05.06.2013 Aufrufe

Durchbruch - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

Durchbruch - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

Durchbruch - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

74<br />

Leader Lorin Maazel<br />

Maazel hat das New York Philharmonic<br />

auf zahlreichen Auslandtourneen<br />

begleitet, so im letzten<br />

Jahr–erstmalsinZusammenarbeit<br />

mit der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> – nach<br />

Asien und Europa. Die Stationen<br />

der Asia 2008 waren Taipei,<br />

Kaohsiung, Hongkong, Schanghai<br />

und Peking sowie Pjöngjang in<br />

der Demokratischen Volksrepublik<br />

Korea, wo erstmals ein amerikanisches<br />

Orchester gastierte.<br />

Die Tour of Europe 2008 führte<br />

nach London, Frankfurt, Hamburg,<br />

Luzern, Essen, Paris, Stuttgart,<br />

Baden-Baden und Bonn. Vom<br />

21. Februar bis 9. März gehen<br />

Maazel und sein Orchester auf die<br />

13 Konzerte umfassende Winter<br />

U.S.Tour 2009.<br />

Konzertkalender:<br />

21. Februar, Atlanta, Georgia<br />

22. Februar, West Palm Beach, Florida<br />

23. Februar, Naples, Florida<br />

25. Februar, Sarasota, Florida<br />

26. Februar, Miami, Florida<br />

28. Februar, San Juan, Puerto Rico<br />

1. März, San Juan, Puerto Rico<br />

3. März, Chapel Hill, North Carolina<br />

4. März, Chapel Hill, North Carolina<br />

5. März, Danville, Kentucky<br />

7. März, Ann Arbor, Michigan<br />

8. März, Ann Arbor, Michigan<br />

9. März, Chicago, Illinois<br />

<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Bulletin 1/09<br />

Menschenrechten einiges zu wünschen übrig<br />

lässt. Dennoch ist die Reaktion der Leute<br />

auf unsere Musik ein untrügliches Indiz für<br />

ihre Gesinnung gegenüber der Regierung,<br />

die sie beherrscht, und die Standpunkte, die<br />

sie vertreten. Ich erinnere mich an das Konzert<br />

mit einem russischen Solisten und der<br />

Pittsburgh Symphony, das mitten im Kalten<br />

Krieg für die Vereinten Nationen in New York<br />

stattfand. Nach der Aufführung verliessen<br />

wir die Bühne Arm in Arm, und ich unterbrach<br />

den Applaus mit den Worten: «Hier haben<br />

Sie einen amerikanischen Dirigenten und<br />

ein amerikanisches Orchester, die mit einem<br />

Russen musizieren. Wenn wir das können,<br />

warum nehmen Sie sich nicht ein Beispiel<br />

an uns?» Vergessen Sie nicht, ich sprach<br />

damals zu einem Publikum von Diplomaten<br />

aus aller Welt. Meine Erklärung wurde mit<br />

betretenem Schweigen quittiert und ich<br />

glaubte zunächst, den Bogen überspannt zu<br />

haben. Aber nach einer kleinen Ewigkeit erhoben<br />

sich alle und begannen zu applaudieren.<br />

Sie hatten verstanden, was ich meinte.<br />

Wenn man sich in der Welt der Musik verstehen<br />

kann, sollten auch sie sich an einen Tisch<br />

setzen, anstatt Hindernisse aufzubauen.<br />

Es wird behauptet, die klassische Musik<br />

<br />

Die klassische Musik liegt nicht im Sterben,<br />

wie manche Leute denken mögen. Vielleicht<br />

schwächelt sie in der ermüdeten und alternden<br />

«upper middle-class» der USA, aber<br />

gewiss nicht in Europa oder Asien. In Japan<br />

hat sich das Interesse an klassischer Musik<br />

in den letzten 25 Jahren verdreifacht oder<br />

vervierfacht. Auf unserer Asientournee sassen<br />

in China scharenweise 30-Jährige im<br />

Publikum, und ich sah überall junge Familien<br />

mit Kindern, die gebannt zuhörten.<br />

Ihre Abschiedssaison als Musikdirektor<br />

