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50 Jahre Theater im Bahnhof

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Dabei sein ist nicht alles<br />

Von dicken Brettern, die die Welt bedeuten<br />

Wer sie oft betreten hat, um zu spielen, kennt die Standfestigkeit, die sie vermitteln. Er kennt aber<br />

auch die Barriere, die sie bilden, das unsichtbare Hindernis, das sich auftut, wenn man sie zum<br />

ersten Mal betritt. Da ist das flaue Gefühl <strong>im</strong> Magen, die kurze innere Unsicherheit, wenn das Herz<br />

<strong>im</strong> Hals schlägt statt in der Brust. Da ist auch das Gefühl des Ausgeliefert-Seins, das sich kurz nach<br />

dem ersten Satz aus dem Staube macht, um Platz zu schaffen für das Spiel zwischen dem Ich und<br />

dem Publikum. Wer Erfahrung hat <strong>im</strong> Betreten dieser „Bretter, die die Welt bedeuten“, kennt das<br />

alles. Er hat erlebt, dass ihn dieser Schritt stärkt; nicht nur <strong>im</strong> Spiel, sondern auch draußen <strong>im</strong> rauhen<br />

„Spiel des Lebens“, in vielfältiger Weise und in unterschiedlicher Intensität.<br />

Er hat gelernt, dass dieses ständige Überschreiten<br />

der Grenze zwischen Realität und der <strong>im</strong>mer<br />

wieder neu zu erschaffenden Wirklichkeit<br />

<strong>im</strong> Spiel in ihm etwas bewirkt: Selbstsicherheit.<br />

Mit dem Begehen der Bühnenbretter, die ihm<br />

stets festen Halt geben, gewinnt er zunehmend<br />

Vertrauen in die eigene Stärke. Innere Barrieren<br />

werden als überwindbar gesehen, er überspringt<br />

sie leichter. So beginnt sich etwas zu<br />

drehen: das vermeintliche Bretter-Hindernis wird<br />

unversehens zum Sprungbrett für vielgestaltiges<br />

Erleben. Ein Schatz an tiefen, reichen Erfahrungen<br />

winkt als Lohn. Immer neu positiv „aufgeladen“<br />

kann er so auch die unausweichlichen,<br />

unsäglichen Widrigkeiten, die eine freiwillige<br />

Vereinigung von Menschen nun mal mit sich<br />

bringt, nicht nur ertragen, sondern vom Negativen<br />

ins Positive kehren. Denn er weiß auch: Dabei<br />

sein ist wirklich nicht alles. Vor diesen Erfahrungen<br />

riecht es auf den Amateurbühnen der<br />

Welt nicht nur nach Schminke, Farbe und alten<br />

Klamotten, sondern <strong>im</strong>mer auch nach Schweiß.<br />

Das kommt von den „dicken Brettern“, die gebohrt<br />

werden müssen, bevor sie zu den Brettern,<br />

die die Welt bedeuten, werden können.<br />

Vieldeutige Bretter Sie sind die bauliche<br />

Grundlage für unser Spiel. Die metaphorische Bedeutung<br />

müssen wir ihnen selbst be<strong>im</strong>essen.

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