62 Wirtschaft Krisenanfällige Haushalts- Der Sektor Haushalts- und Pflegeprodukte ist zyklischer als gemeinhin angenommen, insbesondere im Vergleich mit anderen Konsumgütern. Ein Grund für diese zyklische Nachfrage liegt darin, dass die Konsumenten in schwierigen Zeiten tendenziell auf weniger teure Shampoos, Seifen und Reinigungsmittel umstellen. Text: Olivier P. Müller, Equity Research Europe, Zürich Konsumgüter wie Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren, Haushalts- und Pflegeprodukte werden als defensive Güter angesehen. Bezüglich Nachfrage, Umsatzwachstum und Margenentwicklung sind sie normalerweise weniger stark vom Konjunkturzyklus abhängig. Auch wird ihnen eine geringere Gewinnvolatilität zugeschrieben. Während die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> diese Ansicht beim Lebensmittel- und Tabaksektor sowie in geringerem Masse beim Getränkesektor teilt, erachtet sie Haushalts- und Pflegeprodukte im Vergleich als zyklischer und damit als weniger defensiv. Das heutige Wirtschaftsumfeld wirkt sich zweifelsohne negativ auf die Konsumenten aus, insbesondere in entwickelten Märkten, wo wir uns zurzeit in einer Rezession befinden und in diesem Jahr kaum eine Besserung zu erwarten ist. Eine Rezession führt gewöhnlich zu einem niedrigeren Wachstum des durchschnittlichen verfügbaren Einkommens der Konsumenten, höherer Arbeitslosigkeit und schwindendem Konsumentenvertrauen. Aus diesen Gründen reduzieren die Konsumenten in der Regel ihre Ausgaben und konsumieren weniger. Zweitens dürften die Konsumenten ihr Geld effizienter ausgeben und die Ausgaben für gewisse Produktkategorien drosseln. Daraus ergeben sich Veränderungen der relativen Nachfrage nach einem bestimmten Produkt. Ausserdem könnten abnehmende <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Konsumkredite aufgrund der verschärften Kreditbedingungen in einzelnen Ländern und die Reduzierung der Haushaltsverschuldung den rückläufigen Konsumtrend verstärken. Konsumenten geben weniger Geld aus So gesehen werden Haushalts- und Pflegeprodukte vom derzeitigen Umfeld stärker betroffen sein als andere generell defensive Konsumgüterbranchen. Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> ist aus zwei Gründen dieser Meinung. Zunächst einmal wegen des so genannten Downtrading: In einem schwierigen Umfeld bleibt den Konsumenten ein geringeres verfügbares Einkommen, und sie müssen ihre Ausgaben effizienter verwalten. Downtrading bedeutet, dass die Konsumenten in einer bestimmten Produktkategorie weniger luxuriöse oder hochwertige Produkte kaufen und stattdessen vermehrt zu Massenware oder sogar Eigenmarken übergehen. Deshalb dürften Unternehmen, die im oberen Segment positioniert sind, unter sinkenden Umsätzen und Marktanteilen leiden, während Unternehmen in den Segmenten Massenprodukte und Eigenmarken – Produkte, die unter dem Namen eines Einzelhändlers oder Herstellers vertrieben werden – profitieren. Insbesondere Eigenmarken erobern in Zeiten mit verlangsamtem oder rückläufigem Wirtschaftswachstum (siehe Grafik Seite 63) zusätzliche Marktanteile. Ausserdem kurbelten die Preiserhöhungen, welche die Hersteller von Haushalts- und Pflegeprodukten wegen gestiegener Rohstoffkosten in den Jahren 2007 und 2008 durchsetzten, die Marktanteilgewinne der Eigenmarken in den meisten Kategorien an. 2008 stieg der Marktanteil für Eigenmarkenprodukte des täglichen Bedarfs, wie etwa Seife, in Europa um 12,2 Prozent, jener für Bade- und Duschprodukte um 11,7 Prozent. Hingegen sind Kategorien mit höherem Mehrwert und solche, die für die Konsumenten sensitiver sind (z.B. Haarpflegeprodukte), tendenziell etwas stabiler (siehe Grafik Seite 64). Die Tendenz zum Downtrading zeichnete sich insbesondere in der zweiten Hälfte 2008 ab. So meldete beispielsweise L’Oréal, eher den Premium- und Qualitätssegmenten zugeneigt, ein sehr schwaches Umsatzwachstum auf Vergleichsbasis, insbesondere in Europa. Das Unternehmen korrigierte zudem seine Gewinn- und Umsatzaussichten für 2008 nach unten und gab sich für 2009 vorsichtig. Demgegenüber erreichte das Unternehmen Beiersdorf, das seine Kernmarke Nivea sehr gut zu positionieren wusste, im zweiten Halbjahr 2008 ein erfreulich dynamisches Umsatzwachstum. Daraus ist zu schliessen, dass Beiersdorf vom Downtra- steigern konnte. Gemäss einer Analyse > Foto: Mathias Hofstetter
89.4% Gesamtumsatz 5% 79.5% 4.9% 0.0% Osteuropa, Naher Osten Lateinamerika Afrika 32.9% Gesamtumsatz 9.4% Beiersdorf 15.8% 5.7% 2.0% Emerging-Markets-Umsatz in % des Gesamtumsatzes 2008E 29.3% Gesamtumsatz 14.2% 11.1% 3.5% 0.5% Reckitt Benckiser Emerging Markets: Wichtigste Wachstumstreiber der Branche 28.5% Gesamtumsatz Wirtschaft 63 Der Umsatz und das Gewinnwachstum, welche die europäischen Haushalts- und Pflegeproduktehersteller in den Emerging Markets erzielen, dürften in den nächsten Jahren zulegen. Quelle: Jahresabschlüsse, Schätzungen der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Henkel 6.6% 15.6% 5.3% 1.0% 27.1% Gesamtumsatz L’Oréal 10.2% 8.5% 6.9% 1.5% <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>