Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Ausgang zum gleichen Werbewert geführt, wie das von<br />
uns allen erwünschte Überleben des riskanten Springers.<br />
Damit wird allerdings klar, dass es keinen Sinn macht, bei<br />
dieser fragwürdigen Handlung von einer Handlung des<br />
Sports zu sprechen. Schon gar nicht kann diese Handlung<br />
als Wettkampfsport bezeichnet werden, und mit dem<br />
olympischen Sport hat sie nichts gemein. Für den olympischen<br />
Sport ist es nicht nur konstitutiv, dass für die olympischen<br />
Sportarten die Regeln schriftlich niedergelegt sind,<br />
nach denen sie zu spielen oder zu betreiben sind. Konstitutiv<br />
sind auch verbindliche Werte, wobei die Werte der<br />
Unversehrtheit und der Würde des Menschen höchste<br />
Priorität haben. Genau diese Werte werden jedoch mit<br />
dem spektakulären Sprung in Frage gestellt. Im Sinne eines<br />
Spektakels wird mit ihnen gespielt, was sich ethisch und<br />
moralisch von selbst verbietet. Dem Menschen sind durchaus<br />
Grenzen gesetzt. Diese zu beachten macht für uns<br />
nach wie vor sehr viel Sinn.<br />
Helmut Digel<br />
Der Unterschied heißt Schormann<br />
"<br />
hne Olympia könnte der Moderne Fünfkampf nicht<br />
O überleben. Schicken Sie ihn nicht in das <strong>Olympische</strong><br />
Museum.“ Klaus Schormann hat diesen flammenden Appell<br />
2002 in Mexiko-Stadt an die IOC-Vollversammlung gerichtet.<br />
Und siehe da, der Moderne Fünfkampf überlebte, und<br />
das nun mit Bestimmtheit bis zu den Sommerspielen 2020.<br />
Denn der Pädagoge aus Darmstadt hat nun auch den<br />
jüngsten Überlebenskampf seiner Sportart mit Bravour<br />
bestanden. Und wieder hatte er sich mit Pathos gewappnet.<br />
„Wenn man uns aus Olympia entfernt, dann zerstört<br />
man das Vermächtnis von Pierre de Coubertin.“ Für den<br />
Präsidenten des Internationalen Verbandes für Modernen<br />
Fünfkampf (UIPM) wäre es ein Sakrileg gewesen, hätte die<br />
IOC-Exekutive ausgerechnet im Jahr des 150. Geburtstags<br />
von Baron de Coubertin jene Sportart selektiert, die der<br />
französische Neubegründer <strong>Olympische</strong>r Spiele als Inbegriff<br />
des Olympismus bezeichnet hatte.<br />
Am Erstaunlichsten ist, dass mit Ringen nun eine Sportart<br />
zur Disposition steht, die ihre Wurzeln bereits in der olympischen<br />
Antike geschlagen hat und viel weiter verbreitet<br />
ist als der Moderne Fünfkampf. Doch den Unterschied<br />
macht Schormann aus. Der rührige Hesse hat seinen<br />
Sport, den er seit 1984 national und seit 1993 international<br />
anführt, so modernisiert, dass der alte Moderne Fünfkampf<br />
kaum wiederzuerkennen ist. Aus dem Fünf-Tage-<br />
Wettbewerb aus Fechten, Schwimmen, Reiten, Schießen<br />
und Laufen ist seit den <strong>Olympische</strong>n Spielen 1984 in Los<br />
KOMMENTARE<br />
Angeles ein Vier-Tage-Event geworden. Seit 1996 in Atlanta<br />
sind die Wettkämpfe gar auf einen Tag konzentriert. Bei<br />
den Spielen im vergangenen Jahr in London hat Schormann<br />
Laufen und Schießen nach Biathlon-Vorbild zu einer<br />
Disziplin verschmolzen, geschossen wurde erstmals aus<br />
Laser-Pistolen. Und gerade noch rechtzeitig vor der Entscheidung<br />
der IOC-Exekutive hatte Schormann in der<br />
ungewöhnlichen Form eines „Offenen Briefes“ nicht ganz<br />
unbescheiden eine „revolutionäre Innovation“ angekündigt.<br />
Sie kam in den Zahlen 5, 5, 1, 1 daher: fünf Diziplinen in<br />
fünf Stunden mit einem Ticket für einen Sitzplatz. So soll<br />
es geschehen 2016 in Rio de Janeiro in einem Fußball-<br />
Stadion, das dann kostengünstig für einen Tag in ein<br />
„Pentathlon-Stadion“ verwandelt werden soll. Verglichen<br />
damit wirkt Ringen wie eine Sportart im Tiefschlaf.<br />
Der vergleichsweise wenig verbreitete Moderne Fünfkampf<br />
hat das Glück, nicht nur einen innovativen, sondern auch<br />
einen ausgezeichneten Lobbyisten als Anführer zu haben.<br />
Als einen seiner Stellvertreter im Weltverband holte sich<br />
Schormann das spanische IOC-Mitglied Juan Antonio<br />
Samaranch jr., dessen Präsidenten-Vater den Modernen<br />
Fünfkampf wie Nachfolger Jacques Rogge später auch auf<br />
die Abschussliste gesetzt hatte. Insgesamt 21 Exekutivkomitee-Mitglieder<br />
sorgen für globalen Einfluss. Der grie-<br />
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