Getrennte Brüder finden zusammen - bruederbewegung.de
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Andreas Liese: 1937 – ein Schicksalsjahr <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen <strong>Brü<strong>de</strong>r</strong>bewegung 17<br />
Gespräche mit <strong>de</strong>n Freien evangelischen Gemein<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r »Christlichen Versammlung« und <strong>de</strong>n KcG<br />
aufzunehmen. 57<br />
Paul Schmidt trat dann in Kontakt mit Ernst Brockhaus und besuchte ihn ungefähr 10–14 Tage vor<br />
<strong>de</strong>m Verbot <strong>de</strong>r »Christlichen Versammlung« in Wuppertal-Elberfeld. 58 Schmidt berichtete, Brockhaus<br />
habe ausgeführt, dass auch ihn schon ähnliche Gedanken bewegt hätten und er auch mit seinem<br />
Vetter Wilhelm Brockhaus bereits darüber konferiert habe. Ernst Brockhaus habe die Absicht bekun<strong>de</strong>t,<br />
die Gesprächsergebnisse auf <strong>de</strong>r nächsten Gebetskonferenz <strong>de</strong>r Reisebrü<strong>de</strong>r vorzutragen. Er<br />
zweifle nicht, dass sie sich seiner Meinung über ein Zusammengehen anschließen wür<strong>de</strong>n, wobei<br />
sowohl an einen äußeren als auch an einen inneren Zusammenschluss gedacht sei (Baptisten, »Geschlossene<br />
<strong>Brü<strong>de</strong>r</strong>«, KcG, Freie evangelische Gemein<strong>de</strong>n).<br />
Daran wird <strong>de</strong>utlich, dass Ernst und Wilhelm Brockhaus – von <strong>de</strong>nen Letzterer zu <strong>de</strong>n »Lehrautoritäten«<br />
<strong>de</strong>r »Christlichen Versammlung« gehörte – zu diesem Zeitpunkt die darbystische Abson<strong>de</strong>rungsdoktrin<br />
schon hinter sich gelassen hatten und mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r bereit waren, wie auch immer<br />
geartete Beziehungen zu <strong>de</strong>n freikirchlichen Gruppen, zu <strong>de</strong>nen sich die »Christliche Versammlung«<br />
bis jetzt nicht gezählt hatte, aufzunehmen. 59<br />
Nach einem kurzen Moment <strong>de</strong>s Erschreckens – das Verbot <strong>de</strong>r »Christlichen Versammlung«<br />
hatte die Freikirchen schockiert – gingen die Einigungsbemühungen mit neuer Intensität weiter. So<br />
äußerte sich im Mai 1937 – noch vor <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>s BfC – Ernst Lange in einer Abhandlung »Gedanken<br />
über die Einigungsvorschläge <strong>de</strong>r Baptisten« positiv zu <strong>de</strong>n baptistischen Vorschlägen. 60<br />
Wenn eine solche Verbindung von <strong>de</strong>r Regierung geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>, sei das als »ein Eingreifen Gottes<br />
zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s einheitlichen Zeugnisses« zu begreifen. Eine Erleichterung <strong>de</strong>r Position im NS-<br />
Staat durch »die Bildung einer die Zersplitterung überwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Einheitsgemein<strong>de</strong>« sei dankbar<br />
anzunehmen. Der Wunsch nach »Existenzsicherung« kam dann in folgen<strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>utlich zum<br />
Ausdruck: »Wenn etwa das Körperschaftsrecht <strong>de</strong>r Baptisten auch auf die an<strong>de</strong>ren Gemein<strong>de</strong>n ausge<strong>de</strong>hnt<br />
wird, so wür<strong>de</strong> ich das ebenso selbstverständlich gerne annehmen, wie ich bei einem Regenschauer<br />
<strong>de</strong>n Regenschirm eines Bru<strong>de</strong>rs gern mitbenütze, wenn ich selbst keinen haben sollte.« Diese<br />
Begründung wirkte ambivalent: Wenn die Einigungsbemühungen von staatlicher Seite forciert wer<strong>de</strong>n<br />
sollten, sei das als ein »Eingreifen Gottes« zu begrüßen – Lange führte an dieser Stelle noch an,<br />
dass die Regierung ja von Gott eingesetzt sei, ihr Han<strong>de</strong>ln hätte dann an diesem Punkt einen noch<br />
höheren Grad von Legitimation –; auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite jedoch gingen gera<strong>de</strong> von dieser Regierung<br />
Gefahren aus, <strong>de</strong>nen gegenüber man sich gemeinsam schützen müsse. 61<br />
Es scheint so, dass die Planungen schon weit fortgeschritten waren. So hatte Paul Schmidt an Lange<br />
geschrieben, dass die Baptisten bald eine Konferenz einberufen wollten, auf <strong>de</strong>r Vertreter dieser vier<br />
Gruppen »die tatsächliche Vereinigung beschließen sollen«. 62 Becker vertrat in seiner Gründungsre<strong>de</strong><br />
57 Ebd.<br />
58 Archiv Wie<strong>de</strong>nest, Bestand Bister, Paul Schmidt an Gustav Runkel, 2. April 1947 (Abschrift). Vgl. auch die Äußerung<br />
von Carl Koch auf <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>nester Konferenz 1945: »Anschließend besuchten die <strong>Brü<strong>de</strong>r</strong> Paul Schmidt und<br />
Rockschiess in Elberfeld Bru<strong>de</strong>r Ernst Brockhaus und an<strong>de</strong>re führen<strong>de</strong> <strong>Brü<strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>r ›Christlichen Versammlung‹<br />
und hörten zu ihrer Überraschung, dass hier ähnliche Gedanken <strong>de</strong>r Verbindung mit an<strong>de</strong>ren Gläubigen bereits<br />
besprochen waren« (Privatarchiv Kretzer, Carl Koch, Rückblick und Ausblick [Elberfel<strong>de</strong>r Konferenz 1945], S. 11).<br />
Auf Seiten <strong>de</strong>r »<strong>Brü<strong>de</strong>r</strong>« nahm noch Cronenberg an <strong>de</strong>m Gespräch teil.<br />
59 1932 verhielt Wilhelm Brockhaus sich gegenüber einem Zusammengehen mit <strong>de</strong>n »Offenen <strong>Brü<strong>de</strong>r</strong>n« noch völlig<br />
ablehnend (Archiv Wie<strong>de</strong>nest, Bestand Bister, Wilhelm Birkenstock, Vertrauliche Mitteilungen).<br />
60 Oncken-Archiv Elstal, Bestand Büro <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sdirektors, Ernst Lange, Gedanken zu <strong>de</strong>n Vorschlägen <strong>de</strong>r Baptisten,<br />
26. Mai 1937.<br />
61 Eine ähnliche Argumentation ist dann später bei August Freiherr von We<strong>de</strong>kind in <strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>r Vereinigung<br />
von »Geschlossenen« und »Offenen <strong>Brü<strong>de</strong>r</strong>n« zu beobachten.<br />
62 Archiv Wie<strong>de</strong>nest, Bestand Bister, Ernst Lange an Albert von <strong>de</strong>r Kammer, 27. Mai 1937.