramatiker in einer szenischer<br />
Lesung vorstellten. Eine hochkarätig<br />
besetzte Jury hatte diese drei Stücke<br />
ausgewählt, in deren Zentren junge<br />
Menschen stehen, die sich gegen alle<br />
Widerstände couragiert zur Wehr<br />
setzen. Ihre Schöpfer Michael Decar,<br />
Thomas Paulmann und Miranda<br />
Huber (Kanada) haben für die existentiellen<br />
Konfl ikte ihrer Protagonisten<br />
die richtige Sprache gefunden. Gerade