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Tätigkeitsbericht 2004/2005 - Max-Planck-Institut für Immaterialgüter ...

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III. Gesellschaftsrecht<br />

1. Gesellschafterhaftung im deutschen<br />

und europäischen Gesellschaftsrecht<br />

Im vorstehenden Abschnitt ist geschildert<br />

worden, in welcher Weise in der Abteilung<br />

die Auswirkungen der modernen internationalen<br />

Bilanzregeln auf die steuerliche Gewinnermittlung<br />

untersucht werden. Nicht<br />

minder wichtig sind die Effekte dieser neuen<br />

Rechnungslegungsprinzipien im Bereich des<br />

Gesellschaftsrechts. Während die klassische<br />

HGB-Bilanz in erster Linie Zwecken des<br />

Gläubigerschutzes diente und daher auch<br />

auf „vorsichtige“ Bilanzgrundsätze angelegt<br />

war, steht unter dem Druck der Kapitalmärkte<br />

inzwischen die Informationsfunktion im<br />

Vordergrund, welche eher auf eine symmetrische<br />

Darstellung der Wertentwicklung abzielt.<br />

Dies hat die Frage aufgeworfen, ob und<br />

in welchem Umfang der Schutz des bilanziellen<br />

Kapitals als Haftungsfonds <strong>für</strong> die<br />

Gläubiger überhaupt noch ein zukunftsfähiges<br />

Konzept darstellt. Diese Problematik<br />

wird durch mehrere Gesichtspunkte verschärft:<br />

In der Wissenschaft zeigen sich (unter<br />

Beachtung von Entwicklungen in den<br />

USA) erhebliche Zweifel an der Tragfähigkeit<br />

des Kapitalschutzsystems, im europäischen<br />

Gesellschaftsrecht drängen auf der<br />

Grundlage der Rechtsprechung des EuGH<br />

zunehmend ausländische, schwach oder gar<br />

nicht kapitalisierte Unternehmen auf den<br />

deutschen Markt, und schließlich wird auch<br />

in der deutschen Praxis das komplizierte gesellschaftsrechtliche<br />

<strong>Institut</strong> der Kapitalaufbringung<br />

und Kapitalerhaltung zunehmend<br />

als belastend empfunden.<br />

Bereits im Jahre <strong>2004</strong> konnte am <strong>Institut</strong> ein<br />

erster gesetzgeberischer Vorschlag zur Bewältigung<br />

dieser Problematik entwickelt werden<br />

(Schön). Ausgangspunkt war die Erkenntnis,<br />

dass unter der Überschrift des „Kapitalschutzes“<br />

drei funktional unterschiedliche<br />

Elemente zusammengefasst werden, die je<br />

<strong>für</strong> sich zu würdigen und fortzuentwickeln<br />

sind: das gesetzliche Mindestkapital als solches,<br />

die Regeln über Kapitalaufbringung<br />

und -erhaltung (die an das jeweils gezeichnete<br />

Kapital auch unabhängig von der Existenz<br />

einer gesetzlichen Mindestsumme anknüpfen)<br />

und schließlich die Sperre von Ausschüttungen<br />

auf der Grundlage einer stetig fortgeschriebenen<br />

„vorsichtigen“ Handelsbilanz.<br />

Vor diesem Hintergrund wurde angeregt, einerseits<br />

das gesetzliche Mindestkapital ganz<br />

aufzugeben (oder auf den symbolischen Betrag<br />

von 1 € herabzusetzen), andererseits die<br />

Unternehmen zu verpfl ichten, den Betrag<br />

des Kapitals im Geschäftsverkehr kenntlich<br />

zu machen, um anderen Marktteilnehmern<br />

eine informierte Entscheidung über die Aufnahme<br />

rechtsgeschäftlicher Kontakte zu ermöglichen.<br />

Zugleich sollte gesichert bleiben,<br />

dass bei der freiwilligen Wahl eines höheren<br />

Kapitalbetrages auf dessen Aufbringung und<br />

Erhaltung die bewährten Regeln Anwendung<br />

fi nden. Dieser Vorschlag aus dem <strong>Institut</strong><br />

wurde vom Bundesministerium der Justiz<br />

aufgegriffen und in einen (inoffi ziellen) Vorentwurf<br />

überführt, der inzwischen (wenn<br />

auch in modifi zierter Form: Das Mindestkapital<br />

wird von 25.000 € auf 10.000 € herabgesetzt.)<br />

zu einem förmlichen Gesetzesvorschlag<br />

herangereift ist.<br />

Diese Reformfragen beschränken sich nicht<br />

auf das deutsche Bilanz- und Gesellschaftsrecht,<br />

sondern werden gleichermaßen auf<br />

europäischer Ebene diskutiert. Im Raum<br />

steht eine Aufweichung oder Abschaffung<br />

der Kapital-Richtlinie der Europäischen<br />

Gemeinschaft, welche das traditionelle Kapitalschutzsystem<br />

<strong>für</strong> die Rechtsform der<br />

Aktiengesellschaft den Mitgliedstaaten der<br />

Europäischen Gemeinschaft zwingend vorschreibt.<br />

Die High-Level-Group der Europäischen<br />

Kommission zu Fragen des Gesellschaftsrechts<br />

hat eine solche Reform<br />

angeregt, die Kommission hat dies mittelfristig<br />

in den Blick genommen. Zugleich sind im<br />

Vereinigten Königreich sowie in einigen anderen<br />

Ländern Gesetzesinitiativen im Gang,<br />

welche außerhalb des harmonisierten Feldes<br />

zu einem Rückzug aus dem überkommenen<br />

Recht führen sollen. Dies gab Anlass zu einer<br />

gemeinsamen Initiative mit der Ludwig-<br />

<strong>Max</strong>imilians-Universität München (Prof.<br />

Dr. Eidenmüller), die führende Vertreter<br />

der europäischen Diskussion (vor allem aus<br />

dem Vereinigten Königreich) in ein gemeinsames<br />

Gespräch über die künftige Gesellschaftsrechtspolitik<br />

bringen sollte. Im Rahmen<br />

einer international besetzten Konferenz<br />

im Dezember <strong>2005</strong> gelang es, die wesentlichen<br />

Streitfragen zu identifi zieren und sie im<br />

innereuropäischen Dialog (unterstützt durch<br />

Professoren führender US-Universitäten)<br />

voranzutreiben. Dabei wurde insbesondere<br />

die Ausgestaltung situativer Ausschüttungs-<br />

<strong>Tätigkeitsbericht</strong><br />

<strong>2004</strong>/<strong>2005</strong><br />

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