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50 Jahre Theater im Bahnhof

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zur Fortsetzung. Als die nun geistig hochtrainierten<br />

jungen Damen und Herren das freundlich<br />

flutende morgendliche Licht erblickten, kniffen<br />

sie erschreckt die Augen zusammen; um eben<br />

diese Augen wenige Sekunden später, als das<br />

Haupttor geöffnet wurde, sehr weit aufzureißen:<br />

Vor dem Haus waren fleißige Menschen<br />

dabei, Blumenteppiche und Altäre zu richten,<br />

für die Fronleichnamsprozession. Die Restdiskussion<br />

und Verabschiedungzeremonie der<br />

Ruhewilligen brach abrupt ab. Nach wenigen<br />

Schrecksekunden wurde die Tür geschlossen<br />

und beratschlagt: Wenn die uns sehen, so voller<br />

Tatendrang, morgens, auf unserem langen,<br />

schweren Marsch nach Hause, über Blumenteppiche<br />

wandelnd, und mit Mädchen - obwohl<br />

doch alles rein künstlerisch - wir werden zum<br />

Dorfgespräch! Dank hochkonzentriertem Austausch<br />

war nach wenigen Minuten klar, einem<br />

Imageschaden musste unter allen Umständen<br />

vorgebeugt werden, auch unter hohem körperlich<br />

und geistigem Einsatz und dem Verzicht auf<br />

Ruhe. Der einst<strong>im</strong>mig gefasste Beschluss hieß:<br />

Umkehren. Der Ölofen bullerte aus Sicherheitsgründen<br />

erst eine halbe Stunde später erneut.<br />

Zuvor hatten Fachkräfte den Restproviant optisch<br />

ansprechend aufbereitet und zum Verzehr<br />

freigegeben. Und der kleine Kaffeevorrat wurde<br />

durch <strong>im</strong> Grunde frühstücksfremde Getränke<br />

ergänzt. Dem Wunsch zur Fortsetzung der<br />

Gespräche wurde schneller als erwartet stattgegeben.<br />

So geriet die Runde über lange Zeit<br />

zur Ideenschmiede für zukünftige große Taten.<br />

Erst als die St<strong>im</strong>ulanzien Musik und Tanz ihren<br />

Einsatz nicht mehr rechtfertigten und die Sonne<br />

den Zenit überschritten hatte... Gut, Sie ahnen<br />

es schon...<br />

Teil I - Schwein muss man haben I So sagt der<br />

Volksmund, und auch die theaterbeflissenen<br />

Herren in unserer Frühgeschichte waren dieser<br />

Meinung. Gegenüber dem Volksmund sollte<br />

sich das Glück ganz konkret in einem gesund<br />

ernährten und deshalb schmackhaften Landschwein<br />

manifestieren. Der Entschluss, dieser<br />

zur damaligen Zeit wegweisenden Art der Fleischeslust<br />

zu frönen, wurde einst<strong>im</strong>mig aber undemokratisch<br />

gefasst - das Schwein durfte nicht<br />

abst<strong>im</strong>men. Wie von der Bühne her gewohnt,<br />

musste auch dieses Vorhaben minutiös geplant<br />

und verwirklicht werden. Dass das Glück in<br />

Gestalt eines ganzen Schweines auch Schattenseiten<br />

hat, wurde schnell klar: Ihm stehen<br />

unprofessionelle Grillgrößen gegenüber. Ein<br />

Gang zum Baustoffhändler löste das Problem.<br />

Und da es an Fachkräften grundsätzlicher Art<br />

nicht mangelte, stoben <strong>im</strong> Hof zur „Backstube“<br />

die Funken. Es wurde geschnitten, geflext, geschweißt<br />

und gefeilt, dass selbst das Schwein<br />

seine Freude daran gehabt hätte, wenn nicht...<br />

Der Lohn harter Arbeit folgte auf dem Fuße: Eine<br />

Grillmaschine ohne Fehl und Tadel, dem schweinernen<br />

Gut exakt angepasst und versehen mit<br />

einer von kulinarischen Kennern ausgetüftelten<br />

Schwenkvorrichtung, stand vor den erschöpften<br />

Erbauern. Schön, edel und kaum von der Stelle<br />

zu bewegen. :-((<br />

Teil II - Schwein muss man kaufen I Zum Glück gab<br />

es bei der damaligen „Spielgruppe 63“ für alles<br />

Fachleute. So machten sich Teile des Vorstandes,<br />

(schon von Amts wegen Fachkräfte) und gewiefte<br />

Händler auf, das Landschwein auszusuchen<br />

und seinem Zweck zuzuführen. Im Ortsteil Unterhof<br />

wurden sie fündig. Das Prachtexemplar wurde<br />

vielfach beäugt, für würdig befunden und<br />

unter heftigem Widerstand in den eigens geliehenen<br />

Hänger geladen. Dann musste der Kauf<br />

vollzogen werden. Einer uralten Gepflogenheit<br />

zu Folge versammeln sich, aus diesem Anlass,<br />

Kaufwillige und Schweinehändler in dessen guter<br />

Stube um einen runden Tisch. So auch hier.<br />

Die Dämmerung war fortgeschritten und die<br />

Lampe über dem Tisch verbreitete wohliges Licht.<br />

Für jeden Teilnehmer galt es nun, <strong>im</strong> Gedenken<br />

an das brave Tier das erste Glas Schnaps zu<br />

leeren. Dann wurde dessen Gesundheit gepriesen<br />

und ein Glas Schnaps gelehrt. Der dritte<br />

Schnaps leitete über zum eigentlichen Kaufakt,<br />

indem er die Pateien freundlich st<strong>im</strong>mte, was sich<br />

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