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Jennyfer Großauer-Zöbinger - bei LiTheS

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<strong>LiTheS</strong> Sonderband Nr. 1 (Juni 2010)<br />

http://lithes.uni-graz.at/lithes/10_sonderband_1.html<br />

schen Bestrebungen gekennzeichnete Regierungsphase ganz programmatisch, wird<br />

nun auch das Theater- neben dem Schulwesen von Reformen ereilt, deren Ziel die<br />

Herausbildung von Institutionen zur Verbesserung des Bildungsniveaus (im Bereich<br />

der Sitten wie des Intellekts) der Bevölkerung ist. 9 Maßgeblichen Beitrag leistet etwa<br />

Joseph Heinrich Engelschall mit seiner Schrift Zufällige Gedanken über die Deutsche<br />

Schaubühne zu Wien, in der das Theater als Ergänzung zur Legislative, der religiösen<br />

Erziehung und dem Schulsystem zweckdienlich als staatliche Einrichtung zur Umsetzung<br />

aufklärerischer, tugendhafter Werte und als Ort, an dem das Angenehme<br />

mit dem Nützlichen einhergeht, angepriesen wird:<br />

„[…] daß bloß die Kenntniß von dem Nützlichen und von dem Angenehmen<br />

der Grund von der Bildung eines guten Geschmacks sey. Denn durch die weise<br />

Verbindung dieser beyden Eigenschaften in den Wirkungen unsrer Handlungen<br />

zeigen wir, ob unser Geschmack gut oder übel ist. Man pflegt aber alles<br />

dasjenige für Angenehm zuhalten, was äußerlich unsern Sinnen und innerlich<br />

unsern Neigungen gemäß ist. Da hingegen das Nützliche in allen Stücken auf<br />

die Vollkommenheit des Menschen, das ist, auf die Beförderung alles desjenigen<br />

siehet, was ihn zu dem Endzwecke, zu welchen er erschaffen ist, nämlich<br />

beständig glückselig zu seyn, führet. Woraus dann offenbar folget, daß<br />

der bloße Augenmerk des Angenehmen den Menschen in seinen Handlungen<br />

zu seiner Unvollkommenheit, zu seinem Unglücke führen kann; die Verbindung<br />

des Nützlichen aber mit dem Angenehmen ihn niemals fehlen läßt. […]<br />

Diese Wahrheiten sind so allgemein, daß ihnen nichts mit Grunde entgegen<br />

gesetzet werden kann. Sie sind aber auch zu gleicher Zeit die Quelle aller Betrachtungen,<br />

die ich hier über die Schauspielkunst, einen Theil der sittlichen<br />

Gelehrsamkeit, anzustellen gedenke. […] jedermann giebt mir recht, daß die<br />

vornehmste Bemühung, einen Staat glücklich zu machen, in der Sorgfalt bestehe,<br />

gute Sitten bey den Unterthanen einzuführen. Wodurch gelangt man aber<br />

zu diesem Zwecke? Der größte Theil unserer Polizeyverweser weiß nur von drey<br />

Wegen: Durch Anlegung guter Schulen; durch Sorgfalt für die reinen Lehren<br />

der Religion; und durch die Strenge der Gesetze. Wider alle diese drey Stücke<br />

habe ich nichts einzuwenden; es ist gewiß, sie sind in einem Staate unentbehrlich.<br />

Allein ich halte sie nach dem gemeinen Weltlaufe nicht für hinlänglich,<br />

und entdecke in der Schauspielkunst durch die Erfahrung noch einen vierten<br />

leichten Weg, zu meinem Zwecke zu gelangen. […] wenn ich des Menschen<br />

Neigungen zu gleicher Zeit schmeicheln, und ihn mit Lachen von sittlichen<br />

Wahrheiten überführen kann; wenn ich auch die Stunde seines Vergnügens mir<br />

zu nutze machen, und ihm in selbigen angenehmen Unterricht ertheilen kann;<br />

warum soll ich solches unterlaßen?“ 10<br />

9 Vgl. Carl Glossy: Zur Geschichte der Wiener Th Theaterzensur. eaterzensur. I. In: Jahrbuch der GrillparGrillparzergesellschaft 7 (1897), S. 239.<br />

10 [Joseph Heinrich Engelschall]: Zufällige Gedanken über die deutsche Schaubühne zu<br />

Wien, von einem Verehrer des guten Geschmacks und guter Sitten. In: Philipp Hafner.<br />

Burlesken und Prosa. Mit Materialien zur Wiener Theaterdebatte. Hrsg. von Johann Sonnleitner.<br />

Wien: Lehner 2007, S. 252–257.

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