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Literaturteil 31<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite zeichnet sich ihrer Meinung nach eine zunehmen<strong>de</strong> Degradierung <strong>de</strong>r Hun<strong>de</strong><br />
zum Objekt ab, wenn diese zu Renommier- o<strong>de</strong>r Imponierobjekten wer<strong>de</strong>n für Menschen mit<br />
unterentwickeltem Ego o<strong>de</strong>r weil sie als ausgefallene Rasse zum Sportwagen passen. 212<br />
Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Einfluß haben diese Entwicklungen vor allem auch auf die Zucht von sogenannten<br />
Mo<strong>de</strong><strong>hund</strong>en, die beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit erregen, weil sie extrem klein o<strong>de</strong>r groß, nackt o<strong>de</strong>r<br />
verfilzt sind, in <strong>de</strong>r Werbung o<strong>de</strong>r in Filmen eingesetzt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r einfach nur außergewöhnlich<br />
niedlich aussehen. Viele Menschen zahlen einen hohen Preis, um aufzufallen, und so wird oft wenig<br />
Rücksicht darauf genommen, daß aufgrund <strong>de</strong>r Züchtung dieser beson<strong>de</strong>ren Merkmale sich auch<br />
an<strong>de</strong>re, zum Teil krank machen<strong>de</strong> Merkmale entwickeln und die Hun<strong>de</strong> entsprechend <strong>de</strong>n<br />
Verhältnissen einer Massenzüchtung aufwachsen.<br />
<strong>In</strong> allen Rassestandards wird sehr viel Wert auf morphologische Gesichtspunkte gelegt, charakterliche<br />
dagegen fin<strong>de</strong>n nur selten Erwähnung. 213<br />
Hessling sieht in <strong>de</strong>r Unfähigkeit <strong>de</strong>r Tierbesitzer, mit ihren Hun<strong>de</strong>n artgerecht umzugehen, <strong>de</strong>n<br />
Hauptgrund für <strong>hund</strong>liches Fehlverhalten. Für ihn liegen die Ur<strong>sachen</strong> für Verhaltensauffälligkeiten vor<br />
allem in <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Selektion durch Züchter und Zuchtvereine, in <strong>de</strong>r Vermenschlichung aus<br />
Unwissenheit in <strong>de</strong>r Haltung, in aggressionsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Arbeit für <strong>de</strong>n sportlichen Bereich und in<br />
falschen <strong>In</strong>formationsquellen für <strong>de</strong>n Hun<strong>de</strong>besitzer. 214<br />
Auch Bernauer-Münz bestätigt, daß es sich bei angeblichen Verhaltensstörungen in vielen Fällen um<br />
normales Hun<strong>de</strong>verhalten han<strong>de</strong>lt, „welches stört o<strong>de</strong>r unbeabsichtigt durch die Besitzer verstärkt und<br />
dadurch unakzeptabel wird.“ 215<br />
Unabhängig von <strong>de</strong>n Ur<strong>sachen</strong> für die verschie<strong>de</strong>nen Probleme führen die <strong>de</strong>rzeitigen Entwicklungen<br />
in <strong>de</strong>r heutigen Gesellschaft immer häufiger zu ablehnen<strong>de</strong>r Haltung gegenüber Hun<strong>de</strong>n und zu<br />
Einschränkungen im Leben eines Hun<strong>de</strong>s.<br />
6.2 Entwicklungsphasen <strong>de</strong>s Hun<strong>de</strong>s<br />
Das Verhalten eines Hun<strong>de</strong>s basiert nicht allein auf seinen angeborenen Verhaltensweisen, das heißt<br />
seinen genetisch festgelegten Verhaltensmustern. Aufgrund <strong>de</strong>r äußeren Einflüsse, die in <strong>de</strong>n ersten<br />
Wochen und Monaten auf <strong>de</strong>n Hund und damit seine ererbten Anlagen einwirken, wer<strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>ne Verhaltensweisen mehr o<strong>de</strong>r weniger intensiviert. So zeigen Hun<strong>de</strong> mit prinzipiell<br />
gleichen Anlagen durchaus unterschiedliches Verhalten, wenn sie nicht <strong>de</strong>n gleichen Umwelteinflüssen<br />
ausgesetzt waren.<br />
Die Jugen<strong>de</strong>ntwicklung eines Hun<strong>de</strong>s wird in folgen<strong>de</strong> Phasen unterteilt 216 :<br />
1. <strong>In</strong> <strong>de</strong>r Vegetativen Phase (Wurflagerphase 1, 1. und 2. Lebenswoche) zeigt sich nur das<br />
Suchen nach Wärme und <strong>de</strong>n Zitzen <strong>de</strong>r Mutter als angeborene <strong>In</strong>stinkthandlung.<br />
2. <strong>In</strong> <strong>de</strong>r Übergangsphase (Wurflagerphase 2, 3. Lebenswoche) beginnt die Wahrnehmung <strong>de</strong>s<br />
Wurflagers, Augen und Gehörgänge öffnen sich.<br />
3. Die Prägungsphase (4.-8. Lebenswoche) ist die wichtigste Zeit, verarbeitete Umwelteinflüsse in<br />
diesem Abschnitt wer<strong>de</strong>n zeitlebens nicht mehr vergessen. Der Welpe krabbelt und folgt <strong>de</strong>r Mutter.<br />
<strong>In</strong> diese Zeit fällt die wichtige Prägung auf Menschen und Artgenossen.<br />
4. Die Sozialisierungsphase (9.-12. Lebenswoche) stellt <strong>de</strong>n Übergang dar vom Welpen- zum<br />
Menschenru<strong>de</strong>l und ist die beste Zeit für die Trennung von <strong>de</strong>r Mutter. An diesem Punkt muß die<br />
Erziehung durch <strong>de</strong>n neuen Ru<strong>de</strong>lführer Mensch einsetzen. Wichtig ist außer<strong>de</strong>m ein häufiger Kontakt<br />
zu an<strong>de</strong>ren Hun<strong>de</strong>n. Falsche Aufzucht in dieser Zeit ist später kaum zu korrigieren und kann Ursache<br />
für später auftreten<strong>de</strong>s asoziales Verhalten sein.<br />
5. Bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Rangordnungsphase (13.-16. Lebenswoche) sind Umwelteinflüsse von<br />
nachhaltiger Be<strong>de</strong>utung und die Welpen noch formbar. <strong>In</strong> dieser Phase muß die Rangordnung<br />
stabilisiert wer<strong>de</strong>n.<br />
212<br />
D. Fed<strong>de</strong>rsen-Petersen 1991b, a.a.O., S. 16<br />
213<br />
W. Wegner 1990, Haltung von Kampf<strong>hund</strong>en, in: Dtsch. tierärztl. Wochenschrift 97, S. 171<br />
214<br />
T. Hessling 1999, Ein Praxisbericht: Korrekturerziehung verhaltensauffälliger Hun<strong>de</strong>,<br />
in: Dtsch. tierärztl. Wochenschrift 106, S. 156<br />
215<br />
H. Bernauer-Münz 1999, Prophylaxe in <strong>de</strong>r Tierverhaltenstherapie – Machbares in <strong>de</strong>r alltäglichen Praxis bei Hund und<br />
Katze, in: Prakt. Tierarzt 80, S. 572<br />
216<br />
U. Kober 1981, a.a.O., S. 60-65