Postgeschichte Oberursel - Verein für Geschichte und Heimatkunde ...
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…Die unteren Räume dienten als Amtsräume, <strong>und</strong> im oberen Stockwerk waren die Verwaltung sowie die<br />
Fernsprecheinrichtungen, die Wohnung der Posthalterfamilie 94 war im Dachgeschoß. (ist hier falsch gesagt. Die<br />
Wohnung war <strong>für</strong> den Postamtsvorsteher gedacht <strong>und</strong> auch genutzt.) Auf der linken Seite des Hauses, zur<br />
Oberhöchstadter Straße hin, befand sich der Eingang zu den Amtsräumen, die über fünf Stufen zu erreichen<br />
waren. (Es gab nur ein Raum <strong>für</strong> das Publikum). Die Fenster waren im Untergeschoß alle mit Eisenstäben vergittert.<br />
Über einen Vorraum (Windfang) kam man durch eine Pendeltür in den Schalterraum, in dem sich meist eine<br />
Menge Menschen aufhielt. Sie standen in Schlangen vor den drei Schaltern, hinter denen das Klicken der<br />
Poststempel (!) <strong>und</strong> das dumpfe Dröhnen der Entwertungsstempel (!!!) zu vernehmen war. Die Schalter<br />
hatten kleine, in Holz gefasste Glasfenster, die bei Schalterschluß oder bei Abwesenheit der<br />
Diensthabenden heruntergelassen werden konnten. Dahinter waren zumeist Frauen, da die Männer<br />
während des Krieges fast alle eingezogen waren. ( Gilt nur <strong>für</strong> die Zeit des Krieges <strong>und</strong> danach. Bereits früher waren<br />
Frauen im Postdienst tätig, man denke nur an die „Drahtamseln, die Fräulein´s von Dienst.). An der Rückseite des Postamtes,<br />
die dem Taunus zugewandt ist, War der Paketschalter, der zur Entgegennahme von schweren Paketen<br />
niedriger angebracht war, so dass sich der Postbeamte bücken musste, wenn er sich den Einliefernden<br />
anschauen wollte. Dies erleichterte ihm aber die Entgegennahme schwerer Pakete. Die Paketpost wurde in<br />
eine große Gitterbox gesetzt <strong>und</strong> wartete dort auf den Weitertransport mit dem Auto, das im Hof des<br />
Postamts, dem heutigen Parkplatz der Volkshochschule, beladen wurde, um zum Reichsbahnhof <strong>Oberursel</strong><br />
gebracht zu werden. Die ankommende Post musste im Bahnhof auf dem Bahnsteig abgeholt werden, kam<br />
dann zum Postamt <strong>und</strong> wurde hier verteilt. Da man mit dem postalischen Drückkarren nicht durch die<br />
Unterführung fahren konnte, lagen an die Schienen entsprechende Holzpodeste <strong>und</strong> davor eine Schranke,<br />
die vom diensthabenden Fahrkartenkontrolleur (hier wieder falsch: muss Fahrdienstleiterheißen) geöffnet wurde, so<br />
dass der Wagen durch das Hoftor fahren konnte.(Der Postwagen fuhr bis in den Bahnhofshof, von da an wurde die Post mit<br />
dem Drückkarren zum Bahnsteig <strong>und</strong> zurück befördert). Obwohl die Fahrten des Postillons mit dem Schaffner Wilhelm<br />
Pauly bereits 1929 – zum allgemeinen bedauern der <strong>Oberursel</strong>er – eingestellt wurden. (Es gab auch damals kein<br />
Postillon in <strong>Oberursel</strong>/Ts.), griff man nach dem Krieg wieder auf eine solche Lösung zurück. Für kurze Zeit wurden<br />
die Postsendungen wieder mit einem von Pferden gezogenen Paketwagen durch den <strong>Oberursel</strong>er Bernhard<br />
Krämer, später durch Herrn Meister zugestellt.(Hier ausschließlich nur die Paketpost). Lange war an der Hofeinfahrt<br />
zur Post noch der Haken zu sehen, an dem die Pferde festgeb<strong>und</strong>en wurden. Briefe konnte man entweder in<br />
die gusseisernen, gelben Postkästen (in der Zeit die hier beschrieben wurde waren die Briefkästen seit 1934 rot in<br />
<strong>Oberursel</strong>/Ts, erst 1946 wurden die Briefkästen in Deutschland gelb..) einwerfen, wenn sie besonders eilig waren, auch in<br />
den Briefkasten am Bahnhof, von wo sie dann direkt in den Postwagen der Eisenbahn kamen. Eine<br />
Schalterbeamtin (es gab auch Schalterbeamte) war <strong>für</strong> die Vermittlung von Telefongesprächen zuständig, da es zu<br />
dieser Zeit noch keine öffentlichen Fernsprechzellen gab. Wollte man telefonieren musste man sein<br />
Gespräch bei ihr anmelden, die Beamtin stellte die Verbindung mit der Außenwelt her <strong>und</strong> bedeutete dann<br />
dem K<strong>und</strong>en, er möge sich in die neben der Paketannahme befindliche, abhörsichere Zelle begeben <strong>und</strong><br />
den Hörer nach dem Klingelzeichen abnehmen. An der Tür war ein großes Plakat mit der Aufschrift: „Pss,<br />
Vorsicht, Feind hört mit!“ 95 . Nach dem Telefonat musste man an dem gleichen Schalter die Gebühr<br />
bezahlen. Am Monatsanfang war das Gedränge in dem Raum besonders groß, weil zu diesem Zeitpunkt von<br />
vielen Pensionären die kümmerliche Rente, mit der man zu diesen Zeiten nicht viel anfangen konnte, in<br />
Empfang genommen wurde. Auch gab es im Schalterraum einige wenige Schließfächer, die den <strong>Oberursel</strong>er<br />
Firmen vorbehalten waren. Früh am Morgen <strong>und</strong> kurz vor Schalterschluß war im Postamt der Betrieb am<br />
größten. Morgens wurde von den Firmenboten die Tagespost abgeholt, <strong>und</strong> spätnachmittags lieferte man<br />
Pakete <strong>und</strong> größere Sendungen zur Weiterbeförderung an.,…<br />
Soweit die Ausführungen von Herrn Fink. Ich denke, da ich auch in dieser Zeit gelebt habe <strong>und</strong> bereits<br />
schon damals mich <strong>für</strong> die Post interessierte, habe ich alle groben sinnentstellenden Dinge in seinen<br />
Ausführungen zurecht gerückt. Man möge es mir verzeihen, aber als postgeschichtlicher Sammler <strong>und</strong><br />
Schreiber muss man so manches zurecht rücken. Ich bitte um Verständnis.<br />
Das Jahr 1961 war wieder ein sehr bewegtes beim Postamt. Im Mai, am 20. wurde eine Baracke als<br />
provisorisches Postamt in der Ebert<br />
Strasse, in unmittelbarer Nähe des<br />
neuen Standortes vom zukünftigen<br />
Postgebäude eröffnet <strong>und</strong> die Briefpost<br />
nach dort verlegt. 2 ½ Jahre war der<br />
Postbetrieb dort untergebracht. Diese<br />
93 Das Postamt hat nie die Aufschrift „Reichspostamt“ am Hause gehabt.<br />
94 In <strong>Oberursel</strong>/Ts. gab es keine Posthalterei, zu einer Posthalterei gehört immer eine Pferdestation <strong>für</strong> die Postkutschen.<br />
95 Dieses Plakat war nur im Dritten Reich dort angebracht.<br />
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