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«Ich höre oft, ich sei mutig, dass ich hier arbeite. Die Leute<br />

denken immer, in Malévoz habe es «Verrückte»», amüsiert<br />

sich Elsa Maria, die seit sechs Jahren im Hausdienst der<br />

Psychiatrischen Institutionen des Mittel- und Unterwallis<br />

arbeitet. «Doch hier leben Patientinnen und Patienten und<br />

sie werden behandelt. Meiner Meinung nach gibt es draussen<br />

viel mehr «Verrückte»…»<br />

Als Elsa Maria vor sieben Jahren kurz nach ihrem Mann in<br />

die Schweiz kam, deutete nichts darauf hin, dass sie einmal<br />

in einem Spital oder gar in einer psychiatrischen Klinik<br />

arbeiten würde. «Als ich in einer Bäckerei in Champéry<br />

arbeitete, erfuhr ich, dass eine Stelle frei werde.» Heute<br />

hat sie ihren Platz in den Pavillons von Malévoz gefunden:<br />

«Ich mag meine Arbeit und die Tage vergehen wie im Flug.»<br />

Elsa Maria beginnt ihren Arbeitstag morgens um 7 Uhr<br />

zusammen mit ihren drei Kolleginnen vom Pavillon «Le<br />

Laurier». Zubereitung des Frühstücks, Vorbeigehen in den<br />

Zimmern, Reinigungsarbeiten, Entgegennahme der Mittagessen,<br />

Abwaschen, je nach verbleibender Zeit gründliche<br />

Reinigungsarbeiten – bis zum Ende des Arbeitstags kurz<br />

vor 15.30 Uhr geht die Arbeit nie aus. Und was wie Routine<br />

aussehen mag, ist es nicht wirklich. «Neben unseren<br />

täglichen Aufgaben, die uns von der Leiterin des Hausdienstes<br />

zugeteilt werden, wissen wir nie genau, was uns<br />

erwartet.»<br />

Denn die Hausdienstmitarbeiterinnen verbringen viel Zeit<br />

mit den Patientinnen und Patienten – mehr als die Ärztinnen<br />

und Ärzte und das Pflegepersonal. «Einige Patienten<br />

sind immer um uns und plaudern auch gerne. Ich versuche,<br />

ihnen Geschichten zu erzählen und sie ein wenig zum<br />

Lachen zu bringen. Und oft gelingt mir das auch», freut<br />

Spital Wallis - Geschäftsbericht 2011<br />

sich Elsa. Die Bedeutung dieser sozialen Rolle ist übrigens<br />

anerkannt. Deshalb besuchen die Hausdienstmitarbeiterinnen<br />

regelmässig Kurse, in denen sie lernen, wie sie mit<br />

den Bewohnerinnen und Bewohnern ihres Pavillons richtig<br />

umgehen, reagieren und sprechen.<br />

Im Lauf der Tage und der Aufenthalte entstehen so Beziehungen,<br />

die die Routine durchbrechen. Doch das kann<br />

auch schwierig sein. «Anfangs hatte ich Mühe, klar zwischen<br />

der Arbeit und meinem Privatleben zu trennen»,<br />

erinnert sie sich. «Im Pavillon «Le Rocher» (Anm. der Red.:<br />

die Hausdienstmitarbeiterinnen wechseln alle zwei Jahre<br />

den Pavillon) tanzte ich manchmal mit den älteren Bewohnern,<br />

sie erzählten ihre kleinen Geschichten. Man kommt<br />

sich nahe und es ist immer schmerzhaft, ihre Namen in<br />

einer Todesanzeige in der Zeitung zu lesen. Heute geht es<br />

besser, auch wenn mir bestimmte Situationen noch immer<br />

das Herz zerreissen, zum Beispiel, wenn ich hier junge<br />

Erwachsene sehe», seufzt die Mutter von zwei Töchtern.<br />

«Ich erinnere mich an eine junge Frau, die etwa 20 Jahre<br />

alt war. Jeden Morgen hinterliess sie uns in einem Heft auf<br />

dem Bett eine kleine Nachricht, um uns zu danken. Sie war<br />

reizend und wir antworteten ihr jeweils auch mit ein paar<br />

Worten. An einem Tag, an dem ich frei hatte, erfuhr ich,<br />

dass sie gestorben war. Das machte mich sehr traurig.»<br />

In solchen schwierigen Situationen können sich die Hausdienstmitarbeiterinnen<br />

an einen Spezialisten wenden.<br />

«Das hilft uns auch, nicht alles nach Hause mitzunehmen.»<br />

Oder nur die positiven Seiten zu behalten, die bei<br />

Weitem überwiegen, wenn man dem Lächeln von Elsa<br />

Maria glaubt. Sie ist stolz auf sich und freut sich «jeden<br />

Tag», dass sie sich vor sechs Jahren für Malévoz entschieden<br />

hat.<br />

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