5zig <strong>Jahre</strong> <strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong> Zu guter Letzt Zeit <strong>im</strong> Rampenlicht - eine wertvolle Zeit, auch in Zukunft Aus bescheidenen Anfängen heraus... Immer wieder werden solche Worte bemüht, wenn es um einen Rückblick geht, weil es meist auch st<strong>im</strong>mt. Doch viel wichtiger ist, was daraus geworden ist, und noch interessanter, was diese Zeit mit uns gemach hat, mit denjenigen, die eine weite Strecke mitgegangen sind, vielleicht sogar bis heute? Letzteres lässt sich nur feststellen, wenn man das Vergangene nicht nur betrachtet, sondern wertet, wenn man kaum sichtbaren Strängen folgend die dem System Amateurtheater innewohnenden Regeln erkennt, die wegweisend, best<strong>im</strong>mend, ausschlaggebend dafür waren und noch <strong>im</strong>mer sind. Oder ist es eher die freiwillige Organisationsform „Verein“, die stärker prägt als die zugrunde liegende Idee? Nach <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n <strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong> lässt sich feststellen: Amateurtheater prägt die Beteiligten äußerst nachhaltig und sehr positiv. Da ist zunächst die Form: Bühnenspiel, angesiedelt zwischen Berufs- und Laienbühne; eine <strong>Theater</strong>form, die die Laienspieltradition nicht verneint, keinem kommerziellen Zwang unterliegt und die <strong>Theater</strong> als Kunstform begreift, bereit, sich künstlerischen Kriterien zu stellen. Ein weiterer Aspekt ist für Amateure noch bedeutender: <strong>Theater</strong>spielen heißt nicht nur, anderen Menschen Unterhaltung zu bringen, sondern durch das Erarbeiten dramatischer Texte die eigene Persönlichkeit <strong>im</strong> Zusammenspiel mit Anderen zu entfalten. Es heißt auch, sich einordnen in das Gesetz des Kreises, in dem jeder seine Aufgabe erfüllt, die seiner Fähigkeit entspricht. So kann sich soziales Empfinden, Sensibilität, die Fähigkeit zur Empa- thie und zu künstlerischem Erleben entfalten; alles Dinge, die nicht verkümmern dürfen; ganz besonders in unserer Gesellschaft, in der Beliebigkeit triumphiert. Wenn wir Menschen uns in unserem Wesen verwirklichen wollen, brauchen wir das; um so dringlicher, je mehr die Beliebigkeit Raum greift. <strong>Theater</strong> verlangt körperliche Aktivität und fordert geistige Beweglichkeit be<strong>im</strong> Arbeiten mit Text und dem Umsetzen des Stoffes in die mediengerechte Form. Spieler, Regie, die Technik, die Maske und Werbung sehr direkt, aber auch indirekt die Administration und Verwaltung, also alle Beteiligten schaffen zusammen einen Wert, der durch die Präsentation vor Publikum zu einem starken Erlebnis wird. Das alles geschieht freiwillig, organisiert in einem Verein. Immer noch machen sich nur wenige Vereine Gedanken über ihre Vereinskultur: Wie ist das Miteinander beschaffen, was fügt zusammen, was trennt? Gibt es ungeschriebene Gesetze? Sind diese sinnvoll? Wie gut oder schlecht wird kommuniziert, nach innen und nach außen? Gehen wir achtsam miteinander um? Dies alles sind wichtige Kriterien, die über den Erfolg entscheiden und prägend wirken. Dass <strong>Theater</strong> zur Mitmenschlicheit erzieht, deutet, anregt, herausfordert, unterhält und erbaut, gilt für theaterschaffende Amateure und Publikum gleichermaßen. Die 5zig <strong>Jahre</strong> <strong>Theater</strong> <strong>im</strong> <strong>Bahnhof</strong> haben allen Beteilgten auf ihrem Weg durch die Zeit geholfen, ihre Persönlichkeit zum Positiven für sich und die Gesellschaft zu entwickeln - eine wertvolle Zeit. Es bleibt zu wünschen, dass junge Menschen nachkommen und Gleiches empfinden und erleben. 80
81 Der Revisor - 2011 Das Leben geht weiter. Annehmen, gute Entscheidungen treffen. Miteinander und für einander da sein. Und für unser Publikum. Danke unserem Publikum!