Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Ein Förderer der beiden Schweizer ist in Hein Verbruggen zu<br />
verorten. Der Niederländer und Rogge-Freund mit dem<br />
Leumund eines ehemaligen Radsport-Präsidenten, dessen<br />
Amtszeit unbestreitbar als Hochzeit des Sportbetrugs zu<br />
gelten hat, schied 2008 aus dem IOC. Er wurde Ehrenmitglied<br />
des Ringe-Ordens und ließ sich an die Spitze aller 91<br />
olympischen und nichtolympischen Sportverbände wählen.<br />
Ihr Zusammenschluss nennt sich SportAccord, als Nachfolgeorganisation<br />
der AGFIS.<br />
Verbruggens Interesse ist es zum<br />
Finale seiner Präsidentschaft in<br />
diesem Jahr offensichtlich,<br />
jemanden an die Spitze des IOC<br />
zu befördern, der die Interessen<br />
der Verbände stärkt. Und was<br />
das für ein Interesse ist, hat er<br />
kürzlich der FAZ in aller Offenheit<br />
so erklärt: „Ich bin ein<br />
Marketing-Mann und muss den<br />
Sport verkaufen.“<br />
Wohin die Reise gehen sollte<br />
auf dem Weg zu einem „neuen“<br />
IOC, hat Oswald 2009 beim<br />
<strong>Olympische</strong>n Kongress in<br />
Kopenhagen angegeben. Da<br />
nämlich schlug der 70 Jahre<br />
alte Anwalt eine radikale Veränderung<br />
der Vollversammlung<br />
vor. Sie sollte in ein „Weltsportparlament“<br />
gewandelt werden,<br />
gebildet von 35 „unabhängigen“<br />
Delegierten des IOC und jeweils<br />
derselben Zahl an Abgeordneten der Verbände, der NOKs<br />
und der Athleten. Macht zusammen 140 Mitglieder der<br />
Session statt bisher maximal 115. „Alle olympischen Verbände<br />
sollten vertreten sein. Sie sollten als wesentlicher<br />
Teil des IOC ein größeres Mitbestimmungsrecht haben, auch<br />
wenn es um die Vergabe <strong>Olympische</strong>r Spiele geht“, so<br />
Oswald.<br />
IOC-Präsident Jaques Rogge<br />
Dieses revolutionäre Modell wäre aber auch ein weiteres<br />
Einfallstor für alle möglichen Interessenten aus Politik und<br />
Wirtschaft. Schon jetzt ist zu beobachten, wie der von<br />
Präsident Wladimir Putin gelenkte russische Sport unter<br />
Hilfestellung von Oligarchen und Sponsoren seinen Einfluss<br />
in den Gremien der internationalen Verbände zu verstärken<br />
versucht, auch über die Platzierung willfähriger Funktionäre.<br />
Die Perspektive ist unübersehbar: Dem Land nach den<br />
Winterspielen im kommenden Jahr in Sotschi und der<br />
Fußball-Weltmeisterschaft 2018 auch <strong>Olympische</strong> Spiele in<br />
Russland zu besorgen, möglichst schon 2024 in St. Petersburg.<br />
Nicht ganz zufällig findet in Putins Heimatstadt Ende<br />
Mai auch die nächste Vollversammlung der Weltverbände<br />
statt.<br />
Welche Rolle künftig die Verbände im IOC spielen sollen und<br />
wie sich die Machtfragen innerhalb der Ringe-Organisation<br />
entwickeln, das hängt stark vom künftigen IOC-Präsidenten<br />
ab. Rogge-Stellvertreter Thomas Bach, ein weiterer möglicher<br />
Kandidat für den olympischen Chefsessel, hat in Kopenhagen<br />
ein gegensätzliches Bild von der Architektur des IOC im 21.<br />
Jahrhundert gezeichnet. „Soll eine Session hauptsächlich aus<br />
Mandats-unabhängigen Mitgliedern bestehen, die über<br />
Kompetenz, Wissen und Erfahrungen in Politik, Wirtschaft,<br />
Kultur verfügen, oder hauptsächlich aus quotierten Delegierten<br />
verschiedener Interessengruppen, mit klarem Mandat<br />
ihrer entsendenden Organisation?“, hatte Bach vor dem<br />
Weltforum mit Vorsicht gefragt und danach eine eindeutige<br />
Antwort gegeben: „Ich habe erkennbar gemacht, dass ein IOC<br />
aus unabhängigen Mitgliedern ohne bindendes Mandat<br />
stärker wird, weil es besser in der Lage wäre, die verschiedenen<br />
legitimen Interessen auszugleichen.“<br />
Rogge sah keine Notwendigkeit, noch in seiner Regierungszeit<br />
eine Entscheidung über Strukturfragen des IOC zu treffen.<br />
Im Abschlussprotokoll des <strong>Olympische</strong>n Kongresses heißt<br />
es dann auch im besten Politslang: „Das IOC soll seine Kriterien<br />
für Mitgliedschaft und das Verfahren für Zulassungen im<br />
Lichte der Entwicklung des Sports und mit der Absicht prüfen,<br />
seine Unabhängigkeit und seine Autonomie zu wahren.“<br />
Wie diese drängende Prüfung ausgeht, welchen Weg das IOC<br />
als bedeutendste Weltsport-Organisation im kommenden<br />
Jahrzehnt einschlagen wird und welche Rolle die internationalen<br />
Verbände dabei spielen, das ist die spannendste Frage<br />
für die Zeit nach Rogge.<br />
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