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Durchbruch - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

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Fotografien von Christian Lutz, erschienen im Buch «Protokoll» Verlag Lars Müller Publishers<br />

pagnen der Joghurt-Firma Danone, wollte er unbedingt einen<br />

Schlumpf für die Verpackung der Milchprodukte. «Der Agent sagte<br />

mir, das sei praktisch unmöglich. Die Verhandlungen mit der Familie<br />

des Zeichners Peyo dauerten Monate. Ich habe schon nicht mehr<br />

an einen Erfolg geglaubt », sagt Coysman. Aber dann kam doch noch<br />

der <strong>Durchbruch</strong>: Über einen Kollegen bekam er die Chance, mit dem<br />

<br />

später hatte er die Unterschrift unter seinem Werbevertrag. Daraus<br />

entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Sechs Jahre nach<br />

dieser ersten Zusammenarbeit stieg Coysman sogar in die Schlumpf-<br />

Firma ein.<br />

Persönliche Beziehungen helfen<br />

«Man darf die persönliche Beziehung zum Verhandlungspartner nicht<br />

unterschätzen», meint auch Didier Reynders. Der belgische Minister<br />

verlässt sich dabei auf die Kontakte, die er in den vergangenen Jahren<br />

aufgebaut hat. «Wenn ich den Präsidenten der Europäischen<br />

Zentralbank, Jean-Claude Trichet, anrufe, dann kommt er, weil er<br />

mich kennt. Den Präsidenten des Internationalen Währungsfonds,<br />

Dominique Strauss-Kahn, duze ich. Ich komme sehr schnell an die<br />

Personen, die ich für die Lösung der Probleme brauche.»<br />

Schwieriger wird es, wenn die Verhandlungspartner sich bis zu<br />

dem entscheidenden Treffen überhaupt nicht oder nur sehr oberflächlich<br />

kennen – wie zum Beispiel bei den Verhandlungen auf europäischer<br />

Ebene. «Ich bin verzweifelt an den unterschiedlichen<br />

Verhandlungskulturen in Europa», sagt Evelyne Gebhardt. Die sozialistische<br />

EU-Abgeordnete aus dem baden-württembergischen Künzelsau<br />

war zuständig für die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie, die<br />

die Bedingungen regelt, unter denen Selbstständige ihre Dienste in<br />

anderen EU-Mitgliedsstaaten anbieten können. «In <strong>Deutschland</strong> geht<br />

alles Schritt für Schritt. Wenn man sich auf etwas geeinigt hat, dann<br />

gilt das auch. In Frankreich dagegen wird alles bis zur letzten Minute<br />

in Frage gestellt, und mit den Briten kann man sich auf einen Kompromiss<br />

einigen und zwei Stunden später gilt der gar nichts mehr»,<br />

sagt die Abgeordnete. Für sie war der <strong>Durchbruch</strong> kein kurzer<br />

Moment, sondern bestand aus mehreren kleinen Erfolgserlebnissen,<br />

<strong>Durchbruch</strong> am Verhandlungstisch 23<br />

«Wenn Sie die ganze Nacht diskutiert haben und um sechs Uhr<br />

in der Früh endlich zu Hause sind, dann wollen Sie keinen<br />

Champagner mehr, dann wollen Sie nur noch schlafen», sagt der<br />

ehemalige deutsche EU-Botschafter Wilhelm Schönfelder.<br />

etwa als die Minister der EU-Mitgliedsstaaten signalisierten, sie<br />

könnten mit der damaligen Kompromissfassung der Direktive leben,<br />

oder aber als die Konservativen im Europäischen Parlament ihre<br />

Zustimmung gaben. «Jedes Mal hat mein Herz einen kleinen Freudensprung<br />

gemacht», sagt Gebhardt.<br />

Besonders auf der internationalen Ebene sind die selbst gesetzten<br />

Zeitlimiten wichtig für den Erfolg von Verhandlungen. «Wenn Sie<br />

zum Beispiel am 15. November einen Finanzgipfel haben, dann brauchen<br />

Sie am gleichen Tag eine gemeinsame Erklärung. Spätestens<br />

am nächsten Morgen muss die vorliegen, sonst heisst es in der<br />

Presse, das Treffen sei gescheitert. Und das will kein Politiker<br />

hören.» Also wird lieber die ganze Nacht verhandelt, um doch noch<br />

den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.<br />

Nur noch schlafen statt feiern<br />

Gefeiert werden diese Erfolge übrigens kaum – weder in der Politik<br />

noch in der Wirtschaft. «Wenn Sie die ganze Nacht diskutiert haben<br />

und um sechs Uhr in der Früh endlich zu Hause sind, dann wollen<br />

Sie keinen Champagner mehr, dann wollen Sie nur noch schlafen»,<br />

sagt der ehemalige deutsche EU-Botschafter Wilhelm Schönfelder,<br />

der unter anderem die Einführung des Euros und das EU-Klimapaket<br />

mitverhandelt hat. «Der <strong>Durchbruch</strong> gelingt nicht innerhalb von<br />

fünf Minuten. Es sind lange Verhandlungen, die schliesslich zum<br />

Erfolg führen.»<br />

Aber der schönste Erfolg, der grösste <strong>Durchbruch</strong>, bleibt für Politiker<br />

der Sieg bei einer Wahl. Didier Reynders erinnert sich besonders<br />

gerne an die Parlamentswahlen im Juni 2007. Damals gelang<br />

es den französischsprachigen Liberalen unter seiner Führung erstmals,<br />

stärkste Partei im französischsprachigen Teil des Landes zu<br />

werden. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten dort immer<br />

die Sozialisten gewonnen. «Wenn Sie eine Reform durchbringen,<br />

dann fühlen Sie sich wie ein Schriftsteller, der gerade ein Buch fertig<br />

geschrieben hat, oder wie ein Komponist, der die letzte Note<br />

seines Werkes aufschreibt. Aber ein solcher Wahlerfolg ist etwas<br />

ganz Besonderes. Das ist die Belohnung für jahrelange Arbeit.» – Ein<br />

echter <strong>Durchbruch</strong> eben. <<br />

<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Bulletin 1/09

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