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50 Jahre Theater im Bahnhof

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direkt auf den Kaufpreis auswirkte. Die Scheine<br />

welchselten dann diskret den Besitzer. Dieses<br />

Ereignis wurde beglaubigt durch einen vierten<br />

Schnaps, der einer Person verboten wurde, um<br />

den sicheren Transport zu gewährleisten und<br />

der Sau Unanehmlichkeiten zu ersparen. Das Ritual<br />

verlangte zwingend noch einen Obstler unter<br />

dem Türrahmen, mit dem das Schicksal der<br />

Fracht entgültig besiegelt wurde. Die He<strong>im</strong>fahrt<br />

zur fortgeschrittenen Stunde ging für Mensch<br />

und Tier fehlerfrei vonstatten. Die nächste Hürde<br />

tauchte erst in Gestalt des Hauses auf, in dessen<br />

Stall das Schwein seine letzte Nacht verbringen<br />

sollte: Der Besitzer war ausgegangen und der<br />

Stall konnte vom Schwein nicht bezogen werden...<br />

:-(( Ganz <strong>im</strong> Sinne des Landschweines<br />

wurde kurzfristige Abhilfe notwendig. Erste Anlaufstelle<br />

für Notwendigkeiten aller Art war das<br />

Gasthaus zur Sonne. Dort traf man unvermittelt<br />

auf einen Rest entschlossener Schweinekäufer,<br />

die man zuvor <strong>im</strong> Eifer hatte sitzen lassen. Diese,<br />

ihrerseits in Ermangelung einer echten Sau<br />

und echtem Geld, hatten das Kaufritual nachempfunden.<br />

Entsprechend gestaltete sich die<br />

Notbesprechung. Die erlösende Idee kam von<br />

einem den <strong>Theater</strong>leuten wohlgesinnten Gast,<br />

der das Schwein für eine Nacht in seinem Stall<br />

beherbergte. Der gelungene Abschluss der<br />

Transaktion und die zum Wohl des Tieres gefundene<br />

Lösung und die schwierige, aber getane<br />

Arbeit verlangten nach nächtlicher Erholung <strong>im</strong><br />

Gasthaus zur Sonne. Eine „Erholung“, durch die<br />

das morgendliche Schlachtfest fast ins Wanken<br />

geraden wäre. Aber das ist ein weiteres Kapitel.<br />

Teil III - Schwein gut, alles gut I Das frühmorgendliche<br />

Zeremoniell, das unser Landschwein zur „armen<br />

Sau“ werden ließ, soll hier nicht beschrieben<br />

werden. Nicht aus Pietät, sondern weil dem<br />

Autor und weiteren Helfern die Strapazen um<br />

den Kauf so sehr zugesetzt hatten, dass ein<br />

Aufstehen zu früher Stunde unverantwortlich<br />

gewesen wäre. Ein ausreichend besetztes Team<br />

erledigte, was zu erledigen war. Die zu spät<br />

Gekommenen mussten dafür erneut Schwerst-<br />

arbeit verrichten: den standhaften Grill zum<br />

Austragungsort der abendlichen Feier transportieren.<br />

Unter Einsatz aller vereinten muskulären<br />

Kräfte wuchtete man das Qualitätsteil auf ein<br />

Transportgerät für den Hobbywinzer, mit dem<br />

schicken Namen Agria. Das Gerät beantwortete<br />

den zweckfremden Gebrauch mit bedenklichem<br />

Ächsen und Stönen, tat aber, widerwillig,<br />

seinen Dienst. Das Ziel der Fracht war der<br />

Rohbau(!) des SG-Clubhauses. Diesen fenster-<br />

und türlosen Ort hatte man in weiser Vorraussicht<br />

angemietet. Der Grill kam zu stehen, wo<br />

er sollte, und konnte, unter frenetischem Beifall<br />

entzündet, seiner Best<strong>im</strong>mung übergeben werden.<br />

Unbeeindruckt ob der Last, schaukelte das<br />

Gerät nun Stunde um Stunde das Schwein in<br />

voller Größe der kulinarischem Vorsehung zu.<br />

Das Gerät machte Konstrukteuren wie Genießern<br />

unbändige Freude. So euphorisiert, gebar<br />

man die Idee, die abendliche Feier musikalisch<br />

zu vervollkommnen. Der theatereigene Musikant<br />

stand sofort bereit. Was gebraucht wurde,<br />

war lediglich ein Instrument. Nicht irgend eins,<br />

nein, ein Klavier. Kein Problem, denn es gab<br />

ein alterwürdiges, doch dafür nur mittelmäßig<br />

verst<strong>im</strong>mtes Klavier <strong>im</strong> Fundus des <strong>Theater</strong>s.<br />

Kein Problem? Doch: Es war fast übernatürlich<br />

schwer. Als das Problem in seiner Tragweite erkannt<br />

wurde, richteten sich alle Augen auf die<br />

Grill-Transporteure. Die nötige Erfahrung stand<br />

dort bereit und wurde ergänzt um junge Männer<br />

mit Erfahrung <strong>im</strong> muskulären Teil des Transportwesens<br />

- der Auftrag wurde standrechtlich<br />

erteilt. Unter Aufbieten der letzten Kraftreserven<br />

gelang es, das altehrwürdige Stück auf den<br />

Weg zu bringen. Alle waren froh, es geschafft<br />

zu haben, nur die Agria nicht. Schließlich musste<br />

der Musikant nebst Klavierhocker ja auch noch<br />

„verladen“ werden. Seine Aufgabe bestand<br />

darin, musikalisch den langen Weg zu begleiten.<br />

Klavier, Hocker, Pianist, Fahrer und Agria<br />

erreichten auf „letzter Rille“, aber glücklich ihr<br />

Ziel. Einer fröhlichen Feier stand nichts mehr <strong>im</strong><br />

Wege, denn das Schwein hatte inzwischen zu<br />

einer Farbe gefunden, die Kennern den Mund

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