Jennyfer Großauer-Zöbinger - bei LiTheS
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<strong>LiTheS</strong> Sonderband Nr. 1 (Juni 2010)<br />
http://lithes.uni-graz.at/lithes/10_sonderband_1.html<br />
Ausrufen der „allgemeinen Spektakelfreiheit“ 98 im Jahre 1776 – eine für die Schauspielunternehmer<br />
entscheidende Neuorganisation des Theaterwesens, die auf das<br />
liberale Verständnis Josefs II. zurückzuführen ist. Nach dem Bankrott der Hoftheaterpächter<br />
hebt der Monarch das 1728 erlassene Spiel-Privilegium der Hoftheater<br />
auf, wodurch das Theaterspielen in Wien auf kaiserliche Anordnung hin für alle<br />
Schauspielertruppen ohne Abgabeleistungen an die Hoftheater möglich wird. 99 Die<br />
finanzielle Entlastung der saisonal in Wien anwesenden Theaterunternehmer ließ<br />
manche von ihnen sesshaft werden und forcierte damit indirekt den Zuwachs an<br />
neuen Theatern.<br />
Fördernd wirkte, abgesehen davon, dass der Zeitabschnitt an sich weitgehend ohne<br />
kriegerische Auseinandersetzungen verlief 100 , die Erschließung der Vorstädte als<br />
Wohn- und Ar<strong>bei</strong>tsplatz, als deren Folge Bevölkerungszahl und Wohlstand zunahmen<br />
– eine soziale Umstrukturierung, die das potentielle Publikum für etwaige<br />
Vorstadttheater hervorbrachte. 101<br />
Als weiterer bestimmender Faktor für die Entstehung der Vorstadttheater sei das<br />
selbst erwirtschaftete Privatvermögen diverser Schauspielunternehmer genannt, die<br />
es nach dem Erlöschen des Theatermonopols häufiger 102 als zuvor nach Wien zog.<br />
Ihre gute finanzielle Situation bildete die Basis für den Erwerb einer geeigneten Immobilie<br />
und erlaubte den Bau eines privat-„bürgerlichen“ 103 Theatergebäudes jenseits<br />
98 Am 23. März 1776 teilte Josef II. der „Nieder-Österreichischen Regierung“ mit, dass „hin- „hinfüro<br />
kein Privativum mehr ertheilet werden würde, sondern einem Jeden frey seyn solle, auf<br />
was immer für eine erdenkliche Art sowohl in – als vor der Stadt das Publicum zu unterhalten<br />
und sich einen Nutzen zu verschaffen.“ Zit. nach Hadamowsky, Theatergeschichte,<br />
S. 255.<br />
99 Vgl. Hadamowsky, Die Josefinische Theaterreform, S. 8–27<br />
100 Der Siebenjährige Krieg endete 1763, der Bayrische Erbfolgekrieg (1778/79) hatte den ChaCharakter eines Kabinettkrieges ohne größere Gefechte und war für die Bevölkerung daher<br />
auch weniger belastend, die Revolutionskriege (1792–1815) begannen erst nach der für die<br />
Vorstädte entscheidenden Wachstumsperiode.<br />
101 Blümml und Gugitz sprechen von den 1770er und 1780er Jahren als Zeitraum, der gegeprägt ist vom „Anwachsen der Vorstädte und des Wohlstandes der Wiener Bevölkerung<br />
in einer Zeit des Friedens“. Blümml und Gugitz, Thespiskarren, S. 103. Pezzl stellt einen<br />
Zusammenhang zwischen den sich in den 1780er Jahren in der Vorstadt häufenden Fabrikgründungen,<br />
den sich daraus ergebenden Wohlstand und der Beliebtheit des Josefstädter<br />
Theaters her. Vgl. Johann Pezzl: Mahlerische Darstellung der k. k. Haupt- und Residenz-<br />
Stadt Wien, oder kurzgefaßte Geschichte derselben von ihrem Ursprunge bis auf den gegenwärtigen<br />
Augenblick. Wien: Müller 1822, S. 252–253.<br />
102 In „den Siebzigerjahren des achtzehnten Jahrhunderts [zeigten sich] in den Wiener Vorstäd- Vorstädten<br />
mehr wandernde Schauspielertruppen als sonst“. Blümml und Gugitz, Thespiskarren,<br />
S. 103.<br />
103 Vgl. Österreichisches Musiklexikon. Online: http://www.musiklexikon.ac.at „Schauspielhäuser“<br />
[Stand 2009].