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Diskussionsteil 114<br />

Wenn auch solche Elemente vereinzelt in <strong>de</strong>n Abonnementzeitungen zu fin<strong>de</strong>n sind, so erscheinen sie<br />

doch vorrangig in <strong>de</strong>n Straßenverkaufszeitungen. Nicht zu übersehen ist aber, daß auch das strenge<br />

Erscheinungsbild <strong>de</strong>r Abonnementzeitungen durch das Übernehmen einiger Elemente <strong>de</strong>r<br />

Straßenverkaufszeitungen ein wenig gelockert wird.<br />

Je außergewöhnlicher ein Ereignis ist und je mehr Aufmerksamkeit es in <strong>de</strong>r Lage ist zu wecken, <strong>de</strong>sto<br />

größer ist sein Nachrichtenwert und <strong>de</strong>sto eher hat es die Chance, zur Nachricht zu wer<strong>de</strong>n. Der Fall<br />

„Frau beißt Hund“ ist <strong>de</strong>mnach für eine Zeitung sicher interessanter als <strong>de</strong>r gewöhnliche Fall „Hund<br />

beißt Frau“.<br />

Auch das Einsetzen beson<strong>de</strong>rs auffälliger Begriffe o<strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r hinterläßt eine bestimmte Wirkung beim<br />

Leser. Durch die häufige Wie<strong>de</strong>rholung dieser Begriffe und Bil<strong>de</strong>r prägen sich <strong>In</strong>halte <strong>de</strong>r Artikel beim<br />

Leser nachhaltig ein. Im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Berichterstattung über Beißvorfälle erscheinen immer<br />

wie<strong>de</strong>r Begriffe wie "Kampf<strong>hund</strong>", "Bestien", "Killermaschinen", "zerfleischen", "verbeißen",<br />

"hysterisch" und Fotos von furchteinflößen<strong>de</strong>n, zähnefletschen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r knurren<strong>de</strong>n Hun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren<br />

Rasse oft gar nicht erkennbar ist. Verfaßt wer<strong>de</strong>n Horrorgeschichten von beißwütigen Monstern, die<br />

das Blut aus <strong>de</strong>r Zeitung tropfen lassen. Beson<strong>de</strong>rs "gelungene" Fotos wer<strong>de</strong>n gleich mehrfach<br />

präsentiert und vermitteln dadurch innerhalb kürzester Zeit einen bestimmten und meist bleiben<strong>de</strong>n<br />

Eindruck beim Leser. Durch Fotomontagen und gestellte Situationen kann das Bild und damit auch die<br />

Meinung, die ein Leser von einem Hund hat, sehr leicht verfälscht wer<strong>de</strong>n. Der Begriff „Kampf<strong>hund</strong>“<br />

wird von <strong>de</strong>n Medien inzwischen nicht einmal mehr in Anführungszeichen gesetzt, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />

als allgemein bekannt und verständlich vorausgesetzt.<br />

Ein wesentlicher Aspekt hinsichtlich <strong>de</strong>r Meinungsbildung ist in <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Journalisten als „gatekeeper“,<br />

<strong>de</strong>r nur einen Teil <strong>de</strong>r Nachrichten passieren läßt, zu sehen: Er entschei<strong>de</strong>t, welche<br />

Nachrichten wie in die Zeitung gelangen. Dem Leser stehen also oft nicht alle ursprünglich<br />

vorliegen<strong>de</strong>n <strong>In</strong>formationen auch zur Verfügung. Ein möglicher Grund dafür ist die Tatsache, daß<br />

schon bei <strong>de</strong>r Wahrnehmung eines Ereignisses vom Betrachter nur die <strong>In</strong>formationen herausgefiltert<br />

wer<strong>de</strong>n, die ihm wichtig erscheinen. Je<strong>de</strong>r Mensch sieht ein Ereignis abhängig von seinen individuellen<br />

Erfahrungen, seinen Ansichten und seinen Zielen mit an<strong>de</strong>ren Augen, mit einem an<strong>de</strong>ren Bewußtsein<br />

und interpretiert es <strong>de</strong>shalb auf unterschiedliche Art und Weise. Das Ergebnis seiner Arbeit hängt also<br />

auch vom jeweiligen Blickwinkel <strong>de</strong>s Journalisten ab. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, daß ja<br />

ohnehin nur ein Zehntausendstel von allen Ereignissen, die auf <strong>de</strong>r Welt passieren, in <strong>de</strong>n Zeitungen<br />

überhaupt Erwähnung fin<strong>de</strong>t.<br />

Deutlich wird dieser Aspekt auch in <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Untersuchung. Laut <strong>de</strong>r offiziellen Beißstatistik<br />

