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Durchbruch - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

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um die staubbeladene Luft besser einzusaugen?», spottete einer.<br />

Doch ein entscheidender Unterschied war eben genau das Mundstück,<br />

das nur beim Sauger von Booth direkt den Boden berührte.<br />

Bei einem Test ergab sich, dass man mit seiner Maschine 150 Gramm,<br />

mit der zweitbesten nur 1,5 Gramm Staub aus dem gleichen Teppich<br />

saugen konnte. Das überzeugte die Richter, und Booth bekam das<br />

Patent.<br />

Eine Erfindung muss also erstens zweckdienlich sein, damit sie<br />

sich durchsetzen kann. Es muss zweitens jemand da sein, der sie<br />

propagiert. Oft ist beklagt worden, dass sich in der Schweiz keine<br />

Computerindustrie entwickelt habe, obwohl doch an der ETH zahlreiche<br />

Innovationen in diesem Bereich gemacht wurden. Die Wahrheit<br />

ist: Im Gegensatz zu heute war damals an der ETH schlicht<br />

niemand daran interessiert, eigene Erfindungen zu vermarkten. Und<br />

die Schweizer Industrie war zu konservativ oder zu wenig aufmerksam.<br />

Ein einziges Mal haben Schweizer Investoren versucht, eine<br />

ETH-Erfindung zu kommerzialisieren – die Lilith-Arbeitsstation von<br />

Professor Niklaus Wirth. Doch weil man es unprofessionell anpackte<br />

und weil die Geldgeber zu wenig Geduld hatten, scheiterte das Projekt<br />

nach einem Jahr. Wirths erfolgreichste Erfindung, die Programmiersprache<br />

Pascal, wurde von der ETH an alle Interessierten zum<br />

Selbstkostenpreis abgegeben, und schliesslich machte ein Amerikaner<br />

damit Geld.<br />

Überholte Erfindungen<br />

Eine Entdeckung muss drittens, damit sie Erfolg hat, zur rechten<br />

Zeit kommen. Leonardo da Vincis Ideen, die nun wirklich genial waren,<br />

hatten in der Praxis keine Folgen, weil sie dem Stand der Tech-<br />

<strong>Durchbruch</strong> und Innovationen 09<br />

Der Informatikprofessor Niklaus Wirth (*1934)<br />

erlangte Weltruhm durch die Entwicklung und<br />

Implementierung seiner Programmiersprache<br />

Pascal. Er entwickelte an der ETH auch die<br />

Arbeitsstation Lilith. Um diese erfolgreich zu<br />

kommerzialisieren, fehlte der ETH aber das<br />

nötige Marketing-Know-how.<br />

nik weit voraus waren. Ideen können aber auch zu spät kommen: Der<br />

deutsche Ingenieur Anton Flettner erfand in den 1920er-Jahren<br />

einen völlig neuartigen Schiffsantrieb mit windgetriebenen rotierenden<br />

Zylindern anstelle von Segeln. Das entsprechende Know-how<br />

dafür wäre eigentlich schon 1850 vorhanden gewesen, aber 70 Jahre<br />

lang war niemand auf die Idee gekommen. Nun war das Flettner-<br />

Schiff dem Segelschiff zwar weit überlegen, aber wegen des billigen<br />

Öls hatte es gegen das neu aufgekommene Dieselschiff keine Chance<br />

und verschwand von der Bildfläche.<br />

Doch das muss nicht so bleiben. Anfang August 2008 ist in Kiel<br />

ein neuartiger Frachter vom Stapel gelaufen, der über einen Dieselantrieb<br />

und über vier Flettner-Rotoren verfügt. Die Hersteller versprechen<br />

sich davon eine Treibstoffersparnis von 30 bis 40 Prozent.<br />

Wer weiss, wenn der Ölpreis hoch genug steigt, schafft das Flettner-Schiff<br />

vielleicht doch noch einen verspäteten <strong>Durchbruch</strong>. <<br />

Literatur:<br />

Hans Wussing: «6000 Jahre Mathematik», 1. Band, Springer, 2008<br />

Gregor Henger: «Informatik in der Schweiz. Eine Erfolgsgeschichte<br />

verpasster Chancen», Verlag NZZ, 2008<br />

Christian Mähr: «Vergessene Erfindungen: Warum fährt die Natronlok<br />

nicht mehr?», DuMont, 2002<br />

Christoph Glauser: «Einfach blitzsauber. Die Geschichte des<br />

Staubsaugers», Orell Füssli, 2001<br />

Robert K. Merton: «Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen»,<br />

Suhrkamp, 1985<br />

<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Bulletin 1/09

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