Bezirk Lüneburg
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<strong>Bezirk</strong> Hannover<br />
52<br />
Vorprogrammiertes Chaos<br />
oder mehr Freude am Fußball?<br />
Kontroverse Diskussion um Futsal beim Schiedsrichterlehrgang des NFV-Kreises Nienburg<br />
Lehrwartin Liane Lindenberg konnte als Referent Marcus Schierbaum in<br />
Marklohe begrüßen. Foto: Lucenz<br />
er Schiedsrichter-Lehraus-<br />
Dschuss des NFV-Kreises Nienburg<br />
hat einen Lehrgang für<br />
Futsal-Referees ausgerichtet. Im<br />
Markloher Herbert-Fisbeck-Heim<br />
fanden sich 22 Unparteiische<br />
ein. Auf Wunsch des <strong>Bezirk</strong>s organisierte<br />
Lehrwartin Liane Lindenberg<br />
die Bildungsmaßnahme<br />
und durfte auch aus den Nachbarkreisen<br />
Diepholz, Schaumburg<br />
und Verden Gäste begrüßen.<br />
Das Ganze geschah mit<br />
Hinblick auf die <strong>Bezirk</strong>smeisterschaften<br />
der A- und B-Junioren,<br />
die im Februar kommenden Jahres<br />
in Uchte stattfinden und<br />
nach den Futsal-Regeln ausgespielt<br />
werden sollen. Fünf<br />
gut ausgebildete Schiedsrichter<br />
muss der Kreis Nienburg stellen.<br />
Als fachkundiger Referent wurde<br />
Marcus Schierbaum gewonnen.<br />
Der 37-jährige Hildesheimer<br />
darf seit 1999 im Verband<br />
Spiele leiten. Seit 2006 befindet<br />
er sich auf der offiziellen<br />
Schiedsrichter-Futsal-Liste. Bundesweit<br />
gibt es nur 14 Futsal-<br />
Referees, davon drei aus Niedersachsen.<br />
Schierbaum ist offizieller<br />
Referent des NFV in Sachen<br />
Futsal. Das Ziel des NFV ist es,<br />
in den nächsten Jahren komplett<br />
in allen Klassen Futsal zu<br />
spielen. In Verden und Hildesheim<br />
wird dies schon seit drei<br />
Jahren erfolgreich praktiziert.<br />
„Schnelle Ausführungen,<br />
wenig Fouls und präzises spielen,<br />
das ist Futsal“, brachte es Liane<br />
Februar 2013<br />
Lindenberg auf den Punkt. Der<br />
Vortrag des Experten sorgte bei<br />
den Anwesenden anfangs für<br />
sehr viel Verunsicherung: „Wir<br />
reden hier über die komplizierten<br />
Regeln. Aber kennen die Spieler<br />
sie auch?“ Marcus Schierbaum<br />
beruhigte den Lehrgangsabsolventen<br />
aus Hagenburg. „Vor jedem<br />
Spiel findet eine technische<br />
Besprechung für alle Teilnehmer<br />
statt.“ Der Futsal-Referent fand<br />
in Kreisjugendobmann Markus<br />
Schenke einen hartnäckigen<br />
Skeptiker, der mehrere Einwände<br />
und Bedenken vortrug.<br />
Was anfangs noch sehr<br />
kompliziert klang, wurde dann<br />
am Nachmittag in der Lemker<br />
Sporthalle von den Schiedsrichtern<br />
im Demospiel umgesetzt.<br />
Futsal – vorprogrammiertes<br />
Chaos oder mehr Freude am Fußball?<br />
Markus Schierbaum beantwortete<br />
die Frage eindeutig:<br />
„Ganz klar mehr Freude!“ Am<br />
Ende hatte der Lehrgang allen<br />
Beteiligten Spaß und Freude bereitet.<br />
Statements der<br />
Lehrgangsteilnehmer<br />
und Beteiligten<br />
Michael Brauns (Schiedsrichter<br />
VfL Bad Nenndorf):<br />
Das Stellungsspiel beim Futsal<br />
ist ganz anders als beim Hallenfußball.<br />
Außerdem ist das Spiel<br />
viel schneller. Dennoch macht es<br />
mir Spaß. Als Schiedsrichter<br />
kommst du beim herkömmli-<br />
chen Hallenfußball mit erheblich<br />
weniger Bewegung aus. Probleme<br />
sehe ich darin, wenn die<br />
beiden Referees nicht harmonieren,<br />
der eine hart und der andere<br />
weich pfeift.<br />
Joshua Chebib (Schiedsrichter<br />
SV Sebbenhausen-Balge):<br />
Futsal ist ein temporeicher<br />
und anspruchsvoller Sport. So<br />
auch für uns Schiedsrichter,<br />
weshalb, nach der FIFA, auch<br />
drei Schiedsrichter pro Spiel<br />
benötigt werden. Das könnte allerdings<br />
hier im Kreis schwer<br />
umzusetzen sein. Das Regelwerk<br />
ist äußerst umfangreich und<br />
kompliziert, außerdem noch<br />
nicht weit genug verbreitet.<br />
Beim Futsal sollten das technische<br />
Können und die Spielfreude<br />
im Vordergrund stehen, weshalb<br />
von uns Schiedsrichtern<br />
kleinkarierter gepfiffen werden<br />
muss, als es im Feldfußball der<br />
Fall ist. Schade ist aber, dass<br />
diese großartige Form des Fußballs<br />
bisher nur im Juniorenbereich<br />
gespielt wird. Futsal könnte,<br />
wenn er hier bei uns bekannter<br />
