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GL 1/2011 - der Lorber-Gesellschaft ev

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24 Gotteserfahrung<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2011</strong><br />

Wie lässt sich aber eine subjektive Erfahrung so herüberbringen, dass<br />

sie objektiv-wissenschaftlichen Ansprüchen genügt? Das ist das<br />

„Problem“ <strong>der</strong> Mystik - wie allerdings je<strong>der</strong> persönlichen Erfahrung.<br />

Verhält es sich nicht ähnlich wie bei <strong>der</strong> Liebe? Man mag viele Bücher<br />

über Liebe gelesen und studiert haben und damit theoretisch kennen. Was<br />

sie aber wirklich ist, erkennt man erst, wenn man sie erlebt hat!<br />

Wie sieht nun die mystische Erfahrung konkret aus? Kennzeichnend für<br />

sie ist ein Durchbruch des Oberflächenbewusstseins, eine Bewusstseinserweiterung,<br />

eine Bewusstseinsverän<strong>der</strong>ung. Die 5 Sinne, die uns<br />

normalerweise an die materielle Welt fesseln, werden transzendiert. Der<br />

Mystiker fühlt sich erhoben, emporgehoben in eine an<strong>der</strong>e Welt, die heile<br />

Welt; wie sie vor aller Zeit war, ist und sein wird, in <strong>der</strong> alles Harmonie<br />

und Schönheit atmet: in <strong>der</strong> „visio beatifica“ = „<strong>der</strong> glückseligen Schau“,<br />

erschaut er den „Mundus archetypus“, die unverän<strong>der</strong>liche Ideenwelt eines<br />

Platon, den Himmel <strong>der</strong> Religionen; kosmisches, galaktisches o<strong>der</strong><br />

ozeanisches Bewusstsein wird erreicht, wo eines alles und alles eines ist:<br />

„In ihm leben, weben und sind wir“, beschrieb Paulus diesen Zustand,<br />

in dem die Subjekt-Objekt-Trennung aufgehoben und <strong>der</strong> Vorhang<br />

zwischen Schöpfer und Geschöpf verschwunden ist; <strong>der</strong> Schleier ist nicht<br />

mehr da, nur noch All-Eins-Sein, nicht mehr Allein-Sein, keine Trennung<br />

mehr, son<strong>der</strong>n Verschmelzung, Unio mystica, die Himmlische Hochzeit.<br />

Nicht nur <strong>der</strong> begnadete Mystiker, auch <strong>der</strong> Durchschnittsmensch erlebt<br />

bisweilen dieses Gefühl (zumindest in Ansätzen). Er fühlt sich dann wie<br />

im „7. Himmel“, er möchte die ganze Welt umarmen, ist einfach „selig“<br />

und schwebt auf Wolke 7. Auslösen mag diese Stimmung vielleicht ein<br />

Sonnenuntergang am Meer, wo man die unendliche Weite des Kosmos<br />

spürt o<strong>der</strong> zwei Liebende, die einan<strong>der</strong> begegnen o<strong>der</strong> auch einfach<br />

„himmlische“ Musik. Für Momente <strong>der</strong> Erdenschwere entrückt, verkostet<br />

die Seele Glückseligkeit, himmlischen Nektar. Diese Verzückung erlebt<br />

<strong>der</strong> Mystiker in <strong>der</strong> Erfahrung des Göttlichen, in dem Verschmecken <strong>der</strong><br />

göttlichen Gegenwart.<br />

Nach Platon gleichen wir Menschen einer Auster in einer Schale; doch<br />

wir können diese Schale durchbrechen und uns dem uns umflutenden<br />

Wasser öffnen, um uns von ihm umspülen und durchspülen zu lassen:<br />

Dieses Wasser ist das ewige Leben, die wahre Wirklichkeit. Im<br />

Alltagsbewusstsein sind wir uns dessen nicht bewusst, obwohl wir uns die<br />

ganze Zeit über „wie <strong>der</strong> Fisch in <strong>der</strong> See, wie <strong>der</strong> Vogel in <strong>der</strong> Luft“ darin<br />

bewegen. (Mechthild von Hackeborn)<br />

Die Mystiker, um die Begrenztheit <strong>der</strong> Sprache wissend, haben<br />

versucht, dem, was sich nur ungenau, nur schemenhaft in Worte fassen

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