des Philharmonic endet im Juni 2009.<br />

Gibt es noch spezielle Höhepunkte?<br />

Unser Programm ist sehr anspruchsvoll, und<br />

wir schliessen die Saison mit Gustav Mahlers<br />

«Sinfonie der Tausend» ab. Wir führen auch<br />

Benjamin Brittens «War Requiem» auf, ein<br />

Stück, das die Geschichte zweier Feinde<br />

erzählt, die sich nach dem Tod treffen und<br />

über die Sinnlosigkeit des Krieges philosophieren.<br />

Dieses Stück werde ich in meiner<br />

zweitletzten Woche im Juni aufführen. Ich<br />

hoffe, es noch oft aufführen zu können, denn<br />

dieses musikalische Meisterwerk enthält eine<br />

Botschaft, die mir viel bedeutet.<br />

Treten Sie schweren Herzens ab?<br />

Meine letzte Saison mit dem Philharmonic<br />

wird eine sentimentale Reise sein, obwohl<br />

ich sehr froh bin, dass ich mich zu Beginn<br />

meines Engagements entschied, nur sieben<br />

Jahre mit dem Orchester zu verbringen. Das<br />

ist dieselbe Anzahl Jahre, die Arturo Toscanini<br />

als Musikdirektor mit dem Orchester<br />

verbrachte. Die Sieben ist zudem meine<br />

Glückszahl. Ich werde also leichten Herzens<br />

abtreten in dem Bewusstsein, dass das Orchester<br />

seinen erfolgreichen Kurs fortsetzen<br />

wird. Wir werden in den Spielzeiten 2011/12<br />

und 2012/13 erneut zusammen musizieren.<br />

In unserer Welt ist das wie übermorgen.<br />

Haben Sie noch Träume, die Sie sich in<br />

den nächsten Jahren erfüllen möchten?<br />

Ich werde zum Komponieren zurückkehren.<br />

Und ich werde mich mit alten Freunden treffen,<br />

die ich vor sieben Jahren zurückliess,<br />

darunter die Wiener Philharmoniker und das<br />

London Philharmonia Orchestra. Aber ich<br />

werde weniger dirigieren, denn ich brauche<br />

mehr Zeit zum Schreiben von Musik.<br />

Gibt es rückblickend einen herausragenden<br />

Moment in Ihrer Karriere?<br />

In meinem Leben hat es viele solche Momente<br />

gegeben. Ich schätze mich sehr, sehr<br />

glücklich. Man sollte für vieles dankbar sein,<br />

vor allem für die Gesundheit. Darüber hinaus<br />

kommt alles einem Bonus gleich. Warum in<br />

der heutigen Zeit so viele Menschen deprimiert<br />

sind, ist mir unerklärlich. Meine Erinnerung<br />

ist voller wunderbarer Aufführungserfahrungen,<br />

richtiger Sternstunden. Einen<br />

Moment herauszusuchen und ihn als grössten<br />

meines Berufslebens zu bezeichnen,<br />

wäre sehr schwierig.<br />

Gab es ebenso viele persönliche wie<br />

<br />

Im Gegensatz zu dem, was viele denken, bin<br />

ich kein Workaholic. Wenn mein Leben nur<br />

aus Konzerten, Vorbereitungen und Proben<br />

bestanden hätte, wäre ich womöglich schwermütig<br />

geworden. Aber ich liebe das Leben<br />

und habe fast jeden Winkel der Erde bereist.<br />

Als ich jünger war und kaum Geld hatte, besuchte<br />

ich als Tourist richtig exotische Orte.<br />

Das Reisen mit wenig Geld gibt einem ein<br />

wunderbares Gefühl der Freiheit, das ziemlich<br />

einmalig ist. Ich empfinde das Leben im<br />

Überfluss eher als belastend. Ich bin immer<br />

wieder für längere Zeit in die Natur zurückgekehrt,<br />

das hat mir im Leben Halt gegeben.<br />

Ich bin sehr dankbar für die schönen Erfahrungen,<br />

die ich in der freien Natur sammeln<br />

konnte. Ich muss keine Liste der Dinge<br />

erstellen, die ich vor meinem Tod noch erleben<br />

möchte, wie Jack Nicholson im Film<br />

«The Bucket List». Ich sehe meinem Lebensabend<br />

ohne Reue entgegen. <<br />

Foto: Chris Lee

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!