Tätigkeitsbericht 2004/2005 - Max-Planck-Institut für Immaterialgüter ...
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1. Teil:<br />
Forschung des <strong>Institut</strong>s<br />
78<br />
alität der Finanzmärkte fest, dass der Kapitalmarkt<br />
und vor allem die Rechnungslegung<br />
nicht informationseffi zient arbeiten, dann<br />
sprechen gute Gründe da<strong>für</strong>, es sowohl im<br />
Handels- als auch im Steuerrecht bei „vorsichtigen“<br />
Bilanzregeln zu belassen, welche<br />
aus der Sicht der Gesellschafter, der Gläubiger<br />
und des Fiskus einen Abfl uss von Vermögenswerten<br />
erst bei objektivierter Realisierung<br />
von Gewinnen am Markt zulassen.<br />
Diese Erkenntnisse wurde nicht nur im Inland<br />
in Publikationen und Vorträgen der<br />
Fachwelt vorgestellt, es ergab sich vielmehr<br />
auch die Möglichkeit, dies einem ausländischen<br />
Publikum zur Kenntnis zu bringen,<br />
z. B. durch Vorträge auf der Jahresversammlung<br />
<strong>2004</strong> der European Association of Tax<br />
Law Professors in Paris oder im Rahmen der<br />
David-Tillinghast-Lecture der New York<br />
University <strong>2004</strong>. Die Europäische Kommission<br />
hat die Abteilung aufgefordert, die dort<br />
durchgeführten Studien zu einer Harmonisierung<br />
der europäischen Bemessungsgrundlage<br />
zu begleiten. Diese Studien werden weiterhin<br />
in die Jahrestagung 2007 der European<br />
Association of Tax Law Professors in Helsinki<br />
im Rahmen einer Arbeitsgruppe einfl ießen.<br />
Im deutschen Schrifttum werden die<br />
hier erarbeiteten Studien in umfangreichen<br />
Rezensionen als wichtige Grundlage der weiteren<br />
Fachdiskussion gewürdigt.<br />
2. Unternehmensinformation und Wettbewerbsschutz<br />
(Gemeinschaftsprojekt)<br />
Im Anschluss an die vorstehend geschilderten<br />
Arbeiten zum Handels- und Steuerbilanzrecht<br />
wurde im Jahre <strong>2004</strong> ein neues<br />
Gemeinschaftsprojekt der Abteilung Rechnungslegung<br />
und Steuern aufgenommen,<br />
welches das Verhältnis von Unternehmensinformation<br />
und Wettbewerbsschutz zum Gegenstand<br />
hat und damit zugleich Bezüge zu<br />
den Arbeitsgebieten des geistigen Eigentums<br />
und des Wettbewerbsrechts aufweist. Ausgangspunkt<br />
dieser Fragestellung ist der Umstand,<br />
dass Unternehmen, die den in Europa<br />
sehr weitreichend ausgestalteten Offenlegungspfl<br />
ichten des Handels-, Gesellschafts-<br />
und Kapitalmarktrechts ausgesetzt sind, damit<br />
rechnen müssen, dass ihre Informationen<br />
nicht nur potentiellen und aktuellen Investoren<br />
oder Gläubigern, sondern auch Konkurrenten,<br />
Zulieferern oder Abnehmern zur<br />
Kenntnis gelangen. Dies kann zu Nachteilen<br />
im Wettbewerb <strong>für</strong> offenlegungspfl ichtige<br />
Unternehmen führen. Daher stellt sich die<br />
Frage nach einem Interessenabgleich zwischen<br />
der Publizitätspfl icht von Gesellschaften<br />
und dem traditionell anerkannten Schutz<br />
von Geschäftsgeheimnissen und anderen<br />
wettbewerbsrelevanten Faktoren.<br />
Diese Arbeit wurde von der Abteilung nicht in<br />
erster Linie rechtsvergleichend, sondern mit<br />
Blick auf die wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Grundlagen der Informationsökonomik und<br />
der Kapitalmarkttheorie in Angriff genommen.<br />
In einem ersten Schritt ging es darum,<br />
die Marktmechanismen zu identifi zieren, denen<br />
das offenlegungspfl ichtige Unternehmen<br />
einerseits auf dem Kapitalmarkt und andererseits<br />
auf dem Produktmarkt ausgesetzt ist.<br />
Da<strong>für</strong> ist es erforderlich, den Zustand ohne<br />
Regulierung zu betrachten und das freiwillige<br />
Publizitätsverhalten von Gesellschaften zu<br />
analysieren. Ein Blick auf die ökonomischen<br />
Gesetzmäßigkeiten (vor allem aus dem Fach<br />
der Spieltheorie) zeigt, dass zwar eine Tendenz<br />
zur freiwilligen Offenlegung von kapitalmarktrelevanten<br />
Daten besteht, um dort gegebene<br />
Informationsasymmetrien abzubauen<br />
(„unraveling“), dass aber andererseits Informationskosten<br />
diesen Offenlegungsprozess<br />
bremsen und damit die Informationseffi zienz<br />
des Kapitalmarkts stören können. Zu diesen<br />
Kosten gehören in vorderster Reihe auch<br />
„competitive costs“, die durch Wettbewerbsnachteile<br />
am Produktmarkt entstehen können.<br />
Wichtige Fallgruppen sind der Wertverlust<br />
technischer oder geschäftsstrategischer<br />
Innovationen sowie die Auslieferung gegenüber<br />
mächtigen Marktteilnehmern im Preiswettbewerb.<br />
Andererseits können auch auf<br />
dem Wege über bilanzrechtliche Publizität<br />
zwischen konkurrierenden Unternehmen Signale<br />
ausgetauscht werden, deren freiwillige<br />
Weitergabe als kartellrechtswidriges „abgestimmtes<br />
Verhalten“ gewertet werden müsste.<br />
Ob diese Störungen der freiwilligen Offenlegung<br />
am Kapitalmarkt durch Effekte am Produktmarkt<br />
im Wege einer öffentlichen Regulierung<br />
behoben werden müssen, kann nicht<br />
leicht beantwortet werden, weil schwer festzustellen<br />
ist, ob die Vorteile einer Pfl ichtpublizität<br />
<strong>für</strong> den Kapitalmarkt durch die Nachteile<br />
<strong>für</strong> den Produktmarkt aufgehoben<br />
werden oder nicht. Hier kann auf vergleichbare<br />
Fragestellungen aus den USA zum Wettbewerb<br />
der Finanzmarktregulierer zurückgegriffen<br />
werden (Schön).