Jennyfer Großauer-Zöbinger - bei LiTheS
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<strong>LiTheS</strong> Sonderband Nr. 1 (Juni 2010)<br />
16<br />
Paul. Und Ihre Frau?<br />
http://lithes.uni-graz.at/lithes/10_sonderband_1.html<br />
Baron. Je zum Teufel fängst du schon wieder damit an – Meine Frau! sie mag<br />
nach Venedig reisen – und wenn sie da keinen Zeitvertreib findet, so wird es<br />
wohl nirgends als im Kloster welche für sie geben! Und nun kein Wort mehr –<br />
das rath ich dir! –<br />
[…]<br />
Mad. Buchw[ald]. Herr Baron dieser Ton? –<br />
Baron. Ist der Ton einer verwirrten, aber nicht ganz verdorbenen Herzens! –<br />
kurz es wäre zu boshaft von mir, wenn ich nicht durch das offenherzige Geständniß,<br />
daß weder mein Herz noch meine Hand in meiner Gewalt sind, eine<br />
Flamme zu unterdrücken mich bemühte, die vielleicht ein freyer Blick und der<br />
noch freyere Ton der grossen Welt in einem Augenblick anzufachen im Stande<br />
war! – Sie sind verheurathet Madame, die Arme Ihres Gemahles erwarten<br />
Sie! – Verzeihen Sie, daß ich den Ton der grossen Welt vergaß, und Ihnen keine<br />
Lüge sagte!! –<br />
Mad. Buchw[ald]. Sie wollen mich also nicht lieben? –<br />
Baron. Madame ich will zur Tugend zurückkehren, dieß Gelübd hab ich erst<br />
vor wenigen Augenblicken gemacht! […]“ 33<br />
Madame Buchwald ist die Zweite im Bunde der in Versuchung Geführten. Sie entstammt<br />
ursprünglich der bürgerlichen Oberschicht, fühlt sich aber im Geldadel<br />
heimischer. Sie wird wegen ihrer Rendezvousfreudigkeit mit fremden Männern, der<br />
öffentlichen Herabwürdigung ihres Mannes und seines Standes sowie wegen ihres<br />
an Prasserei grenzenden, auffälligen Putzes als Ausdruck des angestrebten mondänaristokratischen<br />
Lebensstils (die komische Deplatzierung als Folge des Agierens in<br />
einer sozialen Rolle, welche nur oberflächlich erworben, nicht aber vollständig habitualisiert<br />
wurde, lässt grüßen), der für die Gattin eines Kaufmanns wenig schicklich<br />
ist, ergebnislos angeklagt:<br />
„Klinger. Werden Sie bald selbst sehen – daß der Handel, den wir treffen wollen,<br />
ganz ein artig Stück Ar<strong>bei</strong>t ist! (Klinger nimmt den Baron bey der Hand, und<br />
führt ihn zur Madame Buchner [!].) Madame hier hab ich das Vergnügen, Ihnen<br />
in dem Freyherrn von Lindenthal einen der reichsten Cavalliere, den feurigsten<br />
Verehrer der weiblichen Schönheit aufzuführen! –<br />
Mad. Buchwald. (Mit einem affektirten Complement) Es ist mir ein großes<br />
Vergnügen einen so reichen und vornehmen Cavallier kennen zu lernen! –<br />
Baron. Ich werde um die Erlaubniß bitten – Sie Madame besuchen zu dürfen!–<br />
Mad. Buchwald. Ich würde es herzlich erlauben – aber ich hab gar einen abscheulich<br />
eifersüchtigen Mann […]<br />
33 Ferdinand Eberl: Kasperl’ der Mandolettikrämer, oder: Jedes bleib bey seiner Portion. Ein<br />
Lustspiel in drey Aufzügen. [Wien:] Wallishausser 1789, S. 4–9 und S. 156–157. Hrsg. von<br />
<strong>Jennyfer</strong> <strong>Großauer</strong>-<strong>Zöbinger</strong>. In: Mäzene des Kasperls (2008/09). Online: http://lithes.unigraz.at/maezene/eberl_mandolettikraemer.html<br />
[Stand 2009].