Entwurf_Titel_2 1..1 - Anwaltsblatt - Deutscher Anwaltverein
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MN THEMA<br />
Wie hält es die Politik mit dem<br />
Rechtsberatungsgesetz?<br />
<strong>Anwaltsblatt</strong>-Umfrage bei den rechtspolitischen Sprechern der im<br />
Bundestag vertretenen Fraktionen<br />
Die Novellierung des Rechtsberatungsgesetzes<br />
ist ein Gesetzgebungsvorhaben,<br />
das ausdrücklich in der Koalitionsvereinbarung<br />
von SPD und<br />
Bündnis 90/Die Grünen für die laufende<br />
Legislaturperiode genannt ist.<br />
Das Bundesjustizministerium wünscht<br />
eine breite Diskussion. Der DAV hat<br />
schon im Frühjahr seinen <strong>Entwurf</strong> vorgelegt<br />
(AnwBl 2004, 269). Im Juli hat<br />
die BRAK ihrerseits Vorschläge unterbreitet.<br />
Der Deutsche Juristentag wird<br />
am 22. und 23. September 2004 über<br />
die Neufassung des Rechtsberatungsgesetzes<br />
beraten. Im Bundesjustizministerium<br />
hatte es geheißen, dass<br />
rechtzeitig vorher ein Diskussionsentwurf<br />
kommt. Dieser <strong>Entwurf</strong> ist nun<br />
für Ende August/Anfang September<br />
(nach Redaktionsschluss für dieses<br />
Heft) angekündigt.<br />
Das <strong>Anwaltsblatt</strong> wollte vorher<br />
schon wissen, wie es die Politik mit der<br />
Novellierung des Rechtsberatungsgesetzes<br />
hält. Das Ergebnis ist aus Sicht<br />
der Anwaltschaft erfreulich. Keine<br />
Fraktion will die Rechtsberatung generell<br />
frei geben – und alle sind der Meinung,<br />
dass Rechtsberatung im Kern anwaltliche<br />
Beratung sein muss. nil<br />
Frage 1: Welchen Bedarf gibt es<br />
nach Ihrer Auffassung für die Novellierung<br />
des Rechtsberatungsgesetzes?<br />
Frage 2: Der Vorschlag des DAV<br />
sieht die teilweise Freigabe der unentgeltlichen<br />
Rechtsbesorgung vor,<br />
z. B. aus Gefälligkeit oder für karitative<br />
Einrichtungen. Ihre Meinung<br />
dazu?<br />
Frage 3: Soll die Rechtsberatung<br />
auch für Rechtsschutzversicherer<br />
und Fachhochschuljuristen freigegeben<br />
werden?<br />
Frage 4: Gilt für Sie, dass Rechtsberatung<br />
anwaltliche Beratung ist?<br />
Joachim Stünker,<br />
rechtspolitischer<br />
Sprecher der<br />
SPD-Fraktion.<br />
Dr. Norbert Röttgen,rechtspolitischer<br />
Sprecher<br />
der CDU/CSU-<br />
Fraktion.<br />
Jerzy Montag,<br />
rechtspolitischer<br />
Sprecher<br />
der Fraktion<br />
Bündnis 90/Die<br />
Grünen.<br />
Rainer Funke,<br />
rechtspolitischer<br />
Sprecher<br />
der FDP-Fraktion.<br />
Joachim Stünker<br />
(SPD-Fraktion)<br />
AnwBl 8 + 9/2004<br />
Frage 1: Die Überarbeitung des<br />
Rechtsberatungsgesetzes ist dringend geboten.<br />
Die restriktiven Bestimmungen<br />
des geltenden Rechts sind nicht mehr<br />
zeitgemäß. Wir stehen daher vor der<br />
schwierigen Aufgabe, auf der einen Seite<br />
Deregulierungen vorzunehmen sowie andererseits<br />
eine geordnete Rechtspflege<br />
zu bewahren und die Rechtssuchenden<br />
vor den Folgen unqualifizierter Beratung<br />
zu schützen.<br />
Frage 2: Ich unterstütze den Vorschlag,<br />
die unentgeltliche altruistische Rechtsberatung<br />
durch Freunde und Bekannte<br />
zukünftig zuzulassen. Da die Rechtssuchenden<br />
hier wissentlich auf professionelle<br />
Hilfe verzichten, entfällt das Schutzbedürfnis.<br />
Auch karitativ tätigen<br />
Organisationen sollte auf gesetzlicher<br />
Grundlage die Möglichkeit der unentgeltlichen<br />
Rechtsberatung eingeräumt werden.<br />
Zur Sicherstellung der Beratungsqualität<br />
sollten die Verbände jedoch<br />
verpflichtet werden, die Beratung durch<br />
juristisch qualifizierte Personen oder zumindest<br />
unter deren Aufsicht zu erbringen.<br />
Frage 3: Ich halte es für problematisch,<br />
Fachhochschuljuristen die<br />
Möglichkeit zur selbstständigen Rechtsbesorgung<br />
zu gewähren. Eine derartige<br />
Erlaubnis wäre im Übrigen nicht auf Absolventen<br />
dieses Abschlusses beschränkbar,<br />
andere juristische Berufe würden die<br />
Genehmigung gleichermaßen für sich<br />
beanspruchen, obwohl die Qualität ihrer<br />
Ausbildung nicht mit zwei juristischen<br />
Staatsexamen vergleichbar ist. Zudem<br />
unterliegt nur der Rechtsanwalt einer<br />
Fülle von Verpflichtungen, die dem<br />
Schutz des Rechtssuchenden dienen. Bei<br />
der Beratung durch Rechtsschutzversicherer<br />
sehe ich die Gefahr der Interessenkollision.<br />
Unsere Meinungsbildung<br />
ist diesbezüglich jedoch noch nicht abgeschlossen.<br />
Frage 4: Dem kann ich nicht ohne<br />
Einschränkung zustimmen. Neben den<br />
bereits erwähnten Beratungsbefugnissen<br />
sollte bestimmten Berufsgruppen die<br />
Möglichkeit der sog. Annex-Beratung erhalten<br />
bleiben. Hier ist im Übrigen auch<br />
eine Ausweitung der Befugnisse denkbar.<br />
Die allgemeine Erlaubnis zur Rechtsbesorgung<br />
sollte meines Erachtens jedoch<br />
nur Rechtsanwälten erteilt werden.<br />
Es muss gewährleistet sein, dass Fragen<br />
von hoher juristischer Relevanz bzw. materiell-<br />
oder verfahrensrechtlicher Komplexität<br />
Personen mit einer qualifizierten<br />
und umfassenden Ausbildung vorbehalten<br />
bleiben.