gemacht wird, eine tolle<br />
Alternative zum normalen<br />
Hallenfußball sein.<br />
Sven Schröder (Schiedsrichter<br />
SV Nendorf): Durch die<br />
neuen Regeln beim Futsal wurde<br />
das Spiel beschleunigt und<br />
das Verletzungsrisiko gesenkt.<br />
Bereits am nächsten Tag durfte<br />
ich die erste offizielle C-Junioren-Hallenkreismeisterschaftleiten,<br />
bei denen diese Regeln umgesetzt<br />
werden sollten. Es ist<br />
schon komisch, wenn man als<br />
Schiedsrichter einer der wenigen<br />
ist, der das Regelwerk kennt.<br />
Nach der Teambesprechung und<br />
Erklärung der Regeln wurde ich<br />
erstaunt angeschaut. Die Mannschaften,<br />
wie auch ich, haben<br />
diese Premiere gut über den<br />
Hallenboden gebracht. Nach<br />
den ersten ungewöhnlichen<br />
Spielsitutionen haben sich die<br />
Mannschaften gut angepasst.<br />
Wirkliche Probleme sind nicht<br />
aufgetreten. Man verfällt schnell<br />
in die Regelkunde des „normalen“<br />
Hallenfußballs. Daher ist<br />
höchste Konzentration vom<br />
Schiedsrichter gefordert. Meiner<br />
Meinung nach wird der Hallenfußball<br />
mit diesen Regeländerungen<br />
optimiert.<br />
Liane Lindenberg (Schiedsrichterlehrwartin<br />
des NFV-<br />
Kreises Nienburg): Futsal ist<br />
die fairste Möglichkeit, um in<br />
der Halle Fußball zu spielen.<br />
Wichtig ist nun, in den Vereinen<br />
den Beteiligten alles vernünftig<br />
und richtig zu erklären, um die<br />
Verunsicherung, die noch überall<br />
herrscht, zu nehmen. Das<br />
wird nicht von heute auf morgen<br />
gehen. Durch die faire<br />
Spielart gibt es nur ganz wenig<br />
Aggressivität im Spiel, auch gegenüber<br />
den Schiedsrichtern.<br />
Ich glaube schon, dass der Futsal<br />
in den nächsten Jahren hier<br />
im Kreis für die Kids das A und<br />
O sein wird. Auch technisch<br />
schwächere Spieler haben hier,<br />
durch den nur wenig springenden<br />
Ball, die Möglichkeit mitzuwirken<br />
und sich technisch zu<br />
verbessern.<br />
Marcus Schierbaum (NFV-<br />
Referent für Futsal): Die Spieler,<br />
gerade die Jugendlichen,<br />
kommen mit dem modifizierten<br />
Regelwerk und dem sprungreduzierten<br />
Spielball sehr gut zurecht.<br />
Die Herren trauen sich<br />
hier leider noch nicht ran, obwohl<br />
diejenigen, die es ernsthaft<br />
mal getestet haben, begeistert<br />
von Futsal sind. Ich würde<br />
mich freuen, wenn in Niedersachsen<br />
in den nächsten zwei<br />
bis drei Jahren nur noch Futsal<br />
gespielt wird. Ein eigener Spielbetrieb<br />
wäre ein Traum. Die Futsalregeln<br />
sind von der FIFA und<br />
dem DFB freigegeben und auch<br />
durchdacht. Es hat keinen Sinn,<br />
die Regeln für eigene Veranstaltungen<br />
abzuändern. Außerdem<br />
habe ich noch keine Halle gesehen,<br />
in der man keinen Futsal<br />
spielen kann.<br />
Markus Schenke (Kreisjugendobmann<br />
des NFV-Kreises<br />
Nienburg): Ich halte grundsätzlich<br />
den Futsalball als das richtige<br />
Spielgerät für den Hallenfußball.<br />
Im Gegensatz zu den <strong>Bezirk</strong>sturnieren<br />
spielen wir außer<br />
den G-, F- und E-Junioren schon<br />
mit diesem Ball. Daher wollen<br />
unsere Vereine in diesen Altersklassen<br />
auch mit dem normalen<br />
Hallenball ihre Hallensaison spielen.<br />
Ich halte die Hallenregeln in<br />
der uns vorgestellten Form im<br />
Jugendbereich für nicht umsetzbar.<br />
Wir spielen schon jetzt im<br />
zweiten Jahr mit abgespeckten<br />
Regeln im C-Jugendbereich Futsal.<br />
Um den kompletten Hallenspielbetrieb<br />
auf Futsal umzusetzen,<br />
benötigen wir circa 800<br />
Schiedsrichteransetzungen.<br />
Dann würden wir ungefähr die<br />
gleiche Anzahl an Turnieren den<br />
Junioren und Juniorinnen anbieten<br />
können. Ist dies von den<br />
Vereinen zu bezahlen? Ich bin<br />
mir sicher, dass dies so erst einmal<br />
nicht gewollt ist. Ich bin mir<br />
auch sicher, dass wir in der<br />
kommenden Hallensaison im C-<br />
Juniorenbereich mal eine Hallenrunde<br />
unter diesen Regeln und<br />
somit mit allen Schiedsrichtern<br />
anbieten werden. Danach werden<br />
wir sehen, ob es eine Möglichkeit<br />
gibt, den Vereinen Futsal<br />
so schmackhaft zu machen,<br />
dass sie dies auch so haben<br />
wollen. Jens Lucenz