Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG
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<strong>Die</strong> Rezension erschien zuerst am 5. Juni<br />
2012 im Remscheid er General-Anzeiger<br />
„Es ist ein Weinen in der Welt, als ob<br />
der liebe Gott gestorben wär...“. Schier<br />
grenzenlose Traurigkeit und Verlorenheit<br />
spricht aus den Zeilen des Gedichts von<br />
Else Lasker-Schüler. Und wer sie schon<br />
einmal für sich gelesen - mithin „innerlich“<br />
gehört - hat, der hat ihnen vermutlich<br />
einen entsprechend dunkelschweren Ton<br />
verliehen. Doch Caroline Keufen spricht sie<br />
ganz hell und mit einem Lächeln.<br />
German Song beeindruckte<br />
Immer wieder schenkt die Schauspielerin<br />
und Regisseurin der literarischen<br />
Performance „German Song“ den<br />
Gedichten einen überraschend hellen,<br />
leichten Klang. Ein gekonnter Kunstgriff,<br />
denn die Irritation erzeugt eine<br />
unterschwellige Spannung, von der<br />
man als Zuhörer gepackt wird, ohne<br />
sogleich zu wissen warum.<br />
Es geht um die dunkelste <strong>Zeit</strong> deutscher<br />
Geschichte<br />
Und das zieht sich durch diesen<br />
Abend: Worte, Klänge, Tanz, Licht<br />
und Bilder in wandfüllenden Projektionen,<br />
collagenhaft zusammengesetzt,<br />
schaffen eine dichte Atmosphäre,<br />
wecken Gefühle, erzeugen wechselnde<br />
Stimmungen und unterlaufen damit<br />
eventuell vorhandene intellektuelle<br />
Barrieren zur Abwehr schwer erträglicher<br />
Inhalte.<br />
Denn leichte Kost sind die nicht,<br />
soviel ist schon im ersten Moment<br />
klar, wenn noch im Bühnendunkel<br />
ein markerschütternder Schrei ertönt.<br />
Ein Schrei aus dem Schützengraben,<br />
vielleicht, der Schrei eines Mannes,<br />
den seine grausamen Erlebnisse bis in<br />
die Träume verfolgen. Es geht um die<br />
dunkelste <strong>Zeit</strong> deutscher Geschichte<br />
(„der Tod ist ein Meister aus Deutschland“),<br />
um Schuld, die sich ebenso<br />
wenig abwaschen lässt wie das Blut im<br />
Blaubart-Märchen, um Verblendung,<br />
wenn ein 16-Jähriger sich freiwillig<br />
zur Waffen-SS meldet und in seinem<br />
Kriegstagebuch von russischen Soldaten<br />
als „Futter für mein MG“ spricht.<br />
Und am Ende auch darum, dass von<br />
solcher Art Verblendung auch der<br />
Terror unserer Tage lebt.<br />
Aber es geht auch darum, was<br />
Poesie, Kunst und Musik vermag: Unsagbares<br />
auszudrücken und zugleich<br />
Gegenwelten zu Grausamkeit und<br />
Gewalt zu schaffen. „Ich will in das<br />
Grenzenlose“ heißt es in Else Lasker-<br />
Schülers Gedicht „Meinwärts“, und<br />
dazu öffnet sich lichtblau und weit<br />
der Himmel, zieht ein Vogel vorbei,<br />
und wenn die Worte verklungen sind,