GL 1/2011 - der Lorber-Gesellschaft ev
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22 Gotteserfahrung<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2011</strong><br />
Einen, in <strong>der</strong> Gottheit - wie ein Regentropfen im Ozean. In <strong>der</strong><br />
abendländischen, christlichen Mystik dagegen verspricht man sich, dass<br />
<strong>der</strong> Mensch zu seinem vollen Sein erwacht, was so viel heißt, als dass <strong>der</strong><br />
in jedem Menschen ruhende Gottesfunke, das „Fünkeli“, von dem Meister<br />
Eckhart spricht, zur vollen Flamme entfacht werde; so dass die alte<br />
adamitische Natur verzehrt wird und die göttliche Natur - <strong>der</strong> Christus im<br />
Menschen - auferstehen kann. Vergleichen lässt sich dieser Prozess mit<br />
einem Samenkorn, das in die Erde gelegt wird, wo es absterben muss, um<br />
schließlich Frucht zu bringen. Wenn dies gelingt und <strong>der</strong> Christus, die<br />
göttliche Natur im Menschen, die Herrschaft übernimmt, hören Sorgen,<br />
Elend und Kummer auf. Denn <strong>der</strong> Christus, die Göttlichkeit, ist immer<br />
siegreich und weiß von keiner Nie<strong>der</strong>lage. „Wenn Gott für uns ist, wer<br />
mag dann wi<strong>der</strong> uns sein“, so drückt dies Paulus aus. Allerdings gilt es,<br />
hierfür einen Preis zu bezahlen. Dieser Preis ist die Selbstübergabe an Gott<br />
und bedeutet: „nicht mein Wille, son<strong>der</strong>n dein Wille geschehe.“ Das ist<br />
keine einfache Sache, denn nicht je<strong>der</strong>mann ist bereit, sein Ego, seinen<br />
Eigenwillen zu „kreuzigen“. Darauf kommen wir im Laufe dieses Buches<br />
noch ausführlich zurück. Nur so viel: Wer nicht bereit ist, diesen Preis zu<br />
zahlen, kommt natürlich auch nicht in den „Genuss“ eines von Gott<br />
geführten und damit mit Erfolg gekrönten Lebens. Partielle Erfolge mögen<br />
dem Menschen beschieden sein, aber <strong>der</strong> volle Erfolg, ein vollauf<br />
gesegnetes Leben ist nur in <strong>der</strong> Verbindung mit Gott möglich. Wie heißt es<br />
so schön: An Gottes Segen ist alles gelegen! Nach diesem kleinen<br />
Schlenker zurück zu unserem Thema Mystik. Versuchen wir, sie etwas<br />
genauer unter die Lupe zu nehmen, dann lässt sie sich folgen<strong>der</strong>maßen<br />
beschreiben. Sie ist:<br />
• „ein intuitives Erfassen (man „weiß“ plötzlich), ein „unmittelbares<br />
Innewerden.“ (Schopenhauer)<br />
• das Bestreben des Menschen „über alles Wissen hinaus zu einer<br />
unmittelbaren Anschauung <strong>der</strong> geistigen Wirklichkeit, zu einem<br />
inneren Erleben des Zusammenhangs mit den letzten Gründen <strong>der</strong><br />
Dinge“ zu gelangen. (Windelband)<br />
• ein „Seelenzustand ... in welchem man sich zur geheimnisvollen<br />
Vereinigung mit dem All hingezogen fühlt und das Unwissbare zu<br />
wissen glaubt über solche Vereinigung.“<br />
• „das Aufhören allen Unterschieds.“ (Fritz Mauthner, österr.<br />
Schriftsteller und Philosoph; �1923)<br />
• „Ekstatisches Identifikationswissen in Anschauung und Gefühl.“<br />
Sprache ist „nur ein unzureichendes Darstellungsmittel des<br />
Gedankens und des in <strong>der</strong> mystischen >unio< und >exstasis