50 Jahre Theater im Bahnhof
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der Blick in<br />
die Kristallkugel<br />
Das „Geschäft“ läuft (noch) gut, auch für das<br />
<strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong>. Mit „Geschäft“ ist der kulturelle<br />
Auftrag gemeint, den zweifelsfrei unser<br />
Amateurtheater hat. Die Realisierung dieses<br />
Auftrags zeigt sich zunächst freundlich: Es<br />
wurde noch nie soviel Amateurtheater gespielt,<br />
wie derzeit, und noch nie in einer so hohen<br />
Qualität. Heißt das, der Auftrag ist erfüllt, das<br />
Amateurtheater ist bei den Menschen angekommen?<br />
„Kultur boomt“, ist zwar ein gängiges<br />
Schlagwort, und es gilt auch für das Amateurtheater.<br />
Wer aber genauer hinsieht, stellt fest:<br />
höchst wahrscheinlich nicht mehr lange. Gut,<br />
Interventionen und Investitionen in noch bessere<br />
Ausbildung, mit noch mehr <strong>Theater</strong>pädagogen<br />
und Lernangeboten, werden kurzfristig das<br />
Niveau weiter anheben und möglicherweise<br />
auch verbreitern. Aber eines können alle diese<br />
Maßnahmen nicht: Die negativen Auswirkungen<br />
der Bevölkerungspyramide aufhalten und<br />
den Menschen Zeit schenken, damit sie diesem<br />
Die Brautwerber von Loches - 2002<br />
Auftrag überhaupt nachgehen und ihn erfüllen<br />
können. Das sind die Fakten. Zu beobachten ist<br />
dies be<strong>im</strong> <strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong> in Dielhe<strong>im</strong>. Klar<br />
ausgedrückt, die Kinder und Jugendlichen genießen<br />
eine qualitativ hochwertige Ausbildung,<br />
das ist gut so, gehen dann aber von der Schule<br />
ab zur Uni oder ins Berufsleben. Genau ab<br />
diesem Moment bricht das Engagement be<strong>im</strong><br />
ausbildenden <strong>Theater</strong> ein. Allenfalls Auftritte<br />
während der Studienzeit <strong>im</strong> Studentenkabarett<br />
sind noch machbar. Für Berufseinsteiger<br />
und überhaupt <strong>im</strong> Beruf bleibt keine Zeit, kein<br />
Freiraum mehr für solche Aktivitäten. Zu sehr<br />
fordert das „Geschäft“ die Menschen. Heute<br />
hier, morgen dort, wie <strong>im</strong> Refrain des gleichnamigen<br />
Liedes beschrieben, bleiben Bindungen<br />
auf der Strecke. Wenn überhaupt, ist nur noch<br />
Kurzfristiges an wechselnden Orten denkbar.<br />
Von den <strong>Theater</strong>ausgebildeten aus über 20<br />
<strong>Jahre</strong>n unserer Lernoffensive blieb bisher niemand,<br />
geschweige denn ein kleines Ensemble<br />
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