GL 1/2011 - der Lorber-Gesellschaft ev
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38 Das Gebet<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2011</strong><br />
zu Gott hin bestimmen. Als ein Akt <strong>der</strong> Liebe und <strong>der</strong> Anbetung<br />
gegenüber dem, von dem das Wun<strong>der</strong> des Lebens stammt. Kurz, das<br />
Gebet stellt das Bemühen des Menschen dar, mit einem unsichtbaren<br />
Wesen in Beziehung zu treten, mit dem Schöpfer alles Bestehenden,<br />
mit <strong>der</strong> höchsten Weisheit, Kraft und Schönheit, mit dem Vater und<br />
Heiland eines jeden von uns. Weit davon entfernt, ein simples Sprechen<br />
bestimmter Formeln zu sein, stellt das wahre Gebet einen mystischen<br />
Zustand dar, wo das Bewusstsein in Gott aufgeht. Dieser Zustand ist<br />
nicht intellektueller Art. So bleibt er denn auch den Philosophen und<br />
Gelehrten bis zur Unbegreiflichkeit verschlossen. Gleich wie <strong>der</strong> Sinn<br />
für das Schöne und die Liebe bedarf es keines Buchwissens. Die<br />
Einfältigen spüren ebenso selbstverständlich Gott wie die Sonnenwärme<br />
o<strong>der</strong> den Duft einer Blume. Aber dieser Gott, <strong>der</strong> für den, <strong>der</strong> zu<br />
lieben versteht, so zugänglich ist, verbirgt sich dem, <strong>der</strong> nur begreifen<br />
kann. Das Denken und die Sprache versagen, wenn er beschrieben<br />
werden soll. Daher findet das Gebet seinen höchsten Ausdruck in einem<br />
Aufschwung <strong>der</strong> Liebe durch die dunkle Nacht <strong>der</strong> Intelligenz hindurch.<br />
Seine Technik - wie soll man beten?<br />
Wie sollen wir beten? Wir haben die Technik des Gebets von den<br />
christlichen Mystikern gelernt, angefangen mit dem heiligen Paulus bis<br />
zum heiligen Benedikt und zu <strong>der</strong> Unzahl namenloser Apostel, die die<br />
Völker des Abendlandes während zwanzig Jahrhun<strong>der</strong>ten ins religiöse<br />
Leben eingeführt haben. Platos Gott war in seiner Größe unzugänglich.<br />
Der Gott Epiktets verschmolz mit <strong>der</strong> Seele <strong>der</strong> Dinge. Jahwe war ein<br />
orientalischer Despot, <strong>der</strong> nicht Liebe, son<strong>der</strong>n Schrecken einflößte.<br />
Umgekehrt das Christentum: es hat Gott in die Reichweite des<br />
Menschen gebracht. Es hat Gott ein Gesicht gegeben. Es hat ihn zu<br />
unserem Vater, unserem Bru<strong>der</strong> und unserem Heiland gemacht. Um<br />
Gott zu erreichen, bedarf es keines komplizierten Zeremoniells und<br />
keiner blutigen Opfer mehr. Das Beten ist leicht geworden und seine<br />
Technik einfach.<br />
Zum Beten genügt das Bemühen, sich auf Gott auszurichten. Und<br />
zwar ein Bemühen des Empfindens, nicht des Intellekts. Eine<br />
Betrachtung über Gottes Größe ist, zum Beispiel, kein Gebet, wenn sie<br />
nicht gleichzeitig Liebe und Vertrauen ausdrückt. So geht ein Gebet<br />
nach <strong>der</strong> Methode La Salles von einer intellektuellen Erwägung aus, um<br />
sofort auf das Empfinden überzugreifen. Ob kurz o<strong>der</strong> lang, ob laut o<strong>der</strong><br />
nur innerlich, das Gebet muss dem Gespräch eines Kindes mit seinem<br />
Vater gleichen. „Man stellt sich Gott so, wie man ist“, hat einmal eine