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50 Jahre Theater im Bahnhof

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erkennen und erklärte sich zur Hilfe bereit. Die<br />

Rettung gestaltete sich trotz Aufklärung über<br />

den korrekten Sachverhalt schwierig, da Ersterer<br />

unter hohem körperlichen Druck und in Rage erklärte,<br />

er bestehe darauf, diese aus seiner Sicht<br />

völlig missratene Sanitärkeramik dem von Ihrem<br />

Schöpfer zugewiesenen Zweck zu entfremden.<br />

Im übrigen „sch..“ er darauf. Nur unter Androhung<br />

brachialer Gewalt war der so Frustrierte<br />

davon abzubringen, das unschuldige Bidet in<br />

seine Gewalt zu bringen...<br />

Teil II - Andere Länder... I Ort der Handlung: ein<br />

Restaurant, klein, nett und romantisch am Hang<br />

gelegen. Auf eigene Faust agierende <strong>Theater</strong>freunde<br />

hatten es sich an einem Tisch bequem<br />

gemacht, als sich eine sich ihnen gegenüber<br />

befindliche Tür öffnete, ein Frau mittleren Alters<br />

aus der Öffnung trat, kurz innehielt, sich den engen<br />

Rock glatt strich und umschaute. Mit ihrer<br />

Handlung war die Dame plötzlich ins Zentrum<br />

des Interesses der Speisewilligen geraten. Sie<br />

nahm sich Zeit, ihren Sitzplatz ins Visier, drehte<br />

sich aber noch einmal um und schloss bedächtig<br />

die Tür, nicht ohne zuvor noch einmal<br />

kurz über den Rock zu streichen und das Licht<br />

zu löschen. Zwischen dem Löschen des Lichts<br />

und dem Schließen der Tür gab sie für Sekunden<br />

die Sicht auf die Öffnung frei, aus der sie<br />

gekommen war. Und was es zu sehen gab, war<br />

so unerwartet, wie „anrüchig“ für ein Restaurant.<br />

Die feine Dame war direkt vom „Thron“ in den<br />

Gastraum herab gestiegen, darauf geben alle<br />

Augenzeugen noch heute Brief und Siegel. Und<br />

sie tat das, ohne adligen Geblüts zu sein.<br />

Dielhe<strong>im</strong> I Kurz vor Mitternacht: Ein Auto mit Anhänger<br />

rumpelte den mit Randsteinen bewehrten<br />

Gehweg hoch und kam vor einer ehemaligen<br />

Bäckerei zum Stehen. Weitere Fahrzeuge<br />

hielten an, Türenschlagen, St<strong>im</strong>mengewirr, ein<br />

Verschlag wurde knarzend geöffnet, ein großes<br />

Eingangstor aufgewuchtet. Halblaute bis laute<br />

Befehle hallten durch eine hallenartige Einfahrt.<br />

Frauen kicherten, einschneidende Männerst<strong>im</strong>men<br />

forderten mehr Einsatz und mahnten zur<br />

Vorsicht. Für die Nachbarn der ehemaligen Bäckerei<br />

war dieses nächtliche Treiben ein untrügliches<br />

Zeichen: „Die Theader-Kinschdler kumme<br />

wieda hom - Herr hilf uns, un geb denne die<br />

Ruh“. Die nächtliche Aktion wurde schnell und<br />

routiniert abgeschlossen. Kulissen wie Requisiten<br />

waren verstaut, der Hänger untergebracht,<br />

das Eingangstor veriegelt; Zeit also, sich in der<br />

zur Vereinszentrale umgebauten Backstube der<br />

„Manöverkritik“ zu widmen. Junge Männer- und<br />

junge Frauenst<strong>im</strong>men bemühten in vielen Variationen<br />

und teils über- und durcheinander die<br />

Botschaft: „Mir ware ned schlecht!“. Gut getane<br />

<strong>Theater</strong>arbeit macht durstig und hungrig. Die<br />

Abtlg. „Gegen Hunger und Durst - heute Catering“,<br />

fand den für solche Notsituationen angelegten<br />

Proviant und handelte spontan, aber<br />

wie vorgesehen. Mit viel Ursprünglichkeit wurde<br />

gegessen und getrunken und schließlich nur<br />

noch getrunken. Zäh wechselten die Themen.<br />

Zur fortgeschrittenen Stunde kam man schließlich<br />

von der Innen- zur Weitsicht und schließlich<br />

zur globalen Sicht auf die Dinge. Zeit und Raum<br />

spielten kaum noch eine Rolle und der Ölofen<br />

bullerte zuverlässig und anhe<strong>im</strong>elnd-meditativ.<br />

Auch nicht das heraufbrechende Tageslicht<br />

störte die Dispute. Die Back- und Diskutierstube<br />

hatte ja nur ein Fenster zum eh fast dunklen<br />

Hof. Als sich kaum noch ein diskutierwürdiges<br />

Thema finden ließ, traten die ersten Mahnerinnen<br />

auf den Plan und erklärten mit hochroten<br />

Wangen, dass Körper und Geist eines künstlerischen<br />

Menschen ganz profan Ruhe benötige<br />

um erneut hochgradig schöpferisch tätig werden<br />

zu können. Nur widerwillig folgte man den<br />

weisen aber nicht weisungsbefugten Damen.<br />

Der Grund war einleuchtend: Alle Themen waren<br />

sorgfältig behandelt, zugegeben, aber eben<br />

noch nicht von allen. Und zudem schloss der<br />

Vorrat an Proviant ein Frühstücksgespräch nicht<br />

aus. Die Versammlung schloss demokratisch legit<strong>im</strong>iert<br />

mit dem gemeinsam getragenen Wunsch

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