Jennyfer Großauer-Zöbinger - bei LiTheS
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<strong>Jennyfer</strong> <strong>Großauer</strong>-<strong>Zöbinger</strong>: Das Leopoldstädter Theater (1781–1806)<br />
Auch Räsonierer sprachen der Örtlichkeit <strong>bei</strong> aller Kritik als Nebenerscheinung des<br />
Theaterbesuchs die Stiftung von Sozialkontakten zu:<br />
„Ich bin überzeugt und will es zur Ehre unserer Nation glauben, daß besonders<br />
der denkende Teil der Menschen diesen Schauplatz nicht um der Schauspiele<br />
willen besucht, wovon keines der Aufmerksamkeit würdig ist, er besucht sie wie<br />
einen öffentlichen Gesellschaftsort – um seine Bekannten zu finden.“ 146<br />
Man sah im Leopoldstädter Theater in zweierlei Hinsicht und wurde gesehen, man<br />
tauschte hier Neuigkeiten aus, betrieb Konversation und vergnügte sich über den<br />
vordergründigen Besuch der Komödie hinaus. Das Theater hatte unbestritten neuigkeits-<br />
und gesellschaftsstiftende Funktion, es war Unterhaltungs-Maschinerie im<br />
wahrsten Sinne des Wortes und abendfüllende Beschäftigung.<br />
Theater-Praxis: Spielbeginn, Normatage und Eintrittspreise<br />
Schon Joseph von Sonnenfels hielt die Abendstunden für den rechten Zeitpunkt,<br />
das Theater zu besuchen; v. a. „die Stunden von 6 bis 10 Uhr“, schrieb er, seien<br />
geeignet, „bey dem Schauspiele hingebracht zu werden“ 147 , eine Begleiterscheinung<br />
der neuzeitlichen Strukturierung des Tages, womit Aktivitäten des Nachmittags auf<br />
den Abend verschoben wurden (noch im ausgehenden Mittelalter begannen Theatervorstellungen<br />
in der Regel um ein Uhr Mittags und fanden um sieben Uhr<br />
abends, spätestens aber mit Einbruch der Dunkelheit ein Ende). 148 Die Theaterzettel<br />
des Leopoldstädter Theaters nennen entweder „halb 7 Uhr“ oder „7 Uhr“ als Zeitpunkt<br />
für den Beginn der Vorstellung. 149<br />
Der Spielplan des Leopoldstädter Theaters ist in den ersten Jahren noch von dem<br />
von Maria Theresia 1752 erlassenen „Norma-Edikt“ geprägt, welches neben dem<br />
Verbot des Bernardon auch jene 50 Tage (Norma-Tage) benannte, die frei von The-<br />
146 Etwas für Kasperls Gönner, S. 86.<br />
147 Joseph von Sonnenfels: Der Mann ohne Vorurtheil. Eine Wochenschrift. 4 (1766), S. 680.<br />
148 Vgl. Tanzer, Spectacle müssen seyn, S. 63.<br />
149 Vgl. Theaterzettel des Leopoldstädter Theaters in der Wienbibliothek im Rathaus. Bd. 1.<br />
Wien: [o. V.] 1781–1798 (Sig. C 64525).<br />
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