Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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– ein didaktischer Versuch Von Michael Krüger<br />
Artikel vom 15. Februar <strong>2013</strong> in der FAZ an die große, Jahrtausende<br />
alte Tradition der Ringkunst erinnert, die eben<br />
nicht nur eine europäische Tradition, sondern eine Art Weltkulturerbe<br />
der schwerathletischen Körperkultur ist. Überall<br />
auf der Welt wurde und wird gerungen. Ringen ist quasi Teil<br />
der „conditio humana“, ein anthropologisch verankertes,<br />
universelles Kulturmuster, ließe sich frei nach dem Kulturwissenschaftler<br />
Hermann Bausinger sagen. Deshalb vereinigen<br />
sich jetzt auch im Protest gegen das IOC die Ringer und<br />
Ringerkulturen aus aller Welt in Koalitionen, die politisch,<br />
religiös oder ökonomisch undenkbar wären: USA, Russland<br />
und Iran, kann man in der Zeitung lesen, „kämpfen gemeinsam<br />
ums Ringen“.<br />
Ringen ist nicht nur eine bzw. neben dem Laufen die älteste<br />
athletische Disziplin bei olympischen Festen, sondern auch<br />
eine pädagogische Leibesübung, die sogar in Schul-Sportlehrplänen<br />
zu finden ist; wenn auch nicht unter Ringen im<br />
griechisch-römischen Stil oder im Freistil nach den Regeln<br />
des Ringerverbandes, sondern als Bewegungsfeld oder als<br />
Inhaltsbereich „Ringen und Kämpfen“ nach pädagogischen<br />
und schulsportlichen Regeln. Die pädagogisch-didaktischen<br />
Argumente zur Legitimation dieses athletischen Sports sind<br />
längst genannt und stehen außer Frage: Ringen ist seit alters<br />
her eine Leibesübung, bei der<br />
und durch die alle grundlegenden<br />
motorischen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten<br />
konditioneller und koordinativer<br />
Art gelernt und geübt<br />
werden, Ausdauer, Kraft,<br />
Schnelligkeit, Beweglichkeit,<br />
Geschicklichkeit, Reaktionsvermögen.<br />
Ringen ist ein<br />
Zweikampf, in dem es nicht<br />
um die Vernichtung und<br />
Schädigung des Gegners<br />
geht, sondern um Technik<br />
und Taktik, um das faire<br />
Einhalten von Regeln, um<br />
Mut, Willenskraft und Zähigkeit,<br />
um Anstrengungs- und<br />
Leistungsbereitschaft, um die<br />
Erfahrung der eigenen Körperlichkeit<br />
und der Körperlichkeit<br />
des Gegners, um<br />
Fähigkeit, seinen Gegner<br />
einschätzen und auf seine<br />
Aktionen reagieren zu können. „Jeder andere Sport ist eine<br />
Hilfsübung für das Ringen“, zitiert Evi Simeoni die „Anhänger<br />
der Griffkunst“.<br />
Nun mag jeder Vertreter einer Sportart mehr oder weniger<br />
intelligente Gründe nennen, die „seinen“ Sport und seine<br />
Freizeitaktivität als besonders geeignet erscheinen lassen,<br />
entweder im Programm der <strong>Olympische</strong>n Spiele vertreten zu<br />
sein oder auch den pädagogischen und didaktischen Anforderungen<br />
zu genügen, die eine Sportart oder ein Bewegungsfeld<br />
als Inhaltsbereich für den Schulsport legitimieren. Grundlage<br />
einer solchen Entscheidung, die immer eine didaktische Reduktion<br />
aller möglichen Themen und Inhalte bedeutet, muss eine<br />
transparente didaktische Analyse sein, die sich an den Zielen<br />
der jeweiligen Organisation misst. Bewegung, Spiel und Sport<br />
in der Schule werden daran gemessen, ob und welchen Beitrag<br />
die einzelnen Themen und Inhalte des Schulsports für die<br />
Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen leisten.<br />
Welche Ziele haben die <strong>Olympische</strong>n Spiele? Lassen sich aus<br />
diesen Zielen konkrete Inhalte, also Sportarten ableiten, die das<br />
Programm der <strong>Olympische</strong>n Spiele bilden sollten?<br />
Die Ziele und grundlegenden Prinzipien der <strong>Olympische</strong>n<br />
Bewegung wurden in der <strong>Olympische</strong>n Charta festgeschrie-<br />
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