19.02.2013 Aufrufe

Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG

Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG

Die Beste Zeit Nr. 16.indd - Druckservice HP Nacke KG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Neue Kunstbücher<br />

Nichts als die Wahrheit<br />

vorgestellt von Thomas Hirsch<br />

Robert Capa, der als Endre Friedmann<br />

1913 in Budapest geboren wurde, ist eine<br />

Legende. Bis heute gilt er als der wichtigste,<br />

vielleicht einzig wirklich bekannteste<br />

Kriegsfotograf, auch weil er selbst seinem<br />

Metier zum Opfer gefallen ist, als er 1954<br />

in Indochina auf eine Mine trat. Capa fotografi<br />

erte für Agenturen den Spanischen<br />

Bürgerkrieg, die japanische Invasion<br />

in China, den Zweiten Weltkrieg und<br />

die Kriege in Palästina und Indochina.<br />

Zu einer <strong>Zeit</strong>, als die Fotokamera noch<br />

schweres Gepäck war, hat Capa Ikonen<br />

der Kriegsberichterstattung geschaffen.<br />

Aber er war auch Lebemann und Frauenheld.<br />

Eine gute, aus dem Französischen<br />

übersetzte und von Knesebeck verlegte<br />

Biographie von Bernard Lebrun und<br />

Michel Lefebvre geht all dem akribisch<br />

Bernard Lebrun, Michel Lefebvre: Auf den<br />

Spuren von Robert Capa, 264 S. mit 200<br />

üwg. s/w-Abb., Hardcover, 26 x 21,5 cm,<br />

Knesebeck, 39,95 Euro<br />

nach und versucht die Widersprüche und<br />

die Konsequenzen herauszuarbeiten. Vor<br />

allem ordnet sie Capa in seine <strong>Zeit</strong> ein<br />

und stellt den kulturellen Kontext her, in<br />

dem sich Capa virtuos bewegte. Und sie<br />

zeigt, dass Capa über die Kriegsberichterstattung<br />

hinaus das gesellschaftliche<br />

Leben und zeitgeschichtliche Ereignisse<br />

meisterlich fotografi ert hat. Das Buch<br />

konzentriert sich auf die <strong>Zeit</strong> in Paris, wo<br />

Capa Wohnsitz und Atelier hatte, welches<br />

nun gesichtet wurde. Hilfreich ist gewiss<br />

auch zu sehen, wie Capas Fotografi en in<br />

den Magazinen publiziert wurden. Schade<br />

ist, dass im Buch die eigentlichen und die<br />

begleitenden Fotografi en gleich behandelt<br />

werden und vor allem deshalb nur wenig<br />

von der Energie der eigentlichen Bilder<br />

rüberkommt. Aber: Gut und lebhaft<br />

geschrieben!<br />

Hier hilft ein anderes Buch weiter.<br />

Robert Capa, 96 S. mit 33 s/w und 10<br />

Farbabb., Hardcover, 36 x 26,5 cm, Stern<br />

Portfolio <strong>Nr</strong>. 66. TeNeues, 18,- Euro<br />

TeNeues hat in seiner Reihe der Stern<br />

Portfolio zu den großen Fotografen nun<br />

den Band zu Robert Capa aufgelegt. Dort<br />

ist Robert Capa nahezu ausschließlich<br />

Kriegsberichterstatter. <strong>Die</strong> Bilder haben<br />

nun die Größe und Wucht, um etwas von<br />

dem Schockierenden zu vermitteln, das<br />

sie zum <strong>Zeit</strong>punkt ihrer Veröffentlichung,<br />

inmitten der Konfl ikte, zweifelsohne<br />

besaßen. Zumal durch die doppelseitigen<br />

Aufnahmen erschließt sich, was die Qualität<br />

von Capas Fotos ausmacht, die genau<br />

die Sekunde festhalten, die berührt. Und<br />

in anderen Aufnahmen wendet er sich<br />

den Details am Rande zu. Beide Bücher<br />

zusammen runden das Wissen um Capa.<br />

Vielleicht ist der Schweizer Fotograf und<br />

Maler Jakob Tuggener (1904-1988) in<br />

seiner Intensität dem verwandt. Seine<br />

s/w-Bildfolge „Fabrik“ enthält nicht nur<br />

Maschinen- und Fabrikaufnahmen sondern<br />

zeigt auch die Arbeiter in ganzseitigen<br />

Porträts sowie Ansichten der Natur,<br />

und zwar in einer expressiv subjektiven<br />

Bildsprache, die etwas unterschwellig<br />

Bedrohliches besitzt: Es war das Jahr 1943<br />

und die Schweiz produzierte unbehelligt<br />

Waffen für den Zweiten Weltkrieg. Tuggener<br />

hat riesige Zahnräder aus der Nähe<br />

aufgenommen, eine Lokomotive verschwindet<br />

im Rauch, die hoch aufragende<br />

Backsteinfront einer Fabrikhalle nimmt<br />

das ganze Format ein. Aber plötzlich<br />

bahnt sich die Gischt eines Gebirgsbaches<br />

einen Weg zwischen den Felsen.<br />

<strong>Die</strong> Dramaturgie ist – wie die Bilder<br />

selbst – meisterlich. Aber kaum jemand<br />

in der Schweiz wusste beim Erscheinen<br />

die Kritik zu verstehen, schon bald geriet<br />

das Buch in Vergessenheit. Großartig,<br />

dass es endlich mit Unterstützung der Jak<br />

Tuggener Stiftung als Faksimile bei Steidl<br />

wieder aufgelegt wurde, schon die Haptik<br />

des Papiers, welche das Schwarz vertieft,<br />

ist ein Genuss.<br />

Tuggener selbst sprach übrigens von einem<br />

„Bildepos“, das und seine Hinwendung<br />

zu Fragen der Zivilisation hat er mit dem<br />

so ganz anderen Künstler Dan Graham<br />

gemeinsam. <strong>Die</strong> Fotografi e ist der<br />

wahrscheinlich am wenigsten bekannte<br />

Teil von Grahams Werk, das vor allem<br />

Objekte, Installationen und popkultur-<br />

und gesellschaftsanalytische Texte umfasst.<br />

Jak Tuggener, Fabrik, Ein Bildepos der<br />

Technik, 104 S. mit 95 s/w Abb., Leinen<br />

mit Schutzumschlag, 30 x 22 cm, Steidl,<br />

Faksimile der Originalausgabe von 1943,<br />

65,- Euro<br />

51

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!