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Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG

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36<br />

<strong>Die</strong> Rezension erschien zuerst am 5. Juni<br />

2012 im Remscheid er General-Anzeiger<br />

„Es ist ein Weinen in der Welt, als ob<br />

der liebe Gott gestorben wär...“. Schier<br />

grenzenlose Traurigkeit und Verlorenheit<br />

spricht aus den Zeilen des Gedichts von<br />

Else Lasker-Schüler. Und wer sie schon<br />

einmal für sich gelesen - mithin „innerlich“<br />

gehört - hat, der hat ihnen vermutlich<br />

einen entsprechend dunkelschweren Ton<br />

verliehen. Doch Caroline Keufen spricht sie<br />

ganz hell und mit einem Lächeln.<br />

German Song beeindruckte<br />

Immer wieder schenkt die Schauspielerin<br />

und Regisseurin der literarischen<br />

Performance „German Song“ den<br />

Gedichten einen überraschend hellen,<br />

leichten Klang. Ein gekonnter Kunstgriff,<br />

denn die Irritation erzeugt eine<br />

unterschwellige Spannung, von der<br />

man als Zuhörer gepackt wird, ohne<br />

sogleich zu wissen warum.<br />

Es geht um die dunkelste <strong>Zeit</strong> deutscher<br />

Geschichte<br />

Und das zieht sich durch diesen<br />

Abend: Worte, Klänge, Tanz, Licht<br />

und Bilder in wandfüllenden Projektionen,<br />

collagenhaft zusammengesetzt,<br />

schaffen eine dichte Atmosphäre,<br />

wecken Gefühle, erzeugen wechselnde<br />

Stimmungen und unterlaufen damit<br />

eventuell vorhandene intellektuelle<br />

Barrieren zur Abwehr schwer erträglicher<br />

Inhalte.<br />

Denn leichte Kost sind die nicht,<br />

soviel ist schon im ersten Moment<br />

klar, wenn noch im Bühnendunkel<br />

ein markerschütternder Schrei ertönt.<br />

Ein Schrei aus dem Schützengraben,<br />

vielleicht, der Schrei eines Mannes,<br />

den seine grausamen Erlebnisse bis in<br />

die Träume verfolgen. Es geht um die<br />

dunkelste <strong>Zeit</strong> deutscher Geschichte<br />

(„der Tod ist ein Meister aus Deutschland“),<br />

um Schuld, die sich ebenso<br />

wenig abwaschen lässt wie das Blut im<br />

Blaubart-Märchen, um Verblendung,<br />

wenn ein 16-Jähriger sich freiwillig<br />

zur Waffen-SS meldet und in seinem<br />

Kriegstagebuch von russischen Soldaten<br />

als „Futter für mein MG“ spricht.<br />

Und am Ende auch darum, dass von<br />

solcher Art Verblendung auch der<br />

Terror unserer Tage lebt.<br />

Aber es geht auch darum, was<br />

Poesie, Kunst und Musik vermag: Unsagbares<br />

auszudrücken und zugleich<br />

Gegenwelten zu Grausamkeit und<br />

Gewalt zu schaffen. „Ich will in das<br />

Grenzenlose“ heißt es in Else Lasker-<br />

Schülers Gedicht „Meinwärts“, und<br />

dazu öffnet sich lichtblau und weit<br />

der Himmel, zieht ein Vogel vorbei,<br />

und wenn die Worte verklungen sind,

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