GL 1/2011 - der Lorber-Gesellschaft ev
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40 Das Gebet<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2011</strong><br />
Kirche. „Worauf warten Sie?“ fragt man ihn. „Ich schaue ihn an“,<br />
antwortet er, „und er schaut mich an.“ Den Wert einer Technik misst<br />
man an ihren Resultaten. Beim Beten ist jede Technik gut, solange sie<br />
den Menschen mit Gott in Berührung bringt.<br />
Wo und wann soll man beten?<br />
Wo und wann soll man beten? Man kann überall beten: auf <strong>der</strong> Straße,<br />
im Auto, in <strong>der</strong> Eisenbahn, im Büro, in <strong>der</strong> Schule, in <strong>der</strong> Fabrik. Besser<br />
betet es sich freilich auf dem Feld, in den Bergen und im Wald, o<strong>der</strong> in<br />
<strong>der</strong> Einsamkeit des Zimmers. Es gibt auch das liturgische Beten, das in<br />
<strong>der</strong> Kirche stattfindet. Aber wo immer man betet, Gott spricht zum<br />
Menschen nur, wenn dieser in sich Ruhe schafft. Die innere Ruhe<br />
hängt einerseits vom organischen und seelischen Zustand ab, an<strong>der</strong>seits<br />
von <strong>der</strong> Umgebung, in die wir eingetaucht sind. Körperlicher und<br />
geistiger Friede sind im Wirrwarr, im Lärm und in <strong>der</strong> Zerstreutheit<br />
einer mo<strong>der</strong>nen Stadt schwer zu erlangen. Heutzutage brauchen wir<br />
Stätten des Gebets, am besten Kirchen, wo <strong>der</strong> Städter jene physischen<br />
und psychischen Voraussetzungen finden kann - und sei es auch nur für<br />
einen kurzen Augenblick -, die für seine innere Stille unerlässlich sind. Es<br />
wäre we<strong>der</strong> schwierig noch kostspielig, inmitten des städtischen<br />
Tumultes solche einladenden und schönen Friedensinseln zu schaffen. In<br />
<strong>der</strong> Stille solcher Zufluchtsorte könnten die Menschen ihre Gedanken zu<br />
Gott erheben, ihre Muskeln und ihre Organe ausruhen lassen, ihren<br />
Geist entspannen, ihr Urteil klären und die Kraft empfangen, <strong>der</strong>en sie<br />
bedürfen, um das harte Leben zu ertragen, das unsere Zivilisation ihnen<br />
auferlegt.<br />
Nur wenn das Beten zur Gewohnheit wird, formt es den Charakter.<br />
Man muss also häufig beten. „Denk häufiger an Gott, als du Atem<br />
holst“, sagt Epiktet. Es ist sinnlos, am Morgen zu beten und sich den<br />
übrigen Tag wie ein Barbar zu benehmen. Ganz kurze Gedanken o<strong>der</strong><br />
innerliche Anrufungen vermögen dem Menschen Gott dauernd zu<br />
vergegenwärtigen. Und so wird das ganze Verhalten vom Gebet<br />
bestimmt. So verstanden, wird das Gebet zu einer Weise <strong>der</strong> Lebensführung.<br />
Wirkung des Gebets<br />
Das Gebet zeitigt immer Ergebnisse, wenn es auf geeignete Weise<br />
verrichtet wird. „Niemand hat je gebetet, ohne dabei etwas zu lernen“,<br />
schreibt Ralph Waldo Emerson. Trotzdem hält <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Mensch das<br />
Gebet für eine missbräuchliche Gewohnheit, für eitel Aberglauben, für