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Literaturteil 40<br />

Sie macht <strong>de</strong>utlich, daß es biologisch nicht haltbar ist, <strong>de</strong>n Begriff ,Kampf<strong>hund</strong>e‘ als Sammelbegriff für<br />

bestimmte Rassen zu benutzen. Es gibt keine Beweise dafür, daß zum Beispiel die „Doggenartigen“<br />

von vornherein aggressiver sind als an<strong>de</strong>re Rassen. 304<br />

Auch in <strong>de</strong>r offiziellen Beißstatistik von Berlin für die Jahre 1998 und 1999 wird anhand <strong>de</strong>r Zuordnung<br />

<strong>de</strong>r Bißvorfälle zu <strong>de</strong>n Hun<strong>de</strong>rassen <strong>de</strong>utlich, daß nicht in erster Linie die als gefährlich eingestuften<br />

Rassen auffällig gewor<strong>de</strong>n sind. An erster Stelle rangiert mit <strong>de</strong>utlichem Abstand <strong>de</strong>r Mischling, an<br />

zweiter Stelle ebenfalls mit <strong>de</strong>utlichem Abstand zum Rottweiler <strong>de</strong>r Schäfer<strong>hund</strong>. Unter <strong>de</strong>n ersten<br />

zehn Plätzen fin<strong>de</strong>n sich allein sechs Rassebezeichnungen (Mischlinge, Schäfer<strong>hund</strong>e, Terrier,<br />

Schnauzer, Dackel, Boxer), die nicht zu <strong>de</strong>n als gefährlich eingestuften Hun<strong>de</strong>n gezählt wer<strong>de</strong>n. 305<br />

Für einige Zuchtlinien von Bull Terriern, „Pit Bull Terriern“ und American Staffordshire Terriern ist<br />

bekannt, daß sie aufgrund unbiologischer züchterischer Maßnahmen schwere Ausfallserscheinungen<br />

im Sozialverhalten zeigen. Die Störungen, insbeson<strong>de</strong>re die „situationsinadäquate und irreversible“<br />

Hyperaggressivität, zeigen sich im Bereich <strong>de</strong>s Sexualverhaltens, <strong>de</strong>r <strong>In</strong>teraktionen zwischen<br />

Mutterhündin und Welpen sowie <strong>de</strong>r <strong>In</strong>teraktionen <strong>de</strong>r Welpen untereinan<strong>de</strong>r. 306<br />

Diese übersteigert aggressiven und damit verhaltensgestörten Hun<strong>de</strong> haben häufig die natürliche<br />

Beißhemmung gegenüber Artgenossen und Menschen verloren und greifen an, ohne zu drohen. Schon<br />

die Welpen sind sowohl durch die eigene Mutter wie auch durch die Wurfgeschwister gefähr<strong>de</strong>t und<br />

bedürfen <strong>de</strong>r ständigen Überwachung. Diese Hun<strong>de</strong> können oft nur noch isoliert gehalten wer<strong>de</strong>n und<br />

sind damit in ihrer Bewegungsfreiheit zum Teil erheblich eingeschränkt. Ein normales Sozialverhalten<br />

unter Artgenossen ist nicht mehr möglich. Die Ur<strong>sachen</strong> einer solchen Entwicklung sind vielfältig und<br />

können in einer unbiologischen Zuchtauslese, Deprivationsschä<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r frühen Entwicklungsphase,<br />

Fehlprägungen und/o<strong>de</strong>r verpaßten Sozialisierungsphasen verankert sein. Da sich diese Tiere nicht<br />

mehr selbstständig fortpflanzen und erhalten können und die gesteigerte Aggressivität zu Schmerzen<br />

und Schä<strong>de</strong>n beim Tier führt, ist hier <strong>de</strong>r Tatbestand <strong>de</strong>s „Lei<strong>de</strong>ns“ erfüllt und die Aggressionszucht<br />

als „Qualzucht“ zu bezeichnen. 307<br />

Fed<strong>de</strong>rsen-Petersen weist darauf hin, daß auch Hun<strong>de</strong>, die eine Schutz<strong>hund</strong>eausbildung nicht<br />

been<strong>de</strong>n, weil sie nicht „scharf“ genug o<strong>de</strong>r aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n ungeeignet sind, ein<br />

Gefahrenpotential bil<strong>de</strong>n und zum Teil verhaltensgestört und unkontrollierbar aggressiv sind. 308<br />

Auch Hessling hält die Schutz<strong>hund</strong>eausbildung auf Hun<strong>de</strong>sportplätzen für ungeeignet, weil die Hun<strong>de</strong><br />

seiner Meinung nach einer unnatürlichen Reizarbeit unterzogen wer<strong>de</strong>n, die die<br />

Aggressionsbereitschaft för<strong>de</strong>rt. 309<br />

Die Einstellung <strong>de</strong>r Bevölkerung gegenüber einzelnen Hun<strong>de</strong>rassen und die Einschätzung<br />

verschie<strong>de</strong>ner Verhaltensweisen dieser Hun<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Diskussion und <strong>de</strong>r<br />

Berichterstattung zu dieser Thematik macht eine 1999 durchgeführte Untersuchung von T. Nordhaus<br />

<strong>de</strong>utlich. <strong>In</strong> dieser Untersuchung wur<strong>de</strong> anhand von Bil<strong>de</strong>rn, die Hun<strong>de</strong> ausgewählter Rassen in<br />

freundlicher, ängstlicher und aggressiver Stimmung wie<strong>de</strong>rgaben, an Testpersonen ermittelt, ob o<strong>de</strong>r<br />

wie gut die Teilnehmer in <strong>de</strong>r Lage waren, die unterschiedlichen Gemütszustän<strong>de</strong> anhand <strong>de</strong>r ihnen<br />

gezeigten Bil<strong>de</strong>r zu i<strong>de</strong>ntifizieren. Dabei stellte sich heraus, daß die Befragten bei Hun<strong>de</strong>rassen, die ein<br />

äußerst positiv geprägtes Image besitzen (Collie, Gol<strong>de</strong>n Retriever), zu einem hohen Prozentsatz die<br />

aggressive Haltung <strong>de</strong>s Hun<strong>de</strong>s nicht erkannten, ja sogar oft als freundlich interpretierten (Gol<strong>de</strong>n<br />

Retriever 69,4%). Weiterhin ergab die Untersuchung, daß sogar die freundliche Stimmung einer<br />

allgemein als gefährlich beziehungsweise aggressiv gelten<strong>de</strong>n Hun<strong>de</strong>rasse als aggressiv eingeschätzt<br />

wur<strong>de</strong> (Rottweiler 40% <strong>de</strong>r Befragten).<br />

Auch die Berücksichtigung unterschiedlicher beruflicher Vorbildung bei <strong>de</strong>n Testpersonen ergab kein<br />

an<strong>de</strong>res Bild. Lediglich die Tiermediziner liegen mit ihrer Einschätzung <strong>de</strong>r Darstellungen häufiger<br />

304 D. Fed<strong>de</strong>rsen-Petersen 1992, a.a.O., S. 176<br />

305 Offizielle Beißstatistik für Berlin, statistisches Jahrbuch 1998/1999<br />

306 Fed<strong>de</strong>rsen-Petersen 1996, Ethologische Abstufungen von Lei<strong>de</strong>nspotentialen, in: Tierärztl. Umschau 3, S. 177<br />

307 Fed<strong>de</strong>rsen-Petersen 1991a, a.a.O., S. 749-753<br />

308 Fed<strong>de</strong>rsen-Petersen 1991a, a.a.O. , S.753<br />

309 T. Hessling 1999, a.a.O., S. 155

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