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Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Drumherum sind wesentlich professioneller organisiert.“<br />

Liebhardt erkannte: „Beim DBS geht es um Spitzensport, nicht<br />

um Werbung für eine gute Sache.“ Sie dagegen sucht Erfüllung,<br />

„die über den normalen sportlichen Erfolg hinaus geht.<br />

Es macht mich glücklich, sportlich aktiv sein zu können, weil<br />

es Zeiten gab, wo ich daran nicht mehr glauben wollte“. Sie<br />

ist überzeugt, dass der Sport ihre Reha beschleunigt hat:<br />

„Insgesamt sechs Wochen nach der OP war ich wieder zu<br />

Hause, wesentlich früher als die meisten anderen unter<br />

diesen Umständen.“<br />

Wichtig ist allein die Möglichkeit einer Teilnahme am sportlichen<br />

Wettkampf, sagte sie. „Erfüllung würde ich wohl auch<br />

empfinden, wenn ich Zehnte oder Zwölfte meiner Disziplin<br />

wäre, eine Medaille ist nur das I-Tüpfelchen.“ Bei Veranstaltungen<br />

der eher sozial- denn leistungsorientierten TransDia<br />

werde man, so ihr Eindruck, im Erfolgsfall „zwar bewundert,<br />

aber manchmal auch belächelt“. Das stört Franziska Liebhardt.<br />

Sie will mit ihrem Sport, der ihr den Weg zurück ins Leben<br />

ebnete, ernst genommen werden. Deshalb kämpfte sie darum,<br />

auch bei den Körperbehinderten starten zu dürfen. „Hier habe<br />

ich dieses Gefühl nicht.“<br />

Dafür stößt sie dort auf ein Handicap: Der DBS lässt Transplantierte<br />

nicht als Transplantierte starten, er führt keine Klasse für<br />

Sportler mit Organdefekten, sondern steckt Liebhardt in die<br />

Gruppe der „allgemein Behinderten“, zu der die Klasse der<br />

Cerebralparetiker mit geringfügiger Beeinträchtigung gehört,<br />

geheimnisvoll TF 38 genannt. Die Würzburgerin ist wegen<br />

neurologischer Probleme, die während ihrer Grunderkrankung<br />

(Autoimmunerkrankung) zu einer leichten Halbseitenlähmung<br />

führten, startberechtigt in TF 38. Wie verschroben die Klassifizierung<br />

im Behindertensport ist (bei TransDia wird nur nach<br />

Alter, nicht nach Spenderorganen<br />

unterschieden), lässt<br />

sich gut mit einer Frage wie<br />

dieser belegen: Könnte das<br />

DBS-Mitglied Liebhardt, die<br />

im Besitz eines Schwerbehindertenausweises<br />

mit einem<br />

GdB (Grad der Behinderung)<br />

von 100 Prozent ist, bei den<br />

Paralympics starten? Nein,<br />

kann sie nicht, ihre DBS-<br />

Klasse „allgemein Behinderte“<br />

existiert international nicht.<br />

Schade eigentlich, Liebhardt<br />

traut sich nämlich zu, die<br />

Qualifikationsnormen für die<br />

Paralympics zu erfüllen: „Sie<br />

liegen in einem für mich<br />

theoretisch durchaus erreichbaren<br />

Bereich. Aber dafür<br />

müsste ich bis zu den nächsten<br />

Paralympics fit und voll<br />

trainingsfähig bleiben. Wären sie schon diesen Sommer, hätte<br />

ich schon eine Qualifikationschance.“<br />

Im Sommer finden allerdings „nur“ wieder die World Transplant<br />

Games (WTG) statt, diesmal im südafrikanischen Durban.<br />

Dort hat Liebhardt drei Titel zu verteidigen. Diese Aufgabe<br />

ist ihr einige Anstrengungen wert, finanziell - TransDia<br />

nimmt den Sportlern nicht alle Südafrikakosten ab – und<br />

sportlich. Mit Staunen und Respekt registriert man, welche<br />

Trainingsbelastungen die zweimal transplantierte Würzburger<br />

Sportlerin auf sich nimmt (Liebhardt wurde 2012 eine Niere<br />

ihres Vaters übertragen /Anm.d.Autors) – neben den beruflichen<br />

Anforderungen und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als<br />

Rettungshundeführerin beim Roten Kreuz: im Winter dreimal<br />

wöchentlich disziplinspezifisches Üben mit Trainer nach den<br />

Plänen des Münchner Sportmediziners Prof. Martin Halle<br />

(„Ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt stehe“, sagt<br />

Liebhardt), vier bis fünf Einheiten im Sommer, zusätzlich<br />

sechsmal pro Woche Ausdauer und dreimal Krafttraining, „mit<br />

Trainingspartnern, die alle gesund sind“. Um die Fitness zu<br />

erlangen, die sie vor den Transplantationen mit wesentlich<br />

Weniger hätte erreichen können, sei der Aufwand auch<br />

wegen der Einnahme von Medikamenten nun höher.<br />

„Mein physischer Zustand“, sagt die Schwerbeschädigte, „ist<br />

entsprechend gut – der psychisch-emotionale ebenfalls.“<br />

Letzteren Bereich ihrer Befindlichkeit zu interpretieren, scheut<br />

sich Franziska Liebhardt nicht: „Ich bin mir bewusst, dass ich<br />

nicht ewig leben kann, aber ich erlebe diese Wirklichkeit nicht<br />

als Bedrohung. Ich lebe mein Leben heute und von Tag zu<br />

Tag, mache keine langfristigen Pläne und komme so gut klar,<br />

ohne mir täglich Gedanken machen zu müssen, was vielleicht<br />

morgen ist.“<br />

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