Erinnern und Verstehen â Schwerpunkte einer nachhaltigen ...
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ders die Geschichts- <strong>und</strong> Religionsbücher dringend<br />
der Überarbeitung bedurften, was immer<br />
wieder von den Erzieherausschüssen gegenüber<br />
der Konferenz der Kultusminister angemahnt<br />
wurde. Ein Teilnehmer auf <strong>einer</strong> Sitzung des Erzieherausschusses<br />
formulierte es so: »Unsere<br />
Geschichtsbücher für den Schulgebrauch sind<br />
Pflegestätten der Geschichtslügen.« Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> war es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass<br />
immer wieder Schändungen von jüdischen Friedhöfen<br />
bis hin zu Raub <strong>und</strong> Schändung des Betsaals<br />
der Düsseldorfer Synagogengemeinde im<br />
Februar 1956 <strong>und</strong> in der Nacht vom 24. zum 25.<br />
Dezember 1959 die mit Hakenkreuzen <strong>und</strong> antisemitischen<br />
Parolen beschmierte Synagoge in<br />
Köln <strong>und</strong> ein sich steigernder Antisemitismus in<br />
den darauf folgenden Wochen für Schlagzeilen<br />
sorgten. 29<br />
Beachtung hat dies nicht nur in der deutschen<br />
Presse, sondern wie Mr. Slawson vom American<br />
Jewish Committee in einem Gespräch am 8. Juli<br />
1959 mit einigen Vertretern des Erzieherausschusses<br />
feststellt, auch in den USA gef<strong>und</strong>en. 30<br />
Slawson fragte in diesem Gespräch nach, auf<br />
welche Weise der Erzieherausschuss <strong>und</strong> die<br />
Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit<br />
dem Antisemitismus begegnen.<br />
Konsequenzen<br />
Dem Andenken der Opfer verpflichtet, galt es in<br />
den GCJZ <strong>und</strong> dem DKR, Anstrengungen zu unternehmen,<br />
den Mechanismus der Intoleranz zu<br />
durchbrechen <strong>und</strong> Wege zur Toleranz aufzuzeigen,<br />
um Gr<strong>und</strong>lagen zu schaffen für ein menschliches<br />
Mit- <strong>und</strong> Füreinander. Es kommt, so Adorno<br />
1959 auf der Erziehertagung, »wohl wesentlich<br />
darauf an, in welcher Weise das Vergangene vergegenwärtigt<br />
wird; ob man beim bloßen Vorwurf<br />
stehen bleibt oder dem Furchtbaren standhält<br />
durch die Kraft, es selbst noch zu begreifen. Dazu<br />
bedürfte es freilich <strong>einer</strong> Erziehung der Erzieher«.<br />
31 Zugleich bedarf es <strong>einer</strong> demokratischen<br />
Pädagogik. »Vor allem muss Aufklärung über das<br />
Geschehene einem Vergessen entgegenarbeiten,<br />
das nur allzu leicht mit der Rechtfertigung des<br />
Vergessenen sich zusammenfindet.« 32<br />
Bereits 1951 sprach sich Adorno dafür aus, dass<br />
man Menschen, bei denen man auf konkreten<br />
Antisemitismus stößt, dazu bringen muss, »über<br />
sich selbst zu reflektieren, d.h. zu den Dingen zu<br />
kommen, die diese Haltung verursacht haben«. 33<br />
epd-Dokumentation 3/2005 9<br />
Und weiter heißt es im Protokoll bezüglich der<br />
erzieherischen Aufgabe: »Wenn außerdem in der<br />
Erziehung während der ersten Schuljahre die<br />
modernsten psychologischen Hilfsmittel angewendet<br />
werden <strong>und</strong> eine Klassengemeinschaft<br />
gebildet wird, die keine Vorurteile aufkommen<br />
lässt, so ist damit eine Schlüsselforderung für die<br />
Bekämpfung des Antisemitismus erfüllt, die deshalb<br />
wirksam ist, weil sie den Antisemitismus<br />
von s<strong>einer</strong> realen Wurzel bekämpft.« 34<br />
Diese Überlegungen wurden durch den Vortrag<br />
von Ministerialdirektor Hugo Fre<strong>und</strong>, der das<br />
Modell der Gruppenarbeit vorstellt, vertieft. Er<br />
beschrieb die Möglichkeiten <strong>und</strong> die psychologischen<br />
Gesetzmäßigkeiten von Gruppenprozessen,<br />
wo Teilnehmer ihr eigenes Verhalten in einem<br />
neuen Licht sehen <strong>und</strong> so zur Korrektur einzelner<br />
Verhaltensweisen angeregt werden. In der anschließenden<br />
Diskussion <strong>und</strong> in den Arbeitsgruppen<br />
setzte man sowohl die Hoffnung auf die Zusammenarbeit<br />
mit der »Junglehrerschaft«, der<br />
sowohl entsprechende Literatur als auch Fortbildungen<br />
angeboten werden sollten, als auch darauf,<br />
dass die pädagogische, psychologische <strong>und</strong><br />
soziologische Aus- <strong>und</strong> Fortbildung die Lehrer<br />
befähigen sollte, »der Bildung von Vorurteilen<br />
vorzubeugen <strong>und</strong> bestehende auszuräumen. Vor<br />
allem aber gilt es, ein pädagogisches Klima zu<br />
schaffen, das Lehrer, Schüler <strong>und</strong> Eltern umfängt.<br />
Entfremdung <strong>und</strong> Isolierung dürfen nicht aufkommen,<br />
sondern ein Geborgensein muss alle<br />
umfangen. Projektion von Fremdheit, Gegensätzlichkeit<br />
<strong>und</strong> Hass als Quelle für die Bildung von<br />
Vorurteilen können so vermieden werden.« 35<br />
Vertieft werden die Erklärungen von Adorno <strong>und</strong><br />
Fre<strong>und</strong> auch in den sich anschließenden Arbeitsgruppen,<br />
die der Fragestellung »Zur Behandlung<br />
der Judenfrage in der Erziehung« bzw. dem Thema<br />
»Antisemitismus <strong>und</strong> seine Überwindung«<br />
nachgegangen sind. U.a. wurde von den Teilnehmenden<br />
gefordert, »dass alle Jugend- <strong>und</strong><br />
Erwachsenen-Erzieher in der Gruppenpsychologie<br />
<strong>und</strong> -Technik ausgebildet werden: antijüdische<br />
Vorkommnisse, die wegen ihrer Bedeutung nicht<br />
übergangen werden können, sind konkrete Gelegenheiten,<br />
den Lehrer zu klaren Stellungnahmen<br />
<strong>und</strong> Belehrung zu veranlassen«. 36<br />
Ein Jahr später, im November 1953, wurde eine<br />
Resolution an die Kultusministerkonferenz zur<br />
Bekämpfung von Vorurteilen veröffentlicht. Hier<br />
heißt es u.a. »Aufklärung über Gruppenvorurteile<br />
auf dem Wege über Schulen, Hochschulen, Jugendorganisationen,<br />
Einrichtungen der Erwachsenenbildung,<br />
besonders der Lehrerbildung <strong>und</strong>