50 Jahre Theater im Bahnhof
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Gibt es das eigentlich, ein persönliches Lieblingsstück? Eigentlich nein - Lieblingsstücke vielleicht.<br />
Und doch, einem <strong>Theater</strong>gänger über 5 Jahrzehnte, sollte so etwas festzustellen möglich sein -<br />
auch wenn es schwerfällt. Versuchen wir es und beschränken uns auf das Amateurtheater. Nehmen<br />
wir, weil es naheliegt, das <strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong> in Dielhe<strong>im</strong>. Und nehmen wir weiter an, wir haben<br />
alle Stücke gesehen - die eigenen Produktionen natürlich. So fokussiert, bleibt uns die Selektion als<br />
Mittel der Wahl. Wir teilen auf in Kinder- und Erwachsenenstücke, heiter und ernst, und stellen fest,<br />
wir kommen ins Schwitzen. Mit der Transpiration steigt die Inspiration, und Letztere sagt uns: Leg die<br />
Suchkriterien neu fest! Die neuen Fragen lauten dann so: Welches Stück hat am meisten berührt?<br />
Sind Szenen daraus in uns noch lebendig? Was hat beeindruckt? Und voilà, wir werden fündig!<br />
Die Freude ist groß, doch die Überraschung<br />
größer: Wie kann es sein, dass es kaum „heitere“<br />
Stücke ins innere Ranking geschafft haben? Bei<br />
mir, dem Autor dieser Zeilen, ist es so. All die gut<br />
gemachten Lustspiele und Schwänke, die einen<br />
angenehmen, gelungenen Abend bescherten,<br />
kommen in der Nachsicht kaum zum tragen.<br />
Woran liegt das? Möglicherweise ist es bei Ihnen,<br />
lieber Leser, ganz anders. Bei mir überwiegen<br />
auf jeden Fall die Stücke, die eine packende<br />
Geschichte erzählten, dramatische Wendungen<br />
hatten und bei denen der Autor die schicksalhaften<br />
Züge der Story auf einen Punkt brachte,<br />
der noch heute nachwirkt. Blieb dabei der<br />
Bezug zur Realität erhalten, dann scheint in mir<br />
etwas haften zu bleiben, was ich für mein Leben<br />
brauchen kann, was mir hilft, die Welt ein wenig<br />
Vom Lieblingsstück<br />
besser zu verstehen - um vielleicht mit diesem<br />
Wissen in meinem Leben etwas besser zurecht<br />
zu kommen. Kurz gesagt: Stoff, aus dem großee<br />
Dramen „gestrickt“ sind. Damit breche ich keine<br />
Lanze allein für das „ernste“ Schauspiel. Nicht<br />
umsonst ist das Angebot <strong>im</strong> <strong>Theater</strong> breit gefächert.<br />
Auch die anderen Genres haben ihre<br />
gleiche und volle Berechtigung. Es braucht beides:<br />
Große, beindruckende Geschichten und<br />
„Geschichtchen“, die den Alltag, den Frust vergessen<br />
lassen und uns einen unbeschwerten<br />
Abend bescheren. Wenn beide Formen sich<br />
darüber hinaus an geltenden dramatischen Regeln<br />
orientieren, umso schöner und ergiebiger.<br />
Wer sich die Mühe macht, die Stücke während<br />
der <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> be<strong>im</strong> <strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong>, Dielhe<strong>im</strong><br />
durchzusehen, wird unter anderm eine<br />
Entdeckung machen. Er wird feststellen, wie um<br />
eine Balance gerungen wird zwischen den vermeintlichen<br />
Polen „Ernst“ und „Heiter“, mit mehr<br />
Ausschlägen mal nach der einen, mal nach der<br />
anderen Seite. Aus meiner Sicht: Weiter so! Wir<br />
haben ein aufgeschlossenes Publikum, das uns<br />
dieses Ringen wert ist. Ihr Friedrich E. Becht<br />
Ach ja, Sie wollten mein Lieblingsstück<br />
wissen: „Von Mäusen und Menschen“ von<br />
John Steinbeck, bereits 1979 gespielt auf der<br />
Bühne der Kulturhalle in Dielhe<strong>im</strong> und auf einer<br />
kleinen Tournee an Gymnasien <strong>im</strong> Umkreis.<br />
Oben links ein Szenenbild aus diesem Stück.<br />
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