<strong>de</strong>s Jahres 1999 für Berlin und Bran<strong>de</strong>nburg wur<strong>de</strong>n insgesamt 2760 Beißzwischenfälle registriert<br />

(1816 gegen Menschen, 944 gegen an<strong>de</strong>re Hun<strong>de</strong>). Die Anzahl <strong>de</strong>r Vorfälle, die sich im<br />

Untersuchungszeitraum in <strong>de</strong>r Presse wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n, beläuft sich auf insgesamt 78 Angriffe und/o<strong>de</strong>r<br />

Beißzwischenfälle gegenüber Menschen und/o<strong>de</strong>r Tieren. Von diesen 78 Fällen ereigneten sich 64 in<br />

Berlin und Bran<strong>de</strong>nburg, acht im restlichen Deutschland und sechs im Ausland. Bei letzteren han<strong>de</strong>lt<br />

es sich nur zur Hälfte um tatsächliche Angriffe gegen Menschen. <strong>In</strong> <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Fällen attackierte ein<br />

Hund das Wohnungsinventar, ein an<strong>de</strong>rer die Kabel in einem Flugzeug und zwei Rottweiler die<br />

Leichen einer Familie, nach<strong>de</strong>m sie tagelang gehungert hatten. Von <strong>de</strong>n erwähnten 64 Fällen in Berlin<br />

und Bran<strong>de</strong>nburg ereigneten sich sechs bereits in <strong>de</strong>n Jahren 1997 und 1998. Desweiteren ging es<br />

viermal um die Beschädigung von Bäumen und Wahlplakaten, einmal war <strong>de</strong>r Angriff gegen ein Pony<br />

gerichtet. <strong>In</strong>sgesamt fan<strong>de</strong>n also nur 38 Vorfälle aus Berlin und 26 aus Bran<strong>de</strong>nburg, in <strong>de</strong>nen<br />

Menschen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Hun<strong>de</strong> zu Scha<strong>de</strong>n kamen, <strong>de</strong>n Weg in die Presse. <strong>In</strong> <strong>de</strong>n Beiträgen wer<strong>de</strong>n<br />

insgesamt 13 Rassen genannt und häufig Bezeichnungen benutzt wie Mischlinge, Kampf<strong>hund</strong>e o<strong>de</strong>r<br />

Hun<strong>de</strong>. An erster Stelle bei <strong>de</strong>n Rassenennungen steht <strong>de</strong>r Pitbull mit <strong>de</strong>utlichem Abstand zu<br />

Dobermann und (American) Staffordshire Terrier, gefolgt von Schäfer<strong>hund</strong>, Rottweiler und<br />

„Kampf<strong>hund</strong>en“. Es wird also <strong>de</strong>utlich, daß diese allgemein als „Kampf<strong>hund</strong>e“ o<strong>de</strong>r gefährliche Hun<strong>de</strong><br />

bezeichneten Rassen sehr viel häufiger Erwähnung fin<strong>de</strong>n als es die offizielle Beißstatistik erwarten<br />

ließe. Daß jedoch genau diese Hun<strong>de</strong>rassen auch erfolgreich als Rettungs-, Spür- o<strong>de</strong>r Blin<strong>de</strong>n<strong>hund</strong>e<br />

eingesetzt wer<strong>de</strong>n und in diesen Bereichen wertvolle Arbeit leisten, wird verschwiegen.<br />

Ein weiterer Grund für die Unvollständigkeit <strong>de</strong>r Darstellung ist das bewußte Kürzen <strong>de</strong>r<br />

<strong>In</strong>formationen, die „Kunst <strong>de</strong>s Weglassens“. Gera<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Straßenverkaufszeitungen sind<br />

ausführliche <strong>In</strong>formationen nicht das Ziel <strong>de</strong>r Veröffentlichung. Vielmehr wer<strong>de</strong>n sie modulartig<br />

gelesen, zwischendurch in <strong>de</strong>r U-Bahn o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mittagspause, und sind <strong>de</strong>shalb kurz gehalten und<br />

einfach geschrieben.<br />

Neben <strong>de</strong>r besprochenen Vollständigkeit und Verständlichkeit <strong>de</strong>r Berichterstattung wird von einer<br />

Zeitung außer<strong>de</strong>m erwartet, daß sie sachlich berichtet, <strong>In</strong>formationen hinterfragt und <strong>de</strong>m Leser eine<br />

Basis für die persönliche Meinungsbildung schafft. Entsprechend <strong>de</strong>n Richtlinien im Presseko<strong>de</strong>x

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