GL 1/2011 - der Lorber-Gesellschaft ev
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<strong>GL</strong> 1/<strong>2011</strong> Das Gebet<br />
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Familien, die nur noch Degenerierte hervorbrachten o<strong>der</strong> ausstarben,<br />
nachdem sie den Glauben <strong>der</strong> Väter und den Kult <strong>der</strong> Ehre verloren<br />
hatten. Eine bittere Erfahrung hat uns gelehrt, dass <strong>der</strong> Verlust des<br />
Sinnes für Sittlichkeit und für das Heilige bei <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> aktiven<br />
Elemente einer Nation zum Nie<strong>der</strong>gang dieser Nation und zu ihrer<br />
Versklavung an Fremde führt. Dem Sturze des antiken Griechenland<br />
ging eine entsprechende Erscheinung voraus. Ganz offenkundig ist die<br />
Unterdrückung von <strong>der</strong> Natur gewollter seelischer Regungen<br />
unvereinbar mit einem erfüllten Leben.<br />
In <strong>der</strong> Praxis sind die sittlichen und die religiösen Regungen<br />
miteinan<strong>der</strong> verknüpft. Kurze Zeit nach dem Sinn für das Heilige<br />
schwindet auch <strong>der</strong> moralische Sinn. Es ist dem Menschen nicht gelungen<br />
- was Sokrates wollte -, ein moralisches System unabhängig von je<strong>der</strong><br />
religiösen Lehre zu entwickeln. <strong>Gesellschaft</strong>en, die das Bedürfnis zu<br />
beten verloren haben, sind im Allgemeinen nicht weit davon entfernt, zu<br />
degenerieren. Daher müssen sich alle Zivilisierten - Ungläubige ebenso<br />
wie Gläubige - für das schwere Problem <strong>der</strong> Entwicklung aller<br />
grundlegenden Regungen, <strong>der</strong>en <strong>der</strong> Mensch fähig ist, interessieren.<br />
Warum spielt <strong>der</strong> Sinn für das Heilige für das Gelingen eines Lebens<br />
eine so wichtige Rolle? Durch welchen Mechanismus wirkt das Gebet auf<br />
uns? Hier verlassen wir den Bereich <strong>der</strong> Beobachtung und betreten den<br />
<strong>der</strong> Hypothese. Aber selbst kühne Hypothesen sind für den Fortschritt<br />
des Wissens nötig. Es gilt vorab, sich zu vergegenwärtigen, dass <strong>der</strong><br />
Mensch ein unteilbares Ganzes darstellt, bestehend aus Geweben,<br />
organischen Flüssigkeiten und Bewusstsein. Er glaubt sich von seiner<br />
materiellen Umgebung, das heißt, vom kosmischen All, unabhängig und<br />
ist doch in Wirklichkeit davon untrennbar. Denn sein ständiger Bedarf<br />
an Sauerstoff aus <strong>der</strong> Luft und Nährstoffen aus <strong>der</strong> Erde bindet ihn an<br />
diese Umgebung. An<strong>der</strong>seits geht <strong>der</strong> lebende Körper in dem<br />
physikalischen Kontinuum nicht vollständig auf. Er besteht aus Materie,<br />
aber auch aus Geist. Und obwohl <strong>der</strong> Geist seinen Sitz in unseren<br />
Organen hat, erstreckt er sich doch über die vier Dimensionen des<br />
Raumes und <strong>der</strong> Zeit hinaus. Sollen wir da nicht glauben dürfen, dass wir<br />
gleichzeitig die kosmische Welt und einen ungreifbaren, unsichtbaren,<br />
unstofflichen Bereich bewohnen, dessen Natur <strong>der</strong> unseres Bewusstseins<br />
gleicht und dem wir uns ebenso wenig ohne Schaden entziehen können<br />
wie dem materiellen und menschlichen All? Dieser Bereich wäre nichts<br />
an<strong>der</strong>es als jenes allen Wesen immanente Wesen, das sie alle<br />
transzendiert und das wir Gott nennen. Man könnte also den Sinn für das<br />
Heilige mit dem Bedürfnis nach Sauerstoff vergleichen. Und das Beten