Tätigkeitsbericht 2004/2005 - Max-Planck-Institut für Immaterialgüter ...
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1. Teil:<br />
Forschung des <strong>Institut</strong>s<br />
32<br />
mentars zum Europä ischen Patentübereinkommen<br />
ergründet wurde (Nack).<br />
In der Praxis begann das Europäische Patentamt<br />
indessen, den Schutzausschluss <strong>für</strong> Computerprogramme<br />
enger zu interpretieren; inzwischen<br />
sind um die 30 000 Patente auf sog.<br />
„computerimplementierte Erfi ndungen“ erteilt<br />
worden. Gleichzeitig wurde der urheberrechtliche<br />
Schutz <strong>für</strong> Computerprogramme,<br />
der in der EU durch eine Richtlinie von 1991<br />
harmonisiert worden war, von gewissen Stimmen<br />
<strong>für</strong> ungenügend empfunden. In dieser<br />
Situation wollte die Europäische Kommission<br />
nun mit einer Richtlinie über die Patentierbarkeit<br />
computerimplementierter Erfi ndungen<br />
harmonisierend eingreifen. Der Richtlinienvorschlag<br />
löste heftige Protestwellen aus.<br />
Vor allem die „Open-Source“-Bewegung sah<br />
ihre auf Offenlegung basierenden alternativen<br />
Entwicklungs- und Vertriebsformen von<br />
Soft ware gefährdet; kleine und mittlere Unternehmen<br />
be<strong>für</strong>chteten, die Kosten <strong>für</strong> Pate ntanmeldung<br />
und -verteidigung auf Dauer nicht<br />
tragen zu können.<br />
Das <strong>Institut</strong> befasste sich zwar seit Jahren<br />
mit Fragen der Patentierung computerimplementierter<br />
Erfi ndungen (Nack, Straus),<br />
verfolgte aber diese teilweise sehr politisch<br />
und emotional geführte Debatte zunächst<br />
aus einer gewissen Distanz. Als sich die Diskussion<br />
zuspitzte und sich insbesondere die<br />
konträren Positionen von Rat und Europäischem<br />
Parlament abzuzeichnen begannen,<br />
veröffentlichten <strong>Institut</strong>sangehörige eine<br />
Grundsatzarbeit auf Englisch und Französisch<br />
(Geiger, Hilty). Hinterfragt wird das<br />
Phänomen Software dabei zum einen anhand<br />
der gegenwärtigen rechtlichen Eckwerte,<br />
insbesondere der Schutzvoraussetzung des<br />
Nichtnaheliegens, aber auch dem Gültigkeitserfordernis<br />
der Offenlegung im Rahmen<br />
der Patentanmeldung, welche bei diesem<br />
speziellen Schutzgegenstand keineswegs gewährleistet<br />
ist. Zum andern werden sozioökonomische<br />
Faktoren und Erkenntnisse refl<br />
ektiert, so namentlich die USA betreffende<br />
Untersuchungen, wonach seit der Gewährung<br />
von patentrechtlichem Schutz die Investitionen<br />
in Forschung und Entwicklung in<br />
diesem Bereich zugunsten von Aufwendungen<br />
<strong>für</strong> Patentstreitigkeiten deutlich zurückgegangen<br />
sind. Abgerundet wird der Beitrag<br />
mit einer Diskussion denkbarer Handlungsoptionen,<br />
von Änderungen in der Praxis der<br />
Patenterteilung sowie der Patentgesetzgebung<br />
bis hin zu alternativen Schutzinstrumenten,<br />
welche den Eigenheiten der Software<br />
besser Rechnung zu tragen in der Lage<br />
wären. Beteiligt war das <strong>Institut</strong> schließlich<br />
auch an der letzten Anhörung im Rechtsausschuss<br />
des Europäischen Parlaments (Hilty),<br />
bevor der vorgeschlagene Richtlinienentwurf<br />
durch die überwältigende Ablehnung im Plenum<br />
des Europäischen Parlaments endgültig<br />
scheiterte.<br />
Mit dieser Ablehnung sind die anstehenden<br />
Fragestellungen freilich nicht gelöst. Das<br />
Europäische Patentamt verfolgt seine Praxis<br />
ebenso weiter wie andere Patentämter, und<br />
der allgemeine Kenntnisstand über die tatsächlichen<br />
Zusammenhänge – und insbesondere<br />
auch zu den Schnittstellen zum<br />
Schutz von Geschäftsmethoden – ist nach<br />
wie vor gering. Vor diesem Hintergrund wurde<br />
im <strong>Institut</strong> im Berichtszeitraum nicht nur<br />
weiterhin über die Vor- und Nachteile von<br />
Urheber- und Patentschutz nachgeforscht<br />
(Chkhitunidze, Esteve); gestartet worden<br />
sind vielmehr zwei weitere Dissertationsvorhaben.<br />
Das eine untersucht die Rechtslage<br />
und -praxis der Patentierung von Geschäftsmethoden<br />
in den USA, Japan und Europa<br />
unter dem Aspekt der potentiellen Auswirkungen<br />
auf den Dienstleistungssektor<br />
(Moglia). Einleitend wird hier eine einheitliche<br />
Defi nition <strong>für</strong> den branchenabhängig<br />
unterschiedlich verwendeten Begriff „Geschäftsmethode“<br />
herausgearbeitet, die eine<br />
vergleichende Analyse erst ermöglicht. Im<br />
Blickpunkt der Aufmerksamkeit steht insbesondere<br />
die Frage nach den tatsächlichen<br />
Implikationen, die die liberale Patentierungspraxis<br />
in den USA hat, und welche Schlüsse<br />
hieraus <strong>für</strong> den europäischen Gesetzgeber<br />
zu ziehen sind. Dabei stellt sich jedoch nicht<br />
nur die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen<br />
Ideen und Dienstleistungen unabhängig<br />
von der Nutzung eines Computers<br />
patentfähig sein sollen, sondern auch, ob angesichts<br />
der Gewährung des Patentschutzes<br />
<strong>für</strong> Geschäftsmethoden in den USA ein Patentschutz<br />
in Europa aus globalökonomischen<br />
Erwägungen notwendig ist. Eine Kernfrage<br />
in diesem Zusammenhang ist, wie viele<br />
neue Produkte europäische Dienstleistungsunternehmen<br />
(wie beispielsweise Versicherungen,<br />
Banken und Logistikunternehmen)<br />
im Vergleich zu amerikanischen entwickelt<br />
haben und welche ökonomischen Folgen