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Jennyfer Großauer-Zöbinger - bei LiTheS

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<strong>LiTheS</strong> Sonderband Nr. 1 (Juni 2010)<br />

http://lithes.uni-graz.at/lithes/10_sonderband_1.html<br />

te. 107 Die Niederlassung ist somit nicht nur als Bühnengründung infolge günstiger<br />

gesellschaftshistorischer und lokaler Gegebenheiten, sondern auch als Positionierung<br />

der Schauspielgesellschaft im sozialen Gefüge Wiens zu sehen. Marinelli grenzt die<br />

Badner Gesellschaft eindeutig von den Betreibern mobiler Marionettenbuden ab,<br />

will nichts gemein haben mit dem „landstreicherische[n] Komödieantenvolk“ 108 ,<br />

was natürlich aufgrund der pekuniären Situation 109 der Gesellschaft und des bestehenden<br />

Spielkontrakts mit der Stadt Baden der Realität entsprach, aber auch einem<br />

mit Absicht vorgenommenen Präsentabelmachen der Gesellschaft diente, um<br />

das Ansinnen auf ein eigenes Spielhaus als gerechtfertigt auszuweisen. In jedem<br />

Fall aber ist der soziale Aufstieg der Schauspielergilde, der zuletzt mit der Sesshaftwerdung<br />

einhergeht, ebenso wenig von der Hand zu weisen wie der Zugewinn<br />

Marinellis an symbolischem Kapital, also an gesellschaftlichem Prestige, Status und<br />

an Reputation, durch das erteilte Recht sich fortan „einen kais. kön. privilegirten<br />

Schauspielunternehmer“ 110 schreiben zu dürfen, der über einen festen Wohnsitz und<br />

ein eigenes Theatergebäude besitzt.<br />

Die Betitelung „kais. kön. privilegirter Schauspielunternehmer“ ist nur eines der<br />

Privilegien 111 , die Marinelli für seine Bühne in der Leopoldstadt erwirkte und die<br />

fürdie weiteren, in den darauffolgenden Jahren in den Vorstädten entstehenden The-<br />

107 Marinelli erwarb das Grundstück, auf dem er das Theatergebäude errichten ließ, von der<br />

Geliebten und Erbin des 1780 verstorbenen Leopoldstädter Bürgers Anton Schreyer. Felix<br />

Czeike: Historisches Lexikon Wien in sechs Bänden. Wien: Kremayr & Scheriau 2004,<br />

Bd. 4, S. 39. Hadamowsky, Das Theater in der Wiener Leopoldstadt, S. 46. Die Bürgerrechte<br />

wurden demjenigen zugesprochen, der Hausbesitz und Eigentum in der Stadt hatte,<br />

Steuern, Abgaben sowie seinen Beitrag zum Wehrdienst leistete. Letzterem kam Marinelli<br />

definitiv nach. Der Spion von Wien berichtet über Abgabeleistungen des Theaterdirektors,<br />

der sich bereit erklärte, „eine ansehnliche Summe als Kriegssteuer abzureichen, wenn sein<br />

Theaterpersonale, wie jenes des National Hoftheaters von der Kriegssteuer befreit bleibe“.<br />

In der Folge bezahlte Marinelli „für sein sämtliches Theaterpersonal 500 fl. Kriegssteuer aus<br />

seiner eigenen Börse“. Vgl. Der Spion von Wien. Eine Wochenschrift. Wien: [o. V.] 1789,<br />

Bd. 1, S. 10 und Bd. 2, S. 8.<br />

108 So die pauschal geurteilte und stark wertende Bezeichnung für fahrende Komödianten.<br />

Hadamowsky, Das Theater in der Wiener Leopoldstadt, S. 41.<br />

109 Die Antwort des „Musicimpostamts-Administrator v. Zahlheimb“ auf ein Gesuch MenMenningers und Marinellis um Herabsetzung der an das Magistrat Wien zu entrichtenden Musikimpostgebühr<br />

gibt Aufschluss über die Geschäfte der Badner Gesellschaft. Die Höhe der<br />

Musikimpostgebühr lässt Rückschlüsse auf die Einnahmen der Gesellschaft zu: „Ich [d. i.<br />

Zahlheimb] habe diesen leztvergangenen Winter öfters um mein Geld verläßliche Leüthe<br />

in die Leopoldstädter Komödie geschikt, und in Antwort erhalten, daß die Supplicanten<br />

11 auch 12 Musicanten gehabt haben, so mittels eines Durchschnitts genohmen 8 fl. 15 Kr.<br />

jedesmal betraget. Deren Supplicanten Losung oder Einnahm, weillen die Pläze fast allezeit<br />

besezet sind, und vielmehr, weillen die Persohnen abzehlen lassen, belaufet sich einen Tag<br />

in den andern gerechnet über 100 f. […]. Diese Schauspiell Unternehmere sind vermögliche<br />

Leüte […].“ Brukner, Die Gründungsakten, S. 3.<br />

110 Ebenda, S. 6.<br />

111 Zu den anderen siehe ebenda, S. 6–8.

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