Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG
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Geschichtsbücher, Buchgeschichten<br />
Vorgestellt von Matthias Dohmen<br />
Einen zu Unrecht vergessenen deutschen<br />
Spitzenpolitiker stellt Dr. Hildegard Wehrmann<br />
in ihrer wissenschaftlichen Biographie<br />
„Hermann Pünder“ vor. Der in Trier<br />
geborene Jurist war schon in frühen Jahren<br />
Staatssekretär unter Luther, Marx, Müller<br />
und Brüning sowie Regierungspräsident<br />
in Münster, in der jungen Bundesrepublik<br />
dann Oberbürgermeister von Köln<br />
und Oberdirektor der Bizone respektive<br />
Trizone. In der Weimarer <strong>Zeit</strong> Mitglied<br />
der Zentrumspartei, gehörte er nach 1945<br />
zu den Mitbegründern der CDU und<br />
engagierte sich an exponierter Stelle für<br />
Europa. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er<br />
verhaftet und in den Konzentrationslagern<br />
Buchenwald und Dachau drangsaliert. Zu<br />
unterschiedlichen <strong>Zeit</strong>en gehörte er dem<br />
nordrhein-westfälischen Landtag, dem<br />
Deutschen Bundestag und dem Europaparlament<br />
an. Sohn seiner <strong>Zeit</strong>, sah er die<br />
„bolschewistische Weltanschauung“ als fulminante<br />
Bedrohung gerade des westlichen<br />
Deutschland. Auch wenn das ständige<br />
Einrücken von Zitaten den Lesefl uss mitunter<br />
hemmt: Dem beachtenswerten Werk<br />
ist eine große Verbreitung zu wünschen.<br />
Hildegard Wehrmann, Hermann Pünder<br />
(1888-1976). Patriot und Europäer, Essen:<br />
Klartext 2011 (= Düsseldorfer Schriften<br />
zur Neueren Landesgeschichte und zur<br />
Geschichte Nordrhein-Westfalens, Bd. 85).<br />
523 S., 49,95 Euro<br />
Der Wahrheit eine Gasse. In seiner außergewöhnlich<br />
materialreichen und auch<br />
noch gut geschriebenen Untersuchung<br />
„Nicht ermittelt“ weist der Historiker<br />
und Journalist Dr. Stefan Klemp nach,<br />
dass trotz erwiesener systematisch begangener<br />
Gräueltaten „Angehörige der<br />
Ordnungspolizei und insbesondere von<br />
Polizeibataillonen systematisch von einer<br />
Strafverfolgung ausgenommen worden<br />
sind“. Einer dieser Schergen schrieb<br />
1941 über seine Verwendung an einem<br />
osteuropäischen Schauplatz an seine Frau:<br />
„<strong>Die</strong> Juden werden gänzlich ausgerottet.<br />
Liebe Hannah, mach dir keine Gedanken<br />
drüber. Es muss sein. Und dem Rüdiger<br />
nichts davon erzählen, später mal.“ Des<br />
Sohnes Altersgenossen ging es weniger<br />
kommod: „Helm. F. und ich haben einen<br />
Juden und jeder eine Jüdin, die eine ist<br />
15 und die andere 19 Jahre alt, die eine<br />
heißt Eide und die andere Chahwa. <strong>Die</strong><br />
machen für uns alles, was wir wollen“<br />
(sämtliche Zitate S. 7 f.).<br />
Es kam im Westen, dem Eldorado hoher<br />
und höchster NS-Polizeioffi ziere, zu<br />
ganzen 17 Verurteilungen, in der DDR<br />
dagegen zu 26 (S.10). Das wird zu gerne<br />
vergessen.<br />
Stefan Klemp, „Nicht ermittelt“. Polizeibataillone<br />
und die Nachkriegsjustiz – Ein<br />
Handbuch, Essen: Klartext 22011 (= Villa<br />
ten Hompel, Bd. 5). 601 S., 39,95 Euro<br />
Ein Tabuthema, gewiss. Aber ein Autor,<br />
der als international renommierter<br />
Palliativmediziner und in der Philosophie<br />
von Seneca bis Schopenhauer bewanderter<br />
Mann „Über das Sterben“ schreibt<br />
und, wie es schon im Vorwort heißt, den<br />
Menschen „ein Stück weit“ die „Angst vor<br />
einem qualvollen Sterben“ nehmen will,<br />
weil Panik zu einer Art sich selbst erfüllender<br />
Voraussage werde, wie es Prof. Dr.<br />
Gian Domenico Borasio in seinem Vorwort<br />
formuliert.<br />
Das Buch ist im besten Sinne populärwissenschaftlich<br />
und bietet desungeachtet<br />
einen Anmerkungsapparat sowie eine<br />
Liste nützlicher Internetseiten. Nicht das<br />
Sterben sei das Problem, zitiert er eine<br />
britische Ärztin, sondern „festzustellen,<br />
dass man nicht gelebt hat“.<br />
„Was wissen wir über das Sterben?“, heißt<br />
das erste Kapitel. Der Autor beschäftigt<br />
sich ferner mit den Orten, an denen man<br />
zu Tode kommt (Krankenhäuser, Hospize,<br />
zu Hause), mit den Dingen, die der<br />
Mensch am Lebensende benötigt (medizinische<br />
Therapie, psychosoziale Begleitung,<br />
spirituelle Begleitung, allem gemeinsam:<br />
Kommunikation), Vorsorge, Sterbehilfe<br />
und dem „Geschenk der Palliativmedizin“.<br />
Gian Domenico Borasio, Über das Sterben.<br />
Was wir wissen – Was wir tun können –<br />
Wie wir uns darauf einstellen, München:<br />
Beck 2012.207 S., 17,95 Euro<br